Gefallener Star: Unternehmerin Charlie Javice am Montag vor dem Gerichtsgebäude in Manhattan (Bild: Timothy A. Clary / AFP)

Einstige Stargründerin muss für mehr als sieben Jahre ins Gefängnis

Als Charlie Javice ihr Fintech Frank einst an J.P.Morgan verkaufte, entpuppte sich ein Großteil der vermeintlichen Kunden als nicht existent. Im März war sie für schuldig befunden worden, nun hat ein Richter sein Urteil gefällt.

Die ehemalige Stargründerin Charlie Javice (33) muss für mehr als sieben Jahre ins Gefängnis. Nachdem sie ihr Studienfinanzierungs-Start-up Frank 2021 für 175 Millionen Dollar an die Wall-Street-Großbank J.P.Morgan verkauft hatte, war aufgeflogen, dass es nur einen Bruchteil der angeblich mehr als vier Millionen Kunden wirklich gab. Schon im März war die einst gefeierte Unternehmerin dafür in vier Anklagepunkten von einer zwölfköpfigen Jury für schuldig befunden worden, unter anderem wegen Bankbetrugs, Wertpapierbetrugs und Verschwörung zum Betrug. An diesem Montag verkündete US-Bezirksrichter Alvin Hellerstein (91) bei einer Anhörung am Bundesgericht in Manhattan nun das Urteil.

In einem emotionalen Statement erklärte Javice teils unter Tränen, sie fühle tiefe Reue. Laut der US-Nachrichtenseite CNBC bat sie J.P.Morgen, die Angestellten ihres Start-ups, die Anteilseigner sowie die Investoren um Vergebung. Einmal soll sie auch direkt ihre Familie in der ersten Reihe angesprochen haben: Sie werde ihr ganzes Leben lang die Fehler bereuen. „Ich bitte von ganzem Herzen um Vergebung.“

Javice hatte das Fintech Frank 2017 gegründet. Sie wollte damit angeblich die Beantragung von Studienfinanzierungen für Studierende und Eltern vereinfachen. Sie avancierte zu einem der aufstrebenden Stars im Finanzsektor und wurde 2019 in die ,,30 Under 30″-Liste des Forbes-Magazins aufgenommen. Nun ist sie nach dem Kryptounternehmer und FTX-Gründer Sam Bankman-Fried (33), der Blutunternehmerin Elizabeth Holmes (41) oder dem wegen Wertpapierbetrugs verurteilten „Pharma Bro” Martin Shkreli (42) die nächste Prominente der Liste, die im Gefängnis landet.

Promi-Anwältin in der Verteidigung

Die Staatsanwaltschaft hatte ihr vorgeworfen, dass ein Großteil der angeblichen Kundendatenbank von Javice gefälscht worden war. Javice habe beim Verkauf an J.P.Morgan behauptet, 4,25 Millionen Kundinnen und Kunden zu haben, tatsächlich lag die Zahl jedoch näher bei 300.000. Der ganze Fall war auch für die Großbank peinlich. J.P. Morgan-CEO Jamie Dimon (68) bezeichnete den Kauf von Frank im Nachhinein als „riesigen Fehler“.

Die Staatsanwaltschaft hatte sogar eine Haftstrafe von 12 Jahren gefordert. Die Anwälte von Javice plädierten dagegen für eine deutlich kürzere Haftstrafe und bezeichneten ihr “Fehlurteil“ als Ausrutscher; der Schaden für J.P. Morgan sei unerheblich gewesen. Der Mitangeklagter Olivier Amar, der als Chief Growth Officer bei Frank tätig war, war ebenfalls im März für schuldig befunden worden. Seine Urteilsverkündung ist für den 20. Oktober angesetzt.

Dass der Fall nun komplett erledigt ist, dürfte nicht zu erwarten sein. Kürzlich hatte Javice nach Reuters-Angaben die prominente Berufungsanwältin Alexandra Shapiro in ihr Verteidigungsteam aufgenommen. Sie zählt ebenfalls zu den Promis im New Yorker Anwaltszirkel: Zu Shapiros weiteren Mandanten zählen der verurteilte Hip-Hop-Mogul Sean „Diddy“ Combs (55), der voraussichtlich gegen seine Verurteilung im Zusammenhang mit Prostitution Berufung einlegen wird, sowie der Kryptounternehmer Sam Bankman-Fried, der gegen seine Verurteilung wegen Betrugs und seine 25-jährige Haftstrafe vorgeht.