Auf 840.000 Nutzerinnen und Nutzer kommt Bison im September 2024 (Bild: PR).

Nach Shitstorm: Wie die Krypto-App Bison an dem Ether ihrer Kunden verdient

Exklusiv: Die populäre Krypto-App Bison verwendet das Ether ihrer Kunden, um damit Staking-Erträge zu erwirtschaften – eine Praxis, die auf Kritik in der Krypto-Community stieß. Nun will die App die Gewinne bald auch weitergeben, doch ein entsprechendes Feature verzögert sich.

Eigentlich sah alles nach einer unspektakulären Nachricht aus. Im vergangenen September forderte die Krypto-App Bison ihre Kundinnen und Kunden dazu auf, neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen – kurz AGBs – zu zustimmen. Ein Vorgang, der bei digitalen Services häufiger vorkommt, meist ändert sich nichts Grundlegendes. Anders bei Bison.

Wie Nutzern auffiel, holte sich die Krypto-App der Börse Stuttgart die Erlaubnis, die Währung Ether für sogenanntes Staking zu verwenden. Das heißt: Hat jemand Ether über Bison gekauft und hält es dort, arbeitet Bison damit im Hintergrund und stellt es zur Stabilisierung des Ethereum-Netzwerkes bereit. Dafür erhält die Börse sogenannte Rewards – den Vorgang bezeichnet man als Staking. Die Nutzerinnen und Nutzer sollten erst einmal keine Auszahlungen bekommen.

Die Änderungen im Kleingedruckten regten die Kryptocommunity im vergangenen Jahr auf. Schließlich ist es immer wieder passiert, dass Kryptobörsen mit dem Geld ihrer Kundinnen und Kunden Investments getätigt haben – und das Geld verloren ging. Viele Anleger sind deswegen sensibilisiert.

Geplanter Start im ersten Halbjahr

Bison versuchte zu beschwichtigen. Laut einer Sprecherin bereitete die App zu der Zeit ein Staking-Angebot für die Kundinnen und Kunden vor. Generell ist das Staking nur mit mindestens 32 Ether möglich, das entspricht heute rund 71.000 Euro. Bison wollte dies kleinteiliger zugänglich machen und Wartezeiten vermeiden. „Das hierfür erforderliche technische Setup bauen wir gerade auf“, hieß es vom Unternehmen zu der Zeit. Über Verluste, die als Slashing bezeichnet werden, müsste man sich auch keine Sorgen machen – denn dies sei durch die Munich Re versichert. Auch würden die Coins „niemals die treuhänderische Verwahrung“ verlassen, betont das Unternehmen. Zudem sei das Vorgehen in der Branche nicht unüblich. Das neue Feature sollte im ersten Halbjahr 2024 nach langer Vorbereitung starten.


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Doch bis heute gibt es das Feature nicht. „Wir stehen kurz davor, unseren Kunden versichertes Staking mit Ether anzubieten“, heißt es auf Nachfrage. Zurzeit laufe ein Test mit ausgewählten Kunden, danach soll es schrittweise weitergehen, teilt eine Sprecherin mit. Gründe für die Verzögerung nennt das Unternehmen nicht.

Steigende Erträge werden erwartet

In den Geschäftsberichten zeigt sich derweil, dass die App Bison über ihre Tochter Börse Stuttgart Digital Custody bereits Staking-Erträge erwirtschaftet hat. Diese verwahrt das Unternehmen für die Kunden. Von den etwas mehr als vier Millionen Euro, die die Firma 2023 erwirtschaftet hat, entfiel rund ein Fünftel auf die Staking-Erträge. Dabei geht es nur um das letzte Quartal des vergangenen Jahres, erst dann trat die AGB-Änderung in Kraft.

2024 rechnet die Firma Börse Stuttgart Digital Custody mit höheren Umsätzen. „Für das kommende Geschäftsjahr erwartet die Geschäftsführung einen signifikanten Ertragszuwachs, der vor allem auf einer Expansion der Staking-Aktivitäten fußt“, schreibt die Sprecherin.

Bis zum Start des Features heißt es nun warten: „Sobald Staking für unsere Kunden verfügbar ist, erhalten diese wöchentlich Rewards.“ Der Anbieter werde aber eine „marktübliche Provision“ einbehalten, welche er bei Produktstart bekannt gebe. Doch: „Staking-Rewards jener Kunden, die den aktuellen AGB und der Weisung zum Staking ausdrücklich zugestimmt haben, werden zum Aufbau und Unterhalt der Staking-Infrastruktur und Verwahrung verwendet.“ Der Ärger der Community dürfte nicht lange auf sich warten lassen.

Hinweis: Eine Information zur Verwahrung wurde nachträglich ergänzt.