„Kleines Grillfest“ statt Exit-Millionen: Bonify-Mitarbeiter gehen bei Schufa-Verkauf leer aus
Exklusiv: Die Auskunftei Schufa hat im vergangenen Dezember das Berliner Fintech Bonify übernommen, rund 20 Millionen Euro sollen dafür geflossen sein. Die an der Firma beteiligten Mitarbeiter bekamen hingegen nichts. Der Fall wirft kein gutes Licht auf Mitarbeiterprogramme.
Nach der guten Nachricht war erst einmal Stille. Im Dezember verkündete die Auskunftei Schufa, das Fintech-Startup Bonify zu kaufen. Rund 20 Millionen Euro sollen dafür geflossen sein, berichtete die Börsen-Zeitung. Es kam zusammen, was zusammen gehört, so schien es: Der mächtige Scoring-Anbieter übernimmt das Startup, das eine Bonitätsauskunft per App entwickelt.
Ein „very exciting move“
Rund einen Monat später kam dann eine Mail – mit schlechten Nachrichten. Wie sie wahrscheinlich gehört hätten, sei das Unternehmen verkauft worden, hieß es in der Nachricht. Ein „very exciting move“ für das Unternehmen und die Nutzerinnen und Nutzer von Bonify. Die Schufa-Daten seien der Schlüssel, um die Vision des Fintechs zu verwirklichen, schreibt das Führungsteam.
Weiter heißt es in der Mail: „Wir wenden uns heute an euch, um euch über eure ESOP-Beteiligung im Rahmen dieser Transaktion zu informieren: Leider mussten wir zu Beginn der Corona-Krise im zweiten Quartal 2020 eine Finanzierungsrunde zu sehr ungünstigen Bedingungen für Mitarbeiter und Gründer durchführen. In Anbetracht der Bedingungen des ESOP (…) wird es daher leider keine Zahlungen an unsere Teammitglieder im Rahmen dieser Transaktion geben.“
Bei ESOPs handelt es sich um einen sogenannte „Employee Stock Ownership Plan“. Es ist ein Weg, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Firma zu beteiligen. Und sie in einen Startup-Job zu locken. Der Deal lautet: Ein Verzicht auf Gehalt, dafür die Chance bei einem Unternehmensverkauf reich zu werden. Das kann sich durchaus lohnen. Der Google-Börsengang soll beispielsweise rund 1.000 Mitarbeiter zu Millionären gemacht haben. Auch in Deutschland gibt es positive Beispiele, wie der Verkauf der App Wunderlist an Microsoft für einen dreistelligen Millionenbetrag, von dem auch die Belegschaft profitierte.
Ein anderer Deal sei nicht möglich gewesen
Bei Bonify war dies nun nicht der Fall: „Leider ist es bei vielen Investoren und Verträgen (Liquidationspräferenz) so, dass nicht alle profitieren konnten“, schreibt Geschäftsführer Andreas Bermig zum Exit. Liquidationspräferenzen legen die Rangfolge der Auszahlung fest. Die Vertragsbedingungen führen in der Regel dazu, dass die zuletzt aufgesprungenen Investoren ihren vereinbarten Teil der Exit-Summe zuerst bekommen, noch bevor die Alt-Investoren dran sind. Das kann dazu führen, dass für die Letzten in der Rangfolge nichts mehr übrig bleibt – so wie jetzt in diesem Fall.
Bonify beschäftigt rund 30 Mitarbeiter. Statt des erhofften Geldes teilte ihnen das Unternehmen mit: „Um uns für euren Beitrag zu bedanken, werden wir für alle aktuellen und ehemaligen Bonifyer ein kleines Grillfest und eine Party im Sommer organisieren“, heißt es in der Mail. Ehemalige Mitarbeiter zeigen sich davon enttäuscht.
Fall offenbart ein Problem
Schon im vergangenen Jahr sorgte ein unvorteilhaft konstruiertes Mitarbeiterprogramm bei dem Payment-Anbieter Klarna in der deutschen Startup-Szene für Aufregung. Finance Forward machte den Fall öffentlich. In der Politik gibt es seit Jahren eine Debatte darüber, die steuerlichen Bedingungen für Mitarbeiterbeteiligungs-Programme zu verbessern. Der Startup-Verband setzt sich dafür lautstark ein.
Der Fall Bonify offenbart nun ein weiteres Problem: Es soll den Mitarbeitern an Transparenz über den Wert ihrer Anteile gefehlt haben, heißt es bei Bonify. Zum Beispiel, wann eine Finanzierungsrunde ansteht und wie sich eine Bewertung entwickelt. Eine Professionalisierung wird nötig sein, um die guten Teammitglieder zu halten. In einem Markt mit sinkenden Bewertungen und schwierigen Finanzierungsrunden dürften künftig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter öfter im Management nachfragen, was ihre Anteile eigentlich noch wert sind. Und es braucht sicherlich mehr Positiv-Beispiele, um die Programme attraktiv zu machen. Das müssen die Gründerinnen und Gründer bei den anstrengenden Exit-Verhandlungen mitdenken.
Bonify-Chef Andreas Bermig betont unterdessen die Vorteile des Exits. „Wir waren sehr froh, dass der Deal mit der Schufa so geklappt hat“, schreibt er in der Mail an die Belegschaft. Dadurch habe das Startup einen Partner gewonnen, „mit dem wir in den nächsten Jahren unsere Mission und unser Wachstum weiter vorantreiben können“, heißt es von Bermig. Die Frage ist nur, wie er seine Mitarbeiter zu diesem Wachstum motivieren will. Denn ein ist klar: Ausgezahlt hat sich ihr zusätzlicher Einsatz bisher nicht.