Vivid-Gründer Alexander Emeshev. Bild: PR

Aus mit dem Traum der Super-App? – Vivid-Gründer Alexander Emeshev im FinanceFWD-Podcast

Die Neobank Vivid startete vor Jahren mit ambitionierten Plänen in Europa. Doch nach dem ersten Wachstum wurde es ruhiger um das Fintech. Nun löst es sich mit eigener Lizenz von der langjährigen Partnerbank Solaris und plant die nächste Wachstumsphase. Wie es klappen soll, irgendwann doch noch 100 Millionen Kundinnen und Kunden in Europa zu erreichen, erzählt Gründer Alexander Emeshev im Podcast.

Die Inspiration zu ihrer Fintech-Gründung kam aus Japan. Vivid sollte nicht weniger als eine Super-App werden. Ähnlich wie Rakuten wollten sie über ihre App neben Finanzdienstleistungen auch eine Mischung fachfremder Services anbieten, darunter etwa Mobilfunk, Shopping oder Ticket- und Reisebuchungen.

Die nötige Erfahrung dazu hatten Artem Yamanov und Alexander Emeshev bereits bei der russischen Tinkoff Bank und der kasachischen Kaspi Bank gesammelt. Vor allem Letztere hat im Heimatmarkt als Super-App eine fast unumstößliche Stellung erlangt. „Kasachen bilden einen Großteil ihres digitalen Lebens mit der App ab“, sagte auch Jan Beckers kürzlich im FinanceFWD-Podcast. Nach Unternehmensangaben nutzen knapp 40 Prozent der Bevölkerung die Kaspi-App – ihr Anteil am digitalen Zahlungsverkehr in Kasachstan liegt Berichten zufolge über 60 Prozent.

Aus der europäischen Super-App wird vorerst nichts

Vivid wollte eine ähnliche Erfolgsstory in Westeuropa schaffen. Vor zwei Jahren brachte das Team eine Shopping-Funktion heraus, neben dem Bankkonto, Karte und Trading, was Vivid bereits im Angebot hatte. Es sollte der erste Schritt hin zur Super-App werden.

Doch auf große Ambitionen folgt nun Ernüchterung: „Wir haben zwar den Traum, irgendwann einmal 100 Millionen Kunden zu erreichen“, sagt Vivid-Gründer Alexander Emeshev im Podcast. „Aber es ist kein Ziel, das wir die nächsten Jahre vor uns haben.“ Auch die Gründer der Konkurrenz-Neobank N26 hatten lange ähnlich ambitionierte Ziele formuliert, doch auch für sie rückten sie zuletzt in die Ferne.

Tatsächlich stockte das Wachstum von Vivid seit gut 18 Monaten merklich. Nachdem das Konto-Startup  vor allem in den ersten beiden Jahren für aggressives Marketing und schnelle Produktentwicklung bekannt war, fuhr es seine Aktivitäten deutlich herunter. Die Zahl der aktiven Nutzer, die Vivid kommuniziert, liegt seit Jahren um die 200.000 – die Zahl aller Konten dagegen bei circa 500.000.

„Wir haben gemerkt, dass wir mit der damaligen Infrastruktur nicht genug wachsen konnten“, sagt Emeshev heute. „Daher haben wir uns dazu entschieden, zuerst unser eigenes Setup zu bauen und unabhängig zu werden.“ Auch wenn der Schritt nicht leicht gewesen sei, sei er dennoch nötig gewesen, um bessere Produkte zu bauen, so der Gründer.

Kritik an Solaris?

Vivid könne nun endlich einen Service bieten, auf den es stolz sei, sagt Emeshev. Es klingt indirekt wie Kritik am ehemaligen Partner Solaris. Seit Gründung nutzte das Fintech nämlich wegen fehlender eigener Lizenzen das Berliner Banking-Startup als Partner. Nun hat Vivid durch die Akquisition des luxemburgischen Unternehmens Joompay seine eigene Electronic-Money-Lizenz (E-Money-Lizenz) und kündigte bereits die Migration seiner Kunden vom Solaris-System zur eigenen Infrastruktur an. Die circa halbe Million Konten brechen Solaris dadurch nun weg.

Es bleibt allerdings noch offen, wie viele der Kunden den Umzug tatsächlich mitmachen werden. Emeshev wirbt daher für sein „new, shiny Vivid 2.0“ mit Benefits wie Cashback, Zinszahlungen und unbegrenzten Sepa-Sofort-Überweisungen. Er gibt sich zuversichtlich, dass nahezu alle Kunden weiterhin Vivid nutzen wollen. „Die ersten Zahlen sehen sehr gut aus – mich würde es nicht wundern, wenn mindestens 95 Prozent der Kunden bei uns bleiben.“ Eine sehr optimistische Einschätzung.

Wie Vivid nun wieder sein Marketing hochfahren und in zehn Jahren 100 Millionen Kundinnen und Kunden zählen will, darüber spricht Alexander Emeshev im Podcast.


Im FinanceFWD-Podcast spricht Emeshev über …

… den Traum einer Super-App für Europa
… die Abkehr von Solaris
… den Start des Angebots für Geschäftskunden
… die Funding-Situation von Vivid

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