Der Krypto-Lobbyist
Sam Bankman-Fried gilt als Phänomen der Kryptoszene. Nach nur drei Jahren ist sein Unternehmen FTX höher bewertet als die Deutsche Bank. Die größte Hürde für sein Projekt ist die staatliche Regulierung.
Bei Sam Bankman-Fried ist die betont lässige Erscheinung schon Teil der Marke. Auch am Mittwoch schaltet er sich in T-Shirt und mit zerzausten Haaren per Video in die Finance-Forward-Konferenz. Der 30-jährige Gründer der Kryptobörse FTX hat gute Laune – und das, obwohl die Kryptoszene gerade einen historischen Absturz erlebt hat.
Bankman-Fried lächelt das aber weg. So sei der Markt eben, sagt er in Richtung Hamburg. Mal gehe es steil hinauf, mal genauso schnell hinunter. Doch er sei optimistisch, dass die Kurse in fünf Jahren deutlich höher liegen würden, erklärt er im Gespräch mit Moderatorin Amy O’Brien.
Bankman-Fried gilt als Wunderkind der Szene. Innerhalb von nur drei Jahren ist sein Unternehmen FTX zur drittgrößten Kryptobörse weltweit aufgestiegen und inzwischen mehr wert als die Deutsche Bank. „SBF“, wie ihn die Szene gerne abkürzt, ist inzwischen 17 Mrd. Dollar schwer. Auf seiner Kryptobörse FTX werden täglich Digitalwährungen im Wert von 20 Mrd. Dollar gehandelt. Nur auf den Plattformen Binance und OKX ist das tägliche Handelsvolumen höher.
Altruist und Pragmatiker
Wie jemand, der täglich Milliardenbeträge hin- und herschiebt, geriert sich Bankman-Fried nicht. Im Gegenteil: Bankman-Fried betont, er pflege einen altruistischen Lebensstil – so wolle er 99 Prozent seines Vermögens später abgeben. Schon im vergangenen Jahr habe er etwa 100 Mio. Dollar gespendet. Möglich, dass die Prägung durch seine Eltern eine Rolle spielt, die an der Stanford University Utilitarismus und Ethik lehren.
Utilitaristisch ist zweifelsohne auch seine Geschäftspraxis. Vor FTX gründete er in der Bay Area den Hedgefonds Alameda, um von Preisdifferenzen auf den Kryptomärkten zu profitieren. Der Preis für Bitcoin lag in Japan zwischenzeitlich zehn Prozent höher als in den USA. Das nutzte Alameda aus und verdiente 20 Millionen Dollar binnen einer Woche.
Schon zwei Jahre nach dem Start wird seine Kryptobörse FTX mit 18 Milliarden Dollar bewertet. Nun muss Gründer Sam Bankman-Fried für die große Expansion einen Weg mit den Regulatoren finden. In Deutschland hat er eine Tochterfirma gegründet.
Der Szene gefiel der Eifer, den Regulatoren allerdings so gar nicht. Außerdem gab es technische Hürden, um schnell Kryptowährungen zwischen Ländern und auch nur in Anteilen zu transferieren. Deswegen folgte der Umzug nach Hongkong, wo die Regulierung lascher war. Im vergangenen Jahr ging es auf die Bahamas, wo die Regierung ein noch laxeres Regulierungsregime einführte. Außerdem ist es von hier näher nach Washington D.C., wo Bankman-Fried derzeit fast wöchentlich für eine effiziente Regulierung lobbyiert. Die Szene setzt große Hoffnung in ihn, dass er hiermit durchdringt.
Handel in USA teilweise verboten
FTX ist aber keineswegs altruistisch unterwegs in Washington. Aktuell können Amerikaner aus regulatorischen Gründen zahlreiche FTX-Produkte nicht handeln – zum Beispiel Kryptofutures. Auch die sogenannten Leveraged Tokens, mit denen Anleger ihre Wetten mit Hebelwirkung verstärken können, sind den Regulatoren ein Dorn im Auge. Kritiker sagen, FTX verleite zum Zocken. Tatsächlich sind die Kunden von FTX überwiegend große Kunden, die täglich mehr als 100.000 Dollar bewegen. „Das sind 90 Prozent unserer Kunden“, erklärte Bankman-Fried auf der Finance-Forward-Konferenz.
Dort berichtete er auch abschließend, was das viele Geld mit ihm mache. „Nichts, hoffentlich“, sagt er. „Es ist aber schön, so viel Einfluss zu haben mit seiner Arbeit und das gibt mir tatsächlich am meisten – mehr als Geld.“