Millionengrab: Frühere Fintech-Tochter von Auto1 endgültig gescheitert
Exklusiv: Über eine Fintech-Tochter wollte die Gebrauchtwagenplattform Auto1 Kredite an Händler vermitteln und so ihr Geschäft ankurbeln. Doch dann durchkreuzte ein heftiger Streit unter den Gesellschaftern die Pläne, ein Investor übernahm die Macht – und plante den Neustart in Eigenregie. Ohne Erfolg, wie sich nun zeigt.
Nach dieser Vorgeschichte rechnete wohl kaum noch jemand mit einem Turnaround. Monatelang tobte im Frühjahr 2020 unter den Gesellschaftern der Auto1 FT GmbH ein erbitterter Streit, von den hochfliegenden Plänen der prominenten Beteiligten blieb nur noch ein Scherbenhaufen. Mit der Neugründung einer Fintech-Tochter wollte das Gebrauchtwagenportal Auto1 zusammen mit Deutscher Bank und Allianz eigentlich in großem Stil Kredite an Händler für den Autoeinkauf vergeben. „Das kann sehr, sehr groß werden“, sagte Auto1-Chef Hakan Koç damals über das Vorhaben.
Dazu hatte sich mit Bensen Safa ein bis dahin kaum bekannter vierter Investor die Mehrheit an Auto1 FT gesichert. Während Deutsche Bank und Allianz im November 2020 ebenfalls ausstiegen, plante der Geschäftsmann aus Zypern das Projekt in Eigenregie fortzusetzen – nicht ohne juristisch gegen den damaligen Auto1-Chef Hakan Koç vorzugehen.
Safa verklagte Koç vor dem Berliner Landgericht auf Rückzahlung angeblich zu Unrecht ausgezahlter Millionengelder aus der Firmenkasse des Fintechs. Anschließend stellte der Investor die Geschäftsführung neu auf und vollzog im Sommer 2022 einen Namenswechsel, fortan firmierte Auto1 FT unter der Marke Mobyfin. Mindestens 20 Millionen Euro soll Safa in das Projekt investiert haben.
Homepage abgeschaltet, Mitarbeiter weg
Nun zeigt sich: Der Neustart unter Safas Regie scheint ebenfalls missglückt zu sein – womöglich ist er zu keinem Zeitpunkt ernstzunehmend erfolgt. Darauf deuten zumindest Indizien hin, die sich im Netz finden lassen.
So ist die Homepage von Mobyfin nicht (mehr) aufrufbar. Im Internetarchiv Wayback Machine finden sich zwar Screenshots der Seite aus dem Dezember 2022 und 2023. Diese zeigen jedoch lediglich einen Hinweis, dass für Mobyfin.net eine entsprechende Domain registriert wurde. Eine fertige Website mit einem entsprechenden Kreditangebot für Autohändler scheint es also entgegen anderslautender Pläne bisher nicht gegeben zu haben.
Ein zweites Indiz für das leise Ende des Fintech-Projekts findet sich auf Linkedin, wo die frühere Auto1-Tochter bis heute über eine eigene Profilseite verfügt – und wo wie für Firmenaccounts üblich auch zugehörige Mitarbeiter ausgewiesen werden. Bei Mobyfin war die Zahl in den zurückliegenden zwei Jahren jedoch stark rückläufig. Gaben im Juni 2022 – also zum Zeitpunkt der Umfirmierung – noch elf Personen Mobyfin als Arbeitgeber an, so ist es jetzt nur noch eine. Dabei handelt es sich dem Anschein nach um eine Person, die ihr Profil bereits seit Jahren nicht mehr aktualisiert hat.
Sieht so etwa der Auftritt einer aktiven und erfolgreichen Fintech-Firma aus? Zweifel sind zumindest angebracht. Wie es wirklich um Mobyfin und die Autokredit-Pläne von Investor Bensen Safa steht, ist unklar. Auf eine Anfrage von Finance Forward reagierte Safa bislang nicht. Die früheren Gesellschafter um Deutsche Bank und Allianz wollten sich aufgrund „nicht mehr bestehender Kontakt- oder Geschäftsbeziehungen“ ebenfalls nicht zu Hintergründen äußern.
Investor zieht Klage gegen Auto1-Gründer zurück
Zumindest in einem anderen Punkt gibt es Klarheit: Die Klagen, die Investor Bensen Safa nach seiner Machtübernahme beim Berliner Landgericht unter anderem gegen Koç eingereicht hatte, sind inzwischen nicht mehr anhängig. Beide Verfahren seien „durch Klagerücknahme im Juni 2022 beendet“ worden, teilte eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage mit. Auch für den Investor bleibt das einstige Fintech-Projekt von Auto1 damit wohl vor allem eines: ein Millionengrab.