Der Eingang zur LBB am Alexanderplatz in Berlin (Bild: imago/Reiner Zensen)

Der ADAC-Deal der Landesbank Berlin ist tot

Exklusiv: Die Landesbank Berlin beendet ihre Kooperation mit dem ADAC, der einen Großteil des Kreditkartengeschäfts des Instituts ausmacht. Das wirft Fragen auf.

Die Zerfledderung der Landesbank Berlin geht viel weiter als bislang bekannt. Vergangene Woche war publik geworden, dass sich die DSGV-Tochter von einem ihrer drei bislang Kerngeschäfte trennen will – nämlich von der unter dem Namen Berlin Hyp betriebenen gewerblichen Immobilienfinanzierung. Recherchen von Finanz-Szene.de zeigen nun allerdings, dass darüber hinaus auch das Geschäft mit Kreditkarten in der bisherigen Form infrage steht.

Dazu muss man wissen: Die LBB ist seit vielen Jahren einer der größten Anbieter sogenannter Co-Branding-Karten hierzulande. Nach eigenen Angaben führen die Berliner insgesamt 2,8 Millionen dieser Karten, größte Partner sind bislang der ADAC und Amazon. Laut exklusiven Informationen von Finanz-Szene.de wird der Vertrag mit dem ADAC (der alleine für 1,3 Millionen der 2,8 Millionen Karten steht) allerdings nicht verlängert. Und offenbar ist es so, dass im Zuge dieser Trennung die gesamte Sparte in ihrer jetzigen Aufstellung in Frage gestellt wird. So heißt es im dieser Tage veröffentlichten Halbjahresbericht der LBB AG lapidar und ohne jede weitere Erläuterung: „Das langjährig betriebene Kooperationsgeschäft mit Co-Branding-Karten wird zum Ende März 2023 nicht in bisheriger Form weitergeführt.“ Ob diese Formulierung gleichbedeutend mit dem Aus für den Geschäftsbereich ist, blieb am Sonntag unklar. Die LBB wollte sich ganz grundsätzlich nicht äußern, der ADAC ebensowenig.

Der Verlust des wichtigsten Partners und das Fragezeichen hinter dem Geschäftsbereich als Ganzem sind ein Paukenschlag. Denn die Co-Branding-Aktivitäten der LBB galten bislang als Leuchtturm – und zwar für die gesamte Sparkassen-Finanzgruppe, die ansonsten im Payment-Sektor nicht mehr so wahnsinnig viel zu bieten hat. Zwar hatte die LBB vor drei Jahren durch die Pleite von Air Berlin bereits einen Schlüsselkunden verloren. Dem Ehrgeiz der Berliner im Co-Branding-Geschäft tat das allerdings keinen Abbruch. So wurde erst vor einem Jahr die technische Infrastruktur komplett erneuert, der vormalige Techniklieferant EquensWorldine durch den italienischen Anbieter SIA ersetzt.

Die große Frage lautet nun:

– Ging die Trennung vom ADAC von der LBB aus – fiel also zunächst die Entscheidung, das Co-Branding-Geschäft einzustellen und infolge dessen wurden der Vertrag mit der Autofahrer-Lobby nicht mehr verlängert?

– Oder war es möglicherweise umgekehrt: Hat sich also der ADAC von der LBB losgesagt und sich die Landesbank erst nach dem Verlust des wichtigsten Kunden entschlossen, die Co-Branding-Aktivitäten als solches infrage zu stellen?

Was sind die wirtschaftlichen Konsequenzen der Trennung vom ADAC?

Fest steht: Die Entscheidung bedeutet eine 180-Grad-Wende innerhalb kürzester Zeit. Denn noch im 2020er-Jahresabschluss der LBB Holding heißt es in Bezug auf das Kreditkartengeschäft wörtlich: „Nach erfolgreicher Modernisierung der technischen Infrastruktur steht auch die Gewinnung neuer Kooperationspartner im Fokus.“ Und im Bericht der LBB AG ist sogar noch konkreter die Rede davon, dass im Kreditkartengeschäft „die Weiterentwicklung des ADAC-Portfolios im Vordergrund“ stehe.

Weitere Fragen stellen sich. Was ist mit dem zweiten Vorzeigekunden Amazon? Mit wem kooperiert der ADAC in Zukunft? Und handelte es sich um eine Trennung im Guten oder Schlechten? Denn theoretisch wäre ja auch denkbar, dass das Kreditkartengeschäft lediglich innerhalb des öffentlichen Bankensektors verschoben werden soll. Denkbare Abnehmer jedenfalls gäbe es. Denn auch die zur BayernLB gehörende DKB (Lufthansa-Kreditkarte) und die LBBW-Tochter BW Bank (Mercedes Benz-Kreditkarte) betreiben Co-Branding mit Kreditkarten. Zu den wichtigsten privaten Wettbewerbern gehört die Commerzbank (Bahn-Kreditkarte).

Im Umfeld der LBB hieß es, die wirtschaftlichen Konsequenzen der Trennung vom ADAC seien begrenzt, man sei über die Entwicklung nicht wirklich traurig. Rein quantitativ sind Zweifel an dieser Darstellung erlaubt. So hatte die Landesbank Berlin AG (die neben der Berlin Hyp unter der LBB Holding hängt) im 2018er-Geschäftsbericht geschrieben, sie verdiene im Kooperationsgeschäft „insbesondere“ mit Amazon und ADAC immerhin 16 Prozent ihres Zins- und Provisionsüberschusses – der betrug in jenem Jahr zusammen rund 1,1 Milliarden Euro. Wenn man bedenkt, dass zur Landesbank Berlin ja auch die Berliner Sparkasse gehört und der allergrößte Teil der Erträge aus dem Sparkassengeschäft kommen dürfte, lässt sich schlussfolgern: Wenn man von der Sparkasse absieht, dann gibt es jenseits von Amazon und ADAC nicht mehr viel Geschäft, dass die eigentliche LBB betreibt.

Die Darstellung, man sei nicht wirklich traurig, könnte gleichwohl stimmen. Denn 2020 hat die LBB AG im Geschäft „insbesondere mit Co-Branding-Geschäft mit Kreditkarten“ satte 18 Millionen Euro an Provisionsergebnis eingebüßt. Sprich: Aus welchen Gründen auch immer – es gibt offenbar handfeste Probleme mit dem vermeintlichen Vorzeigegeschäft. Vielleicht ist der ein oder andere Manager innerhalb der Berliner Landesbank auch froh, sich in Zukunft auf das weniger komplexe Sparkassengeschäft konzentrieren zu können. Also auf das dritte Kerngeschäft unter dem Dach der Landesbank Berlin.