Mastercard schafft Maestro Mitte 2023 ab – in ganz Europa
Exklusiv: Schock-Nachricht für die deutsche Kreditwirtschaft: Mastercard macht Ernst und schafft laut Informationen von Finanz-Szene.de das Maestro-System perspektivisch ab – und zwar nicht nur hierzulande, sondern in ganz Europa.
Laut einem Mastercard-Bulletin, das Banken und anderen Finanzdienstleistern dieser Tage zuging, dürfen ab dem 1. Juli 2023 keine maestro-fähigen Karten mehr ausgegeben werden. Die Entscheidung hat vor allem für den deutschen Markt einschneidende Folgen: Ein Großteil der rund 100 Millionen Girocards verfügt über ein sogenanntes Co-Badge entweder von Maestro oder von V-Pay (also von Visa).
Nur dank dieses Features ist es möglich, die Karte auch im Ausland einzusetzen. Ohne Maestro dürfte diese Option Schritt für Schritt für eine signifikante zweistellige Millionenzahl von Girocards verloren gehen – es sei denn, die Banken finden anderweitige Lösungen.
Eine Sprecherin von Mastercard bestätigte am Montagnachmittag die Informationen von Finanz-Szene.de. Von Mitte 2023 an werde Maestro – mit Ausnahme der Schweiz, Russlands und Belarus – europaweit schrittweise „insbesondere durch die Debit Mastercard“ ersetzt. Als Begründung führt Mastercard an, dass sich „die Welt weiterhin schnell von der physischen zur digitalen Welt wandelt und sich die Bedürfnisse und das Verhalten der Verbraucher entsprechend ändern“.
Zwar behalten die bis dahin ausgegebenen Karten mit Maestro-Funktion ihre Gültigkeit bis zum Laufzeitende – das kann bei den typischen Laufzeiten auch das Jahr 2027 sein. Trotzdem dürfte Maestro aller Voraussicht nach eher früher als später aus dem europäischen Zahlungsmarkt verschwinden. Denn: Sobald die Verbreitung von Maestro anfangen wird zu erodieren, werden sich die Banken als Issuer ebenso wie die Händler als Akzeptanzstellen sowie Geldautomatenbetreiber konsequent auf eine Post-Maestro-Welt einstellen, vermuten Experten.
Wie lang wird es dauern, bis Visa nachzieht?
Finanz-Szene.de hatte die Entscheidung von Mastercard schon im September als „Nuklearoption“ bezeichnet. Schließlich ist die Zukunft der Girocard ohne Co-Badge-Lösung offener denn je – zumal Marktkenner davon ausgehen, dass Visa schon bald nachziehen und V-Pay (also das Äquivalent zu Maestro) ebenfalls abschaffen könnte, um der eigenen Debitkarten auf Kosten der Girocard mehr Marktanteile zu sichern.
Genau das gelingt bislang laut Einzelhandels-Daten bislang nur begrenzt. Der Marktanteil der Mastercard- und Visa-Debitkarten bewegt sich demnach noch im Bereich von unter 1 Prozent der stationären Umsätze versus 44 Prozent für die Girocard, also für die traditionelle Debit-Lösung der deutschen Kreditwirtschaft.
Schon in den zurückliegenden 24 Monaten hatten allerdings immer mehr Banken die Debitkarten von Visa und Mastercard in ihre Portfolios aufgenommen; manche machten sie gar zum „Top of Wallet“-Produkt.
Hintergrund: Laut Insidern incentivieren die beiden großen US-Schemes die Verdrängung der Girocard massiv. Knapp die Hälfte der wichtigsten hiesigen Retailbanken hierzulande hat bereits eine Debitkarte von Visa oder Mastercard im Angebot. Bei Neobanken wie N26 oder der Solarisbank sind die Debitkarten der beiden US-Konzerne sogar die faktischen Standardkarten.
Geben die Banken auf – oder investieren sie Milliarden in EPI?
Ohne Maestro (und perspektivisch auch ohne V-Pay) haben die beiden Schemes nun gewichtige Gründe, um noch mehr Banken von den hauseigenen Debitkarten-Lösungen zu überzeugen – und steigt der Druck auf die Banken. Will sich die Kreditwirtschaft nicht Visa und Masteracrd kampflos ergeben, dann man müssen Banken und Sparkassen entweder die Online- und Auslandsfähigkeit der Girocard auch ohne Maestro-Co-Badge gewährleisten und möglicherweise den Weg einiger weniger Sparkassen gehen, die ein Co-Badge mit einer Debitkartenlösung gehen (siehe hier). Oder aber: Sie forcieren tatsächlich die geplante European Payments Initiative (EPI), also ein eigenes, paneuropäisches Scheme als Konkurrenz zu Mastercard und Visa.
Die Investitionskosten hierfür dürften in die Milliarden gehen. Werden sich Europas Banken hierzu wirklich durchringen. Vielleicht müssen sie – in der Hoffnung, die Erträge aus dem Kartengeschäft nicht langfristig mehr oder weniger komplett bei Visa und Mastercard abliefern zu müssen.