Was die Sino-Aktie über die Bewertung von Trade Republic verrät
Als der legendäre Investor Sequoia bei Trade Republic einstieg, taxierte er das Fintech-Startup mit vier Milliarden Euro. Die Aktie vom frühzeitigen Investor Sino legt nun den Verdacht nahe, dass die Bewertung seither gesunken ist.
Es war der große Fintech-Hammer, monatelang hatte die Gerüchteküche gebrodelt. Dann konnte Trade Republic im Mai 2021 endlich verkünden, insgesamt 738 Millionen Euro von Investoren eingesammelt zu haben – angeführt vom amerikanischen Top-VC Sequoia. Auch der Rest der Runde las sich wie das Who-is-who der Fintech-Geldgeber, etwa der Fonds Thrive von Joshua Kushner, TCV, Accel, Peter Thiels Founder Fund sowie Creandum und Project A.
Tatsächlich flossen in die Firma aber „nur“ 619 Millionen Euro, denn der frühe Geldgeber Sino verkaufte Anteile im Wert von rund 119 Millionen Euro (Finance Forward berichtete). Der Deal kam zur perfekten Zeit, denn im Frühjahr erlebten die Börsen einen großen Boom. Trade Republic gab als Kundenzahl „eine Million“ an. Inmitten dieser Euphorie wurde das Startup mit vier Milliarden Euro bewertet.
Der Düsseldorfer Retail-Broker Sino hat am Donnerstag seinen Aktionären einen Dividendenvorschlag von 53 Euro unterbreitet – bei einem Börsenkurs von 81 Euro zu der Zeit. Der Vorgang wirkt absurder, als er es zunächst ist. Schließlich war Sino mal der größte Anteilseigner des Berliner Milliarden-Fintechs Trade Republic, hat den überwiegenden Batzen seiner Anteile allerdings im vergangenen Frühjahr verkauft. Genügend Geld ist also in der Kasse, um den fetten Einmalertrag (insgesamt betrug der 2021er Überschuss 139 Millionen Euro) in eine ähnlich fette Einmaldividende (nämlich 124 Millionen Euro) umzuwandeln.
Kann man in Sino investieren, um indirekt an Trade Republic beteiligt zu sein?
Die 2,8 Prozent der Sino AG entsprechen, gemessen an der Taxierung besagter Funding-Runde, einem Wert von 111 Millionen Euro Euro. Angesichts von 53 Euro Dividende und gemessen am Kurs von 81 Euro käme die Sino AG ex Dividende rechnerisch auf einen Kurs von 28 Euro. Woraus sich angesichts der 2,3 Millionen ausstehenden Sino-Aktien ein Wert von 64 Millionen Euro ergibt. Also weniger als allein die Trade-Republic-Beteiligung laut jüngster Funding-Runde wert sein müsste (nämlich besagte 111 Millionen Euro).
Es stellt sich die Frage: Müsste Sino nicht wenigstens so viel wert sein wie die eigene Trade-Republic-Beteiligung?
Der Fall lässt mehrere mögliche Interpretationen zu. Erstens: Die Investoren billigen der Sino AG jenseits der verbliebenen Trade-Republic-Beteiligung tatsächlich kaum Wert oder einen sogar negativen Wert zu. Zweitens: Die Investoren verkennen den wahren Wert der Sino AG. Der naheliegendste Grund, in Sino zu investieren – nämlich indirekt an Trade Republic beteiligt zu werden –, ist vielleicht gar nicht so naheliegend, weil niemand sagen kann, was Sino mit der Beteiligung macht, wenn die Haltefrist im kommenden Jahr ausläuft. Oder, eine weitere Lesart: Spiegelt sich im Sino-Kurs einfach nur, dass die Investoren die Trade-Republic-Beteiligung für sehr viel weniger wertvoll als die nahegelegten 111 Millionen Euro halten?
Dafür spricht einiges. Denn: Die Umstände (aus Sicht eines Sino-Aktionärs reden wir hier von einem Anteil an einem Anteil an einem nicht-öffentlichen Unternehmen …) provozieren fast automatisch einen gewissen Abschlag. Wenn man bedenkt, dass der Kurs des börsennotierten US-Neobrokers Robinhood (der das große Vorbild von Trade Republic ist) seit August um 84 Prozent eingebrochen ist, erscheint die Basis für die 111 Millionen Euro (nämlich: die vier Milliarden Euro) doch arg brüchig. Conclusio: Zwar scheint’s bei Trade Republic deutlich besser zu laufen, als es die äußeren Umstände zuletzt befürchten ließen.
Aber: Dass die Bewertung weiterhin bei vier Milliarden Euro oder auch nur annähernd bei vier Milliarden Euro liegt – das glauben zumindest die Sino-Aktionäre nicht mehr.