Nach „Lex Apple Pay“: Sparkassen verzichten auf Schnittstellenzugriff
Exklusiv: Lange hatten sich die Sparkassen gesträubt, ohne eigenen Zugriff auf die NFC-Schnittstelle bei Apple Pay mitzumachen. Seit Kurzem ist ein Gesetz in Kraft, das Apple dazu zwingt. Doch die Sparkassen wollen nicht mehr.
Die Kritik der Sparkassen war unmissverständlich: Apple solle „den Industrie-Standard NFC an seinen Endgeräten zu angemessenen Konditionen nicht nur für die eigene Lösung, sondern auch für Dritte öffnen“, forderte der Bankenverband Ende 2018. Die NFC-Schnittstelle war sogar bei einem Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Apple-Chef Tim Cook ein Thema.
Vor wenigen Wochen erreichten die deutschen Banken dann überraschend ihr Ziel: Der Finanzausschuss beschloss im November einen Gesetzesentwurf, der Apple zwang, seine Schnittstelle den deutschen Finanzinstituten auch ohne Apple Pay zu öffnen. „Gerade in Zeiten der Plattformökonomie ist es im Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs notwendig, allen Wettbewerbern den gleichen Marktzugang zu ermöglichen“, feierte die FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger gegenüber dem Handelsblatt die Entscheidung. Das Gesetz passierte – trotz Apple-Proteste – Bundestag und Bundesrat. Seit dem 1. Januar ist es in Kraft.
Keine Pläne für einen Antrag auf Zugriff zur NFC-Schnittstelle
Doch den neuen gesetzlichen Rahmen will der wichtige Bankenplayer, der einst die Öffnung forderte, offenbar gar nicht ausnutzen: „Mir liegt keine Information darüber vor, dass ein solcher Antrag gestellt wurde“, schreibt ein Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands auf Nachfrage von Finance Forward. „Über Pläne hierfür ist mir ebenfalls nichts bekannt.“ Dieser Strategiewechsel ist überraschend. In der Pressemitteilung zum Launch der Android-App Mobiles Bezahlen hatten die Sparkassen noch angedeutet, iPhones würden folgen, wenn Apple die Schnittstelle freigeben würde.
Vor Kurzem starteten die Sparkassen in Deutschland auch mit Apple Pay. Die ersten Zahlen deuten auf einen Erfolg hin. Nach zehn Tagen hatten sich laut Finanz-Szene mehr als 200.000 Sparkassenkunden bei Apple Pay angemeldet. Ein früherer Konfliktpunkt zwischen Apple und den deutschen Banken: Die Sparkassen wollten auch Girocards (ehemals EC-Karten) bei Apples Bezahl-App integrieren – und nicht nur Kreditkarten. Nun soll die Girocard in einigen Monaten auch bei Apple Pay nutzbar sein.
„Wir haben das Ziel erreicht“
Zum Kurswechsel heißt es von dem Verband: „Unser Ziel war und ist es, allen Kunden mobiles Bezahlen zu ermöglichen – unabhängig vom Endgerät“, so der Verbandssprecher. Und: „Mit der Einführung von Apple Pay haben wir dieses Ziel erreicht.“
Die Aufregung von Apple war damit vorerst umsonst. Vor der anstehenden Gesetzesänderung hieß es noch vom iPhone-Hersteller Ende des vergangenen Jahres: „Wir sind überrascht, wie plötzlich dieses Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wurde“. Das Unternehmen befürchte, dass der Gesetzentwurf die Nutzerfreundlichkeit bei Zahlungen verschlechtern und den Datenschutz und die Sicherheit von Finanzdaten gefährden könne. Von Anträgen anderer deutscher Banken ist bislang nichts bekannt. Apple will sich dazu nicht äußern.
Der Sparkassenverband richtet seinen Fokus nun auf andere Big Techs. Von dem Sprecher heißt es: Amazon und Google würden den Sparkassenkunden „keine Möglichkeit geben, über ihre Sprachassistenten Transaktionen durchzuführen“. Diese „zukunftsträchtige“ Art des Bankings wolle man weiterentwickeln.