Mit wenig Nutzen auf Platz 2 der Downloadcharts: Wie die Schufa ihre App Bonify pusht
Die Auskunftei Schufa hat eine Transparenzoffensive versprochen. Mithilfe der zugekauften App Bonify sollen Nutzer ihre Bonität verbessern können. Doch ein Blick in die App zeigt, wie eingeschränkt die Funktionen bislang sind. Trotzdem stürmte die Anwendung die App-Charts.
Der Ärger war vorhersehbar. Am Dienstag stellte die Auskunftei Schufa ihre App Bonify vor, die sie erst vor wenigen Monaten für rund 20 Millionen Euro zugekauft hatte. Ein großes Interview der Schufa-Chefin Tanja Birkholz und eine Pressekonferenz sollten die Transparenzoffensive der umstrittenen Firma unterstreichen. „Ein Unternehmen muss auch auf seine gesellschaftliche Akzeptanz achten“, sagte Birkholz etwa in einem Interview mit der Zeit. „Es gibt ein neues Bewusstsein der Menschen für Datenschutz und Transparenz. Es hätte nicht ewig funktioniert, so weiterzuwurschteln.“
Das Versprechen: Mit der neuen App sei es künftig möglich, seinen Schufa-Score einzusehen. Bald sollen Nutzer überdies benachrichtigt werden können, wenn sie einen Negativ-Eintrag bekommen. So sollen Verbraucher künftig besser verstehen, wie ihr Schufa-Score zustande kommt – den sie brauchen, um einen Kredit zu bekommen oder einen Mobilfunkvertrag abzuschließen.
Zehntausende Downloads an einem Tag
Trotzdem dürfte die Schufa und ihre Tochterfirma Bonify hochzufrieden sein: Die unzähligen Berichte über das neue Projekt brachten einen massiven Kundenzufluss. Am Mittwoch befand sich die Bonify-App auf dem zweiten Platz der Apple-Downloadcharts. Nur die chinesische Shopping-App Temu wurde noch öfter heruntergeladen. Zur Einordnung: Finanzapps schaffen es höchst selten an diese Spitzenplätze, die sonst von Messengern, sozialen Netzwerken oder Shopping-Plattformen besetzt sind.
Von grob 30.000 bis 50.000 Downloads an einem Tag geht ein Fintech-Gründer aus, der eine der größten deutschen Finanz-Apps aufgebaut hat. Viele große Fintechs brauchen Wochen für vergleichbare Werte – und geben dafür Millionen Euro an Marketing aus. Die Medienberichterstattung rund um die Schufa-Ankündigung war praktisch kostenlos.
Basisscore bislang gar nicht in der App
Dabei scheint die Transparenzoffensive mit Bonify überhastet zu sein. In der App ist der Schufa-Score am Mittwochnachmittag noch gar nicht zu finden, nur eine Mieterauskunft für rund 30 Euro lässt sich kaufen, wie ein Selbsttest zeigt. Sicherlich eine Enttäuschung für viele der Nutzerinnen und Nutzer. So hieß es doch, der Schufa-Basisscore sei „ab sofort“ verfügbar. In drei bis vier Woche komme der Score auch in die App, teilt die Schufa auf Nachfrage mit. So lange dauere mitunter der „Entwicklungs- und Reviewprozess von Apps bei Apple und Google“.
Nur in der Webversion ist der Schufa-Score bereits zu finden, allerdings mit sehr grundlegenden Informationen. Eine Zahl wird angezeigt, außerdem gibt es das Urteil „herausragend“, „gut“ oder „akzeptabel“. Daneben ist nachzulesen, wie man im Vergleich zu seinem Bundesland und dem gesamten Bundesdurchschnitt dasteht. Bonitätsanfragen oder Verträge seien „bald verfügbar“.
In der App ist außerdem noch ein Score von der Konkurrenzauskunftei Boniversum zu finden. Dort sind bereits erste Details zur Bonitätsermittlung zu finden – wer einen Fehler findet, wird jedoch an einen Mail-Kontakt oder die Hotline des Unternehmens verwiesen. Eine schnelle digitale Kommunikation sieht anders aus.
Mit diesen Informationen ist die App bislang sehr viel rudimentärer als eine Schufa-Auskunft, die man sich kostenlos zuschicken lassen kann. Dort sind beispielsweise die Unternehmen gelistet, die Daten geliefert oder den Score abgefragt haben. Der Bonitäts-Score für sich hat wenig Aussagekraft, wenn man nicht mehr Kontextdaten dazu bekommt. Diese sollen bis Ende des Jahres kommen, heißt es von der Schufa. Im kommenden Jahr plane das Unternehmen außerdem einen Datencockpit, um Auswirkungen auf die eigene Bonität zu simulieren.
Ein milliardenschweres Vorbild
Es stellt sich die Frage, warum die Schufa mit ihrem Bonify-Kommunikation nicht gewartet hat – bis sich mehr Score-Funktionen verwenden lassen. So bleibt der Eindruck, dass die App und die Marketingaktion eher der Kundengenerierung für Angebote in der Bonify-App dient. Denn dort vermittelt das Startup Kredite oder Telefonverträge. Durch den Score lassen sich die Interessenten viel besser einordnen, ob sie für einen Kredit infrage kommen und zu welchen Zinsen.
Bei dieser Diskussion darf man nicht vergessen, wer das ursprüngliche Vorbild von Bonify ist: Die Firma heißt Credit Karma und wurde schon vor drei Jahren für sieben Milliarden Dollar gekauft, sie hat einen Jahresumsatz von 1,8 Milliarden Dollar.