Konkurrenz für Mambu und Solaris – die estnische Modularbank kommt nach Deutschland
Mit einem Büro in Berlin will die Modularbank in Deutschland Fuß fassen. Hinter dem Fintech aus Tallinn steht eine erfahrene Fintech-Unternehmerin. Was hat sie vor?
Die estnische Gründerin Vilve Vene legt nun mal wieder den Finger in die Wunde: „Deutschland ist mit der Digitalisierung noch nicht so weit, aber es ist allen klar, dass sich etwas verändern muss.“ Daraus will Vene mit ihrem Unternehmen ein Geschäft machen: Die Modularbank wird auf dem deutschen Markt starten. Von Paypal hat das Fintech einen Manager abgeworben, um sich mit einer Banking-Plattform etablierten Finanzplayern, Fintechs und anderen Firmen anzudienen.
Erste Erfolge kann Vene bereits vorweisen: Im ersten Geschäftsjahr machte ihre Modularbank eine Million Euro Umsatz mit Geschäft in Estland, Finnland und anderen baltischen Staaten. Das Startup soll bereits mit einem kleinen Team von 14 Leuten profitabel arbeiten, ein „führender baltischer Einzelhandelskonzern“ gehört zu den Kunden. Das Fintech bietet eine Bankplattform an, über die sich Unternehmenskunden zum Beispiel ein neues Kreditangebot bauen lassen können. „Schon in wenigen Wochen kann so ein Kredit-Tool eingesetzt werden“, verspricht Vene im Gespräch mit Finance Forward. Ein typischer Abnehmer wäre ein Handelsunternehmen, das noch keine Finanzprodukte anbietet und seinen Kunden Kredite offerieren will – es könnte dafür das Cloud-Angebot der Modularbank nutzen. Eine Banklizenz besitzt das Fintech – trotz seines Namens – dagegen nicht, um die Lizenz muss sich der Unternehmenskunde selbst kümmern.
25 Jahre Erfahrung in der Bankenwelt
Die estnische Unternehmerin ist schon mehr als 25 Jahre in der Finanzszene unterwegs. Sie leitete bei der baltischen Hansabank die IT-Abteilung mit 150 Mitarbeitern. Knapp zehn Jahre später gründete sie Icefire, eine Art Fintech-Agentur, die zum Beispiel an dem viel gerühmten Steuerportal Estlands mitentwickelt oder die Banking-App Pocopay aufgebaut hat. Die 120 Mitarbeiter erwirtschaften etwa zehn Millionen Euro Umsatz pro Jahr.
2018 kam Vene dann auf die Idee, mit der Modularbank auch eine Banking-Plattform zu entwickeln. „Über die letzten Jahre fragten Kunden statt nach individuellen Einzellösungen zunehmend nach einer sofort einsatzbereiten Plattform, um mit ihrem Finanzprodukt schneller in den Markt einzusteigen“, sagt Vene. Bislang ist auch dieses Vorhaben eigenfinanziert, doch das estnische Team sucht gerade nach Geldgebern, die die Expansion finanzieren sollen.
In Europa gibt es bereits Konkurrenten für das Modell – so hat zum Beispiel Mambu die technische Infrastruktur für die Challengerbank N26 entwickelt, das Berliner Fintech gilt als ein Hoffnungsträger der hiesigen Szene. Auch die Solarisbank entwickelt Finanzprodukte für andere Unternehmen, allerdings mit einem anderen Ansatz: Das Unternehmen besitzt eine eigene Banklizenz.
Erfolgreiche Vorbilder aus Tallinn
Gründerin Vilve Vene hält das nicht von der Expansion nach Deutschland ab. Gerade die jahrelange Erfahrung der Mitarbeiter bei der Transformation von großen Unternehmen sei ein Vorsprung gegenüber anderen Playern. Ende des Jahres sollen 30 Mitarbeiter im Berliner Büro arbeiten. Geleitet wird der deutsche Ableger von Lukas Huth: Er hat zuvor mehrere Jahre bei den Payment-Unternehmen Paypal und Ratepay gearbeitet. Vor allem im Vertrieb will die Gründerin ein starkes Team aufbauen. Und nach Deutschland soll nicht Schluss sein. In den nordischen Staaten ist die Modularbank bereits aktiv, als nächsten großen Markt will sich die Unternehmerin Großbritannien vornehmen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein erfolgreiches Fintech seine Wurzeln in Estland hat – der milliardenschwere Bezahldienst Transferwise oder die Challengerbank Monese stammen ebenfalls aus Tallinn.