„Bank of the Censorship“ – Kunden-Aufstand bei Bunq
Das Banking-Startup Bunq ist eigentlich für seinen engen Kontakt zu den eigenen Kunden bekannt. Jetzt werden Vorwürfe laut, das Unternehmen lösche kritische Beiträge. Die Community ist aufgebracht.
Bunq wollte alles richtig machen: Together – so heißt das Forum des Unternehmens, das eine Banking-App mit Kreditkarte anbietet. „Gemeinsam“ sollen Nutzer aus der Bunq-Community diskutieren, welches Feature sie sich als nächstes wünschen, aber auch was gerade schiefläuft. Wenn das Startup eine neue App-Version vorstellt, inszeniert es das niederländische Fintech als Event. Wie viele Kunden Bunq zählt, kommuniziert das Unternehmen nicht, laut dem Schätzungstool Priori Data kommt die App insgesamt auf rund 1,6 Millionen Downloads. Bereits seit dem Launch 2015 gilt die Smartphone-Bank als ein Unternehmen, das seine Nutzer besonders eng an sich bindet – und die Kontaktsuche kam bei den Kunden in der Vergangenheit gut an.
Doch dieses enge Verhältnis hat gerade einen gewaltigen Riss bekommen. Seit mehreren Tagen sind die Bank-Kunden zunehmend unzufrieden, regelrecht aufgebracht. Der Hintergrund: Bunq-Mitarbeiter sollen mehrere Foren geschlossen und kritische Kommentare gelöscht haben, das zeigen Screenshots, tote Links und die Berichte von aufgebrachten Nutzern.
Ein App-Update als Streitpunkt
Bunq – das 1,6 Milllionen Downloads zählt – hatte das App-Update groß angekündigt, die Erwartung der Community war entsprechend groß. Ende Mai wurde V3, also die dritte Version, dann offiziell vorgestellt. Eine Handvoll besonders interessierter Kunden dürfen die Beta-Version testen, Finance Forward hat ebenfalls einen Zugang erhalten. Doch das Feedback der Community fiel kritisch aus. Vor allem ein technisches Detail erregte dabei die Gemüter: In der Beta-Version bindet das Unternehmen den Instagramfeed von Bunq ein. Das störe nicht nur optisch, sondern verstoße zudem gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), schrieb ein Nutzer. Denn durch die Einbindung des sozialen Netzwerks erhalte der Konzern dahinter Nutzerdaten – ohne eine entsprechende Einwilligung der Bunq-Kunden.
Auch der Leipziger IT-Anwalt Peter Hense teilt diese Einschätzung. Die Einbindung Instagrams ermögliche es Facebook, die erfassten Daten über Bunq-Nutzer mit eigenen Daten zu verknüpfen. „Da Facebook auch Daten für Bonitätsprüfungen von Drittanbietern liefert, ist das für Betroffene eine denkbar schlechte Situation und für Behörden ein Weckruf, bei der Bank für geordnete datenschutzrechtliche Verhältnisse zu sorgen“, so Hense. Bunq beteuert indes, dass die Instagram-Einbindung rechtens sei. „Bunq hält sich immer an alle Regeln und Vorschriften, und bei der Instagram-Funktion wird es nicht anders sein“, so ein Sprecher auf Nachfrage von Finance Forward.
Da sich die neue App-Version noch in der Betaphase befindet, hatten die Nutzer erwartet, dass Bunq auf die Nachfragen und Kritik eingeht, so wie in der Vergangenheit auch. Doch im Forum des Unternehmens wurden entsprechende Diskussionen zu Instagram stattdessen gelöscht, Screenshots liegen Finance Forward vor. Zwei Beiträge waren besonders beliebt – und sind nicht mehr zu finden.
„Wir wollen für einen lustigen und sicheren Ort sorgen“
Die Community gab nicht auf. Im Forum richteten sie Fragen an das Startup zu den gelöschten Beiträgen. Auch diese Fragen wurden gelöscht. Mehrere Nutzer berichten gegenüber Finance Forward zudem davon, dass ihre Accounts im Diskussionsforum komplett gesperrt wurden.
Das Forum werde moderiert, teilt Bunq auf Anfrage mit, das sei üblich. „Wir wollen für einen lustigen und sicheren Ort sorgen, an dem sich jeder willkommen fühlt, um seine Gedanken auszutauschen. Leider können sich die Menschen manchmal nicht zurückhalten und verletzen wiederholt unsere Forumsrichtlinien. Im Interesse aller haben wir ihren Schreibzugang zum Forum gesperrt“, schreibt ein Sprecher. Auf Fragen zu den Löschungen der Beiträge geht er nicht konkreter ein.
Auch im Redditforum zu Bunq kam es unterdessen zum Konflikt. Bis vor wenigen Tagen hatten Bunq-Mitarbeiter Moderationsrechte für das Forum. Auch hier sollen Beträge gelöscht worden sein, beschweren sich Nutzer des Forums in einem Beitrag, den sie „Bank of the Censorship“ genannt haben. Als das aufflog, wurden die Bunq-Mitarbeiter jedoch als Moderatoren jedoch entfernt. „Es wäre nicht überraschend, wenn Beiträge entfernt werden“, so der Sprecher auf Anfrage. Dies sei der Fall, wenn Nutzer vergleichbare Beiträge wie im Bunq-Forum gepostet hätten.
Auf eine offizielle Antwort auf die Frage nach der rechtlichen Lage der Instagram-Einbindung warten die Nutzer noch, das thematisieren sie in den verschiedenen Telegram- und Facebookgruppen. Es findet sich keine Reaktion von Bunq, weder im Together-Forum noch auf Reddit. Auf Anfrage von Finance Forward teilte das Unternehmen am Freitag dann mit: „Bunq hält sich immer an alle Regeln und Vorschriften, und bei der Instagram-Funktion wird es nicht anders sein.“
Nachholbedarf nicht nur bei der Kundenkommunikation
Am Samstag wurde die Einbettung der Instagram-Beiträge in der Betaversion der App zunächst entfernt und in einem anderen Design kurze Zeit später wieder eingefügt. Eine Datenabfrage zeigt, dass die App die Bilder nicht mehr einbettet, also auch keine Daten an Instagram weitergegeben werden. Stattdessen werden sie nun offenbar manuell eingefügt und verlinken lediglich auf Instagram, was der DSGVO tatsächlich gerecht wird. Bunq hat also auf die Kritik reagiert.
In der Zwischenzeit mehren sich die enttäuschten Nachrichten treuer Kunden, die nun überlegen, zu einer anderen Bank zu wechseln. Sie stören sich an der mangelhaften Kommunikation durch Bunq und dem unsouveränen Umgang mit Kritik. In der Telegramgruppe werden bereits Konkurrenten wie N26, Tomorrow und die DKB – aber auch das vor wenigen Tagen gestartete Fintech Vivid – als mögliche Nachfolger diskutiert.
Nachholbedarf hat das Unternehmen derweil nicht nur bei der Kundenkommunikation. Die Datenschutzprobleme mit Instagram seien „nur das Sahnehäubchen“, sagt Peter Hense. „Bereits die Datenschutzinformationen, die bei der Installation der App angezeigt werden können, sind intransparent, unvollständig und daher rechtswidrig“, lautet das Urteil des IT-Anwalts.