Das Berliner Team von Orderbird (Bild: PR).

Payment-Riese Nets stockt bei Fintech Orderbird auf

Exklusiv: Der milliardenschwere dänische Zahlungsdienstleister Nets kauft weitere Anteile vom Berliner Kassensystem-Startup Orderbird zu – bei einer Bewertung von 100 Millionen Euro. Orderbird bleibt aber eigenständig. Zwei deutsche Konkurrenten hatten in den vergangenen Jahren bereits verkauft.

Auch das dritte der drei deutschen Kassensystem-Fintechs gerät unter den Einfluss eines internationalen Payment-Konzerns: Laut gemeinsamen Recherchen von Finance Forward von Finanz-Szene.de hat der milliardenschwere dänische Zahlungsdienstleister Nets seinen Anteil an dem 2011 gegründeten Berliner Startup Orderbird auf annähernd 40 Prozent aufgestockt. Das Investment soll zu einer Bewertung an die 100 Millionen Euro erfolgt sein, bestätigten mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen.

Schon zuvor hatte Nets rund 20 Prozent an Orderbird gehalten – eine Beteiligung, die der Eschborner Zahlungsdienstleister Concardis vor Jahren eingegangen war, bevor Concardis bald darauf von Nets übernommen wurde.

Schwelle zur Profitabilität erreicht

Orderbird betreibt diverse virtuelle Kassensysteme, die sich ursprünglich vor allem an Gastronomen richteten – inzwischen aber zum Beispiel auch bei Friseuren oder kleine Einzelhändlern zum Einsatz kommen. Die Umsatzerlöse speisen sich zum überwiegenden Teil aus Lizenzgebühren. Dabei zahlen die Kunden pro Gerät und pro Monat eine pauschale Gebühr.

Zusätzliche Einnahmen kommen aus verschiedenen Zusatz-Services. Im  Geschäftsjahr 2019/2020 erwirtschaftete Orderbird ein Rohergebnis von 11,1 Millionen Euro. Demgegenüber stand ein betrieblicher Aufwand von 11,4 Millionen Euro, womit der „Point of Sale (POS)“-Spezialist zu den wenigen Berliner Fintechs gehört, die bereits die Schwelle zur Profitabilität erreicht haben.

Auch wenn Orderbird erst einmal eigenständig bleibt und es auch keinen Automatismus geben soll, wonach Nets seinen Anteil weiter aufstocken kann: Unter Branchenkennern gilt schon lange als ausgemacht, dass viele reine POS-Spezialisten früher oder später von den großen Payment-Konglomeraten aufgesogen werden.

Gastrofix wurde für rund 100 Millionen Euro verkauft

Tatsächlich war Anfang vergangenen Jahres bereits der 2011 gegründete Orderbird-Rivale Gastrofix an den kanadischen Plattform-Betreiber Lightspeed verkauft worden – ebenfalls zu einer Bewertung von rund 100 Millionen Euro. Wenige Monate später wurde dann bekannt, dass ein weiteres hiesiges Kassensystem-Fintech drauf und dran ist, seine Eigenständigkeit zu verlieren, nämlich Tillhub. Offiziell hält der vom US-Investor KKR alimentierte Heidelberger Payment-Konzern zwar erst ein Viertel der Tillhub-Anteile. Insider berichten jedoch von einer Option, die Beteiligung bei Gelegenheit hochzufahren.

Interessanterweise fließt bei dem Orderbird-Nets-Deal kein weiteres Kapital ins Unternehmen. Sondern: Die Dänen haben per Secondary-Verfahren zunächst einmal nur Anteile von diversen Altgesellschaftern übernommen. Neben mehreren Gründern, die nicht mehr an Bord sind, und diversen Angels soll angeblich auch der Star-Investor Carsten Maschmeyer seinen Einsatz leicht zurückgefahren haben. Da Orderbird als Aktiengesellschaft organisiert ist, lassen sich die Veränderungen (anders als bei einer GmbH) nicht anhand des Handelsregisters nachvollziehen. Sprecher von Orderbird und Nets wollten gestern auf Anfrage keine Stellung nehmen.