Unzer verlegt seinen Sitz nach Berlin
Exklusiv: Der Heidelberger Zahlungsdienstleister Unzer kommt in die Hauptstadt. Der Umzug steht für einen Trend: Längst siedeln sich nicht mehr nur Fintechs in Berlin an, sondern zunehmend auch namhafte Finanzdienstleister.
Es sind knapp 80 Kilometer Luftlinie, die Heidelberg und Frankfurt trennen. Mit dem Auto dauert es von Stadtmitte nach Stadtmitte in etwa eine Stunde, mit dem Zug geht es je nach Verbindung sogar noch ein paar Minuten schneller. Wenn es dem in Heidelberg ansässigen Bezahldienstleister Unzer (ehemals Heidelpay) also bloß darum gegangen wäre, die beschauliche Heimatstadt gegen eine anerkannte Finanzmetropole einzutauschen – dann hätte sich als neuer Firmensitz natürlicherweise Frankfurt angeboten.
Indes: Unzer geht eben nicht nach Frankfurt. Sondern: Wie Finanz-Szene und Finance Forward vorab erfahren haben, wird Unzer am Mittwoch die Verlegung seiner Zentrale von Heidelpay nach Berlin verkünden. Luftlinie: 480 Kilometer. Mit dem Auto: 628 Kilometer.
Der Umzug steht für einen größeren Trend. J.P. Morgan Chase? Hat sich für ihre hiesigen Direktbank-Pläne Berlin ausgesucht. Die Deutsche Bank? Errichtet in der Hauptstadt gerade ihr neues Technologie-Zentrum. Die Commerzbank? Hat im Frühjahr angekündigt, ihre Abteilung für besonders vermögende Kunden vom Main an die Spree zu verlegen. Offensichtlich entwächst Berlin allmählich seinem Status als Fintech-Biotop – und wird auch für etablierte Finanzdienstleister interessanter.
Nun dürfte Frankfurt – dank Notenbankern, Aufsehern und Brexit-Flüchtigen – die Eiche sein, die es nicht juckt, wenn Berlin sich an ihr reibt. Doch was ist mit den übrigen klassischen Finanzplätzen hierzulande? München hatte zuletzt wenig Glück mit seinen Banken (Wirecard Bank, Fidor Bank, Deutsche Handelsbank, Bankhaus von der Heydt …). Hamburg lahmt nicht nur als Banken- (M.M. Warburg, Donner & Reuschel), sondern auch die Fintech-Standort (Kreditech, Deposit Solutions, Exporo). Und der Bedeutungsverlust Düsseldorfs (Commerzbank, WestLB, Trinkaus & Burkhardt) ist ohnehin säkular. Wer eine Alternative zu Frankfurt sucht – der geht nach Berlin.