Entlassungen bei Marktführer Flightright
Exklusiv: Anfang des Jahres kaufte ein Medienunternehmen den Fluggastrechte-Anbieter Flightright. Nun hat das Potsdamer Startup einige Mitarbeiter entlassen. Was ist los beim Marktführer?
Für die Mitarbeiter muss es unerwartet gekommen sein. Vor einigen Wochen eröffnete ihr Teamleiter ihnen die schlechte Nachricht, dass einige Kollegen Flightright verlassen müssten. Mehrere Abteilungen des Fluggastrechte-Startups waren nach Informationen von Finance Forward von dem Stellenabbau betroffen.
Sein Unternehmen gehört zu den Pionieren im Markt. 2010 startete das Unternehmen mit der Idee, Fluggästen bei Verspätungen zu helfen. Flightright kämpft im Auftrag der Kunden darum, dass sie ihre Entschädigungen erhalten. Denn den Passagieren stehen bei einem verspäteten Flug bis zu 600 Euro zu, selbst wenn das Ticket viel weniger gekostet hat. Doch Airlines weigern sich oft zu zahlen – dann springen die Fluggastrechte-Startups ein. Mittlerweile sind etwa 20 Anbieter in dem umkämpften Markt unterwegs.
Nach dem Stellenabbau sei es möglich, „deutlich agiler im Markt zu agieren“
Zu den Gründen für die Entlassungen bleibt Flightright kryptisch: „Im bisherigen Kerngeschäft – der Verteidigung von Fluggastrechten – hat sich Flightright im Rahmen einer Reorganisation für die weitere Expansion neu aufgestellt und interne Strukturen und Prozesse angepasst“, teilt eine Sprecherin schriftlich mit. Ein „moderater Stellenabbau“ sei Teil davon gewesen – „weniger als 20 Mitarbeiter“ hätten ihre Jobs verloren. Übrig blieben 140 Festangestellte, so das Unternehmen. Nun sei es möglich, „deutlich agiler im Markt zu agieren“. Die Marktführerschaft wolle Flightright weiter ausbauen.
Unterdessen berichtet ein Konkurrent von Problemen mit dem Geschäftsmodell der Fluggastrechte-Startups. „Der Markt ist schwieriger geworden, die Fluglinien sind nach dem Chaossommer 2018 pünktlicher geworden und zahlen die Entschädigungen bereitwilliger aus“, sagte der Geschäftsführer Lars Watermann von Euflight im Gespräch mit Finance Forward vor einigen Wochen. Der Umsatz sei um etwa 20 Prozent eingebrochen. „Nach unserer Analyse stecken einige Anbieter in der Klemme“, lautete sein Fazit. Bei Flightright wehrt man sich gegen die Interpretation, die Entlassungen hätten damit etwa zu tun. „Die Neuaufstellung ist unabhängig vom Verhalten der Airlines erfolgt“, heißt es. „Während einige Fluggesellschaften schneller zahlen, gehen wir bei anderen verstärkt den Klageweg.“
Flightright hatte große Wachstumsziele
Zu seinen aktuellen Geschäftszahlen schweigt das Startup. Für die Jahre 2018 und 2019 hatte Flightright einst ambitionierte Pläne, wie Dokumente aus dem Jahr 2017 zeigen, die Finance Forward vorliegen. Der Umsatz sollte 2019 auf 30 Millionen Euro ansteigen – bei einem Gewinn vor Steuern von 5,8 Millionen. 2017 lag der Jahresumsatz laut Bundesanzeiger noch bei 13,7 Millionen Euro und der Jahresüberschuss bei 1,4 Millionen Euro. Es ist unklar, ob Flightright seine hohen Ziele erreicht hat.
Beim Unternehmensverkauf soll laut der Potsdamer Neuesten Nachrichten ein Mitgründer 3,5 Millionen Euro für 16 Prozent der Anteile erhalten haben – das würde einen Unternehmenswert von ungefähr 20 Millionen Euro ergeben. Verglichen mit heute üblichen Summen für Startup-Verkäufe wäre das kein Riesen-Exit. Auch dazu äußert sich Flightright nicht.
Der Frust unter den entlassenen Mitarbeitern ist unterdessen groß. Nach Informationen von Finance Forward sollen sich auch langjährige Angestellte unter den Betroffenen befinden. Geht es um ihre zu verhandelnden Abfindungen können sie sich derweil gleich an ein Spin-off ihres alten Arbeitgebers wenden: Das Legaltech Chevalier wurde erst kürzlich gegründet. Gründer Philipp Kadelbach nennt es auch „Flightright für das Arbeitsrecht“.