Funding Circle geht in Kürze an die Börse
Funding Circle, Englands größte Kreditplattform und auch in Deutschland aktiv, geht in den nächsten Wochen an die Börse. Das hat FinanceFWD aus Branchenkreisen erfahren. Das britische Einhorn strebt Schätzungen zufolge eine Bewertung von 1,6 Milliarden Pfund an.
Dem Vernehmen nach sind unter anderem Goldman Sachs und Morgan Stanley mit dem Börsengang an der London Stock Exchange (LSE) beauftragt.”Nachdem Funding Circle seit 2010 auf dem Markt aktiv ist und entsprechend mehrere Fundingrunden durchlaufen hat, ist ein IPO konsequenterweise der nächste Schritt”, ordnet Bernd Oppold, Financial Services Partner bei KPMG, die Börsenpläne ein. War zunächst von einer Bewertung zwischen geschätzten 1,5 bis 2 Milliarden britischen Pfund (1,7 bis 2,2 Milliarden Euro) die Rede, strebt die Kreditplattform unseren Informationen zufolge mittlerweile eine Bewertung von rund 1,6 Milliarden Pfund (1,8 Milliarden Euro) an. “Die Bewertung erscheint auf den ersten Blick hoch, doch Bewertungen weiterer Fintechs wie Revolut mit über 1,2 Mrd. Euro oder Deposit Solutions nach der aktuellen Finanzierungsrunde mit über 500 Mio. Euro bewertet, zeigen, dass die Bewertung, vor dem Hintergrund der zugänglichen Zahlen von Funding Circle, durchaus realisiert werden könnte”, so Oppold. Nichtsdestotrotz dürfte es sich dabei um den größten Börsengang eines britischen Fintechs handeln. Noch scheint nicht gesichert, ob der Kreditmarktplatz den IPO im September oder erst im Oktober vollzieht. Das Unternehmen will den Vorgang auf Anfrage nicht kommentieren.
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4,7 Milliarden Euro an Krediten vergeben
Funding Circle hat bislang mehr als 4,7 Milliarden Euro an Krediten für kleine und mittlere Unternehmen in Großbritannien, den USA, Deutschland und den Niederlanden vermittelt. 40.000 Unternehmen haben über die Plattform eine Finanzierung bekommen. 70.000 private und institutionelle Anleger haben investiert. Laut Funding Circle haben diese seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 2010 eine durchschnittliche jährliche Nettorendite von 6,4 Prozent erzielt. Gegenüber Bloomberg erklärte man, dass das Geschäft in Großbritannien im Jahr 2017 einen positiven Cashflow erwirtschaftet habe, allerdings gab man bislang noch keine Geschäftszahlen bekannt. Das wird sich so kurz vor dem IPO freilich nicht ändern.
Jeden Monat kommen nach eigenen Angaben 1.600 neue Unternehmen und 1.000 neue Investoren hinzu. Das Fintech hat bis dato rund 280 Millionen Euro Wagniskapital eingesammelt. Index Ventures, Union Square Ventures und Accel Partners, allesamt früh bei Funding Circle investiert, dürften sich als große Gewinner des Aktienverkaufs sehen. In Deutschland ist der Kreditmarktplatz seit der Übernahme von Zencap in 2015 aktiv, allerdings auf viel kleinerem Niveau als der Konkurrent auxmoney. Wohlgemerkt vermitteln die Briten aber auch keine Verbraucher-, sondern ausschließlich Firmenkredite.
Das meiste Volumen stammt von institutionellen Anlegern
Gegründet von drei Freunden der Oxford University in einem Londoner Pub im Jahr 2009, nutzt Funding Circle keine eigene Bilanz, um Kredite zu vergeben. Stattdessen bewertet man die Anfragen von kleinen Unternehmen, die Kapital aufnehmen wollen, und vergleicht diese mit den Investoren auf der Webseite. Dadurch lässt sich nach eigenen Angaben der Kreditvergabeprozess beschleunigen – von Wochen oder Monaten auf wenige Tage. Man bezeichnet sich selbst zudem nicht als Peer-to-Peer-Kreditvermittler, sondern als Plattform für private und institutionelle Investoren. Zu Letzteren zählen etwa die KfW und die Europäische Investitionsbank.
Insofern dürfte die aktuelle Deloitte-Studie die Briten eher kalt lassen. Die Analysten attestierten dem Crowdlending im Mittelstand schlichtweg Bedeutungslosigkeit. Fazit: Die Banken gewinnen. Das mag für “die Crowd” gelten, allerdings kommt längst der Großteil des vermittelten Kreditvolumens nicht mehr von Privatanlegern. So liegt der Anteil an institutionellem Kapital bei Funding Circle Deutschland bei 85 Prozent. Und auch Auxmoney hat seit dem Einstieg des niederländischen Versicherungskonzerns Aegon das Luxusproblem, kaum mehr neues Kapital beschaffen zu müssen, sondern vielmehr, neue Kreditnehmer zu finden.
Gelungener Spagat zwischen New und Old Economy
Funding Circle gilt zudem nicht umsonst als europäisches Einhorn. Den Gründern scheint der Spagat zwischen einer funktionierenden Fintech-Plattform und guter Vernetzung mit der etablierten Finanzwelt gelungen zu sein. So sitzen etwa Bob Steel, CEO von Perella Weinberg Partners und ehemaliger Vizepräsident von Goldman Sachs, sowie Eric Daniels, der ehemalige CEO der Lloyds Banking Group, im Aufsichtsrat. Jerome Le Luel, der ehemalige Leiter der Risikoanalyse bei Barclays, ist der Chief Risk Officer von Funding Circle. Zudem hat das Fintech es vermieden, sich wie etwa Lending Club 2016 in Skandale verwickeln zu lassen. Bei der US-Firma hatten sich Führungskräfte an Kreditdokumenten zu schaffen gemacht und Details zu Krediten verschwiegen. Seit dem überzeichneten Börsengang im Dezember 2014 ist die Aktie um 86 Prozent eingebrochen. Und auch OnDeck Capital, ein Online-Kreditgeber mit Sitz in New York, hat 74 Prozent seit seiner Notierung im selben Monat verloren. Im Gegensatz zur US-Lending-Szene – die mit dem Kapital der Wall Street und wenig Regulierung schnell wuchs – profitierten britische Akteure wie Funding Circle offenbar davon, indem sie die Financial Conduct Authority frühzeitig um Regulierung baten.
Von einem gelungenen IPO dürfte dann auch die gesamte Branche profitieren: “Wir können davon ausgehen, wenn der Börsengang von Funding Circle erfolgreich sein sollte, dass dies ein Katalysator für die Branche und insbesondere für andere Kreditmarktplätze in Europa wie Auxmoney sein wird, was die öffentliche Wahrnehmung aber auch die weitere Finanzierung der Plattformen betrifft”, resümiert Oppold. Zuletzt hatte Adyen erfolgreich an der Börse debütiert. Seit dem Börsengang im Juli legte der PayPal-Konkurrent an Wert zu und ist aktuell mit knapp 16 Mrd. Euro bewertet.