Starke Abwertung vor dem Exit – Banking-Startup Kontist befand sich unter Druck
Kontist, das Berliner Fintech-Startup für Freelancer, wird für einen angeblich „zweistelligen Millionenbetrag“ an das dänische Unternehmen Ageras verkauft. Doch im Geschäftsbericht zeigen sich Probleme, mit dem das Startup zu kämpfen hatte.
Auf Linkedin war es eine News zum Feiern: Das dänische Unternehmen Ageras Group kauft den Banking-Anbieter Kontist. Die Beteiligten setzten am Donnerstag einen stolzen Post in dem Karrierenetzwerk ab. Nach der Gründung 2016 ist es dem Berliner Fintech von Christopher Plantener gelungen, eine bekannte Marke aufzubauen – mit dem Fokus auf Selbstständige. Rund 50.000 Freelancer sollen ihr Bankkonto mittlerweile verwenden, verkündete Kontist zum Exit.
Der Verkauf kommt nur Tage nach dem Exit des Berliner Wettbewerbers Penta an das Unicorn Qonto aus Paris. Der Kontist-Deal zeigt einmal mehr, dass sich der Markt für Business-Banking konsolidiert. Der Kaufpreis liege im „zweistelligen Millionenbereich“, berichtete das Handelsblatt. Das klingt nach einem Achtungserfolg für das Team aus Berlin.
Unternehmenswert stürzte ab
Erste Probleme vermerkte das dänische Mutterunternehmen Kontist im Jahresabschluss 2021, der Anfang Juli erschienen ist. Obwohl Kontist nur in Deutschland aktiv ist, sitzt das Mutterunternehmen Kontist ApS in Kopenhagen. Über die deutsche Tochtergesellschaft Kontist GmbH läuft allerdings ein Großteil des Geschäfts. In dem Bericht des dänischen Unternehmens heißt es nun, der Wert der operativen Kontist GmbH wurde um 174.898.000 dänische Kronen (DKK) abgeschrieben – auf einen Wert von nun mehr 59.503.000 DKK. Damit fiel der eigene Unternehmenswert von zuvor umgerechnet 31,5 Millionen Euro auf nur noch rund acht Millionen Euro. Ein herber Einbruch.
Weiter schreibt Kontist in dem Bericht: In diesem Jahr hätte das Unternehmen über einen Verkauf der deutschen Kontist Gmbh verhandelt. Konkret heißt es: „Die Verhandlungen deuten auf eine Bewertung der Kontist GmbH von EUR 8 Millionen Euro hin.“ Laut Crunchbase sind rund 37,5 Millionen Euro in das Unternehmen geflossen. Der neue Bewertung scheint vor diesem Hintergrund extrem niedrig.
Allerdings wurde Kontist nicht gleich an ein fremdes Unternehmen verkauft. Zum 10. Juni dieses Jahres übernahmen Plantener und Esser zusammen knapp 90 Prozent der Anteile – ein sogenannter Management-Buyout.
Bislang gehörte Kontist einem illustren Kreis an schwerreichen Dänen, darunter der ehemalige Lego-Chef Kjeld Kirk Kristiansen und Anders Povlsen, Chef der Besteller-Gruppe und ebenfalls Milliardär. Sie stehen hinter dem Company Builder Founders, der Kontist über Jahre finanzierte – und dem sogar lange die Mehrheit am Unternehmen gehörte. Zuletzt führten sie einen Finanzierungsrunde über 25 Millionen Euro an, die Kontist 2021 abschließen konnte.
„Die Financial Statements sprechen für sich“
Eine Kontist-Sprecherin teilt mit: „Wir können bestätigen, dass es vor dem Exit an Ageras einen Management Buyout der beiden CEOs gegeben hat, bei dem die Bewertung, wie im Jahresbericht erwähnt, erheblich nach unten korrigiert wurde.“ Ob die beiden jeder rund 3,6 Millionen Euro aufbrachten, ist unklar. „Wir dürfen (…) den Kaufpreis nicht nennen, aber die Financial Statements sprechen für sich“, heißt es von der Sprecherin weiter.
Doch wie kam es nun zum Deal nur einige Woche später? Es habe „eine Reihe von Investorengespräche und Angebote von Private-Equity-Firmen und Strategen mit sehr unterschiedlichen Bewertungen“ für Finanzierungsrunden und Übernahmen gegeben, teilt Kontist mit. Ageras sei mit seinem Steuerberatungsgeschäft der beste „strategische Fit“ gewesen. Weiter schreibt die Sprecherin: „Das Interesse von mehreren Parteien hat sich natürlich auch auf den Preis ausgewirkt.“ Laut Handelsblatt müsste die Firmenbewertung bei mindestens zehn Millionen Euro liegen. Ein Teil soll dabei in Cash und ein Teil in Anteilen der von Ageras geflossen sein.
Gegenüber dem Handelsblatt sagte Plantener: Das Marktumfeld sei ein Grund für den Verkauf gewesen sein. Die hohen Firmenbewertungen aus dem vergangenen Jahr habe das Unternehmen nicht mehr durchsetzen können. Mit dem neuen Käufer soll nun das Unternehmen weiter wachsen – Kontist bleibt als Marke bestehen und erhält eine zweite Chance. Finanziell war Kontist für die ursprünglichen Geldgeber sicherlich kein Erfolg.