Onecoin: Neuigkeiten beim bisher größten Kryptobetrug
Einer der Mitgründer der angeblichen Kryptowährung Onecoin sitzt offenbar schon seit längerem in den USA in Haft. Der Bruder der „Krypto-Queen“ kooperiert weiter mit den US-Behörden und sagt aus: Eine Blockchain habe es nie gegeben.
Der Onecoin-Geldwäscher Mark Scott wollte sich noch einmal etwas gönnen. Anfang März wurde er beim Essengehen mit seinen Bodyguards in Florida beobachtet. „Living the high life“, schrieb das Investigativportal Inner City Press dazu. Doch die Freiheit währte nicht lang. Erst wurde der Anwalt in Gefängnis geordert, nun ist er wegen der Corona-Pandemie zurück im Hausarrest. Für den 14. Juli ist die Urteilsverkündung angesetzt. Scott wird wohl das erste Mitglied der Onecoin-Riege sein, das zu einer längeren Haftstrafe verurteilt wird.
Weitere werden ihm bald folgen: Konstantin Ignatov, der spätere Chef von Onecoin und Bruder der „Krypto-Queen“, kooperiert mit den US-Behörden. Nach und nach sagt er gegen die Onecoin-Mitarbeiter aus. Nun wurde auch noch bekannt, dass der Mitgründer der angeblichen Kryptowährung, Sebastian Greenwood, vermutlich schon seit zwei Jahren in den USA in Haft sitzt. In Deutschland widmet sich derweil die Staatsanwaltschaft Bielefeld den Hintermännern eines Grevener Unternehmens, das monatelang Zahlungen von Onecoin-Anlegern aus Deutschland und dem Ausland entgegengenommen hat.
Gegen neun Personen wird ermittelt
In Deutschland ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen Onecoin. Die Ermittlungen richten sich laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Gerald Rübsam hauptsächlich gegen Beteiligte im Umfeld der International Marketing Services GmbH (IMS). Die IMS hat zwischen 2015 und 2016 Zahlungen der Onecoin-Anleger angenommen und auf Konten auf der ganzen Welt weitergeleitet. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen die Verdächtigen: Betrug, Geldwäsche, progressive Kundenwerbung und illegale Erbringung von Finanz- und Zahlungsdienstleistungen. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen neun Personen. Im Februar waren es noch acht.
„Circa die Hälfte der Einzahlungen haben wir bisher untersucht“, sagt Staatsanwalt Rübsam. Dabei sei klar geworden, dass der Großteil der Einzahlungen in Höhe von über 300 Millionen Euro gar nicht direkt von den Onecoin-Anlegern gekommen sei. Die meisten Zahlungen seien wahrscheinlich von Onecoin zur Verschleierung auf die Konten der IMS überwiesen und dann auf weitere Konten weitergeleitet worden.
Erstmals wurde das Vorgehen der IMS im Dezember 2015 bekannt. Damals hatte eine Sparkasse, bei der die IMS ein Konto hatte, Anzeige wegen Geldwäscheverdachts erstattet. Innerhalb von drei Tagen waren auf das Sparkassenkonto der IMS 705 Buchungen mit einem Gesamtwert von circa 2,5 Millionen Euro im Zusammenhang mit Onecoin eingegangen. Die Sparkasse hielt das Geschäftsmodell der angeblichen Kryptowährung für undurchschaubar, die hohen Überweisungen kamen den Angestellten verdächtig vor. Mit der Zeit erstatteten weitere Banken Geldwäscheverdachtsanzeigen, denn die IMS GmbH hatte für die Einnahmen aus den Onecoin-Verkäufen immer wieder neue Konten bei wechselnden Banken eröffnet.
Einen Abschluss des Verfahrens kann Rübsam bisher nicht absehen. Der Grund: Es sei schwierig, Onecoin Betrug nachzuweisen. Das Unternehmen hatte immer wieder behauptet, eine echte Kryptowährung mit einer funktionierenden Blockchain zu vermarkten. Allerdings deute alles auf das Gegenteil hin. Es sei aber schwierig nachzuweisen, dass es keine Blockchain gegeben habe, so Rübsam.
Behörden fahnden weiter nach „Krypto-Queen“ Ruja Ignatova
Dabei werden in einem Verfahren aus den USA immer wieder neue Details bekannt, die belegen, dass es sich bei Onecoin um eine Fake-Währung handelt. Im vergangenen Monat wurde eine knapp 2000-seitige Mitschrift des US-Verfahren gegen den Anwalt Mark Scott veröffentlicht, der laut der Staatsanwaltschaft des New York Southern Districts als Geldwäscher für Onecoin tätig war. Unter den Zeugen gegen Mark Scott ist auch Konstantin Ignatov, der Bruder der verschollenen Onecoin-Gründerin Ruja Ignatova und späterer Vorsitzender der Organisation. Ignatov sagte der Staatsanwaltschaft, Onecoin habe seine Blockchain zwar prüfen lassen und sich von einem Wirtschaftsprüfer eine Art Gütesiegel ausstellen lassen, doch bei dem Bericht handle es sich um einen Betrug.
Wie weit diese Aussagen in deutschen Verfahren gegen Onecoin helfen können, ist offen. Einige deutsche Kanzleien vertreten Onecoin-Opfer dabei, ihre Investition von den Onecoin-Vertrieblern einzuklagen. Da Onecoin im Direktvertrieb an die Anleger verkauft wurde, können Anleger gegen die einzelnen Verkäufer vorgehen. „Doch das ist meist fruchtlos“, sagt Rechtsanwalt Patrick Wilson von der Kanzlei Herfurtner, die Onecoin-Investoren in Deutschland vertritt. Selbst wenn man den Vertrieblern nachweisen könne, sich strafbar gemacht zu haben, so besäßen diese schlichtweg nicht ausreichend Kapital, um für den Schaden der Mandanten aufzukommen. Die Mittelsmänner erhalten für den Vertrieb der Onecoin nur eine Provision. Der Großteil des Geldes geht direkt an Onecoin.
In den USA sind derweil neue Details über den Onecoin-Mitgründer Karl Sebastian Greenwood bekannt geworden. Der Mitgründer wurde laut der Bangkok Post schon 2018 in die USA ausgeliefert. Seither fehlten aber jegliche Hinweise auf seinen Verbleib. Jetzt veröffentlichte die Staatsanwaltschaft in New York eine Anklageschrift gegen ihn aus dem Februar 2018. Insider gehen nun davon aus, dass er unter dem Namen Karl Greenwood schon länger im Gefängnis MCC New York in Haft sitzt.
Damit könnten die US-Behörden der verschollenen „Krypto-Queen“ Ruja Ignatova näher sein als bisher angenommen. Sowohl Konstantin Ignatov als auch Sebastian Greenwood können im Gegenzug für ihre Kooperation mit den Behörden auf eine geringere Strafe hoffe. Konstantin Ignatov hat jedoch bisher ausgesagt, dass er seit ihrem Verschwinden keinen Kontakt zu seiner Schwester hatte. Die Urteilsverkündung gegen Ignatov soll im Juli stattfinden. Die Kryptowährung Onecoin besteht derweil weiter. Der Kurs liegt derzeit angeblich bei 42,43 Euro.
Die Hintergründe zum Onecoin-Scandal lest ihr bei Capital.