Revolution in der Baufinanzierung: Hypoport und Sparda-Bank starten Sofortkredit
Exklusiv: Innerhalb von wenigen Stunden will Hypoport künftig mit einem neuen Tool automatisiert die Kreditentscheidung für eine Baufinanzierung treffen. Das Angebot beginnt mit zwei Partnerbanken. Wie funktioniert der Sofortkredit?
In der deutschen Baufinanzierung hat ein technologisches Wettrüsten eingesetzt: Wenige Wochen nachdem die Vermittlungsplattform Interhyp den ersten rein „digitalen Abschluss“ in dem Segment verkündete, kontert der Berliner Erzrivale Hypoport mit der „ersten automatisierten Sofortkredit-Entscheidung“.
Der Ansatz, den Hypoport wählt, geht noch einmal deutlich über das Angebot des Wettbewerbers hinaus. Denn: Bei der jüngst vorgestellten Interhyp-Lösung handelte es sich nach Unternehmensangaben um eine „Online-Prüfung der Kundenbonität“ mithilfe einer „PSD2-Schnittstelle“ – also das, was bei Ratenkrediten seit Jahren üblich ist, in der Baufinanzierung aber noch kaum.
Entwicklung erinnert an den Ratenkredit
Nun muss man bei Stichwörtern wie „automatisiert“, „digital“, „Echtzeit“ oder „Künstliche Intelligenz“ natürlich vorsichtig sein. Schließlich schrecken Fintechs (zu denen im weiteren Sinne auch Hypoport und Interhyp gehören) bei der Beschreibung neuer Produktlösungen vor Übertreibungen selten zurück.
Gleichwohl lässt sich zumindest so viel mit Sicherheit sagen: In der privaten Baufinanzierung hat eine Entwicklung eingesetzt, die stark an die Volldigitalisierung des Ratenkredits vor einigen Jahren erinnert: Durch Standardisierung und Automatisierung der Bonitätsbewertung soll der Zeitraum zwischen Kreditantrag und Kreditbewilligung dramatisch verkürzt werden.
Das Kalkül dahinter: Da sich die Angebote vieler Banken von den Konditionen her kaum noch unterscheiden, soll der Kunden nicht mehr unbedingt mit dem günstigsten Zins, wohl aber mit der schnellsten Zusage gewonnen werden. Diese ist oft entscheidend, wenn – wie bei vielen Wohnimmobilien-Transaktionen gerade in Metropolregionen üblich – gleich mehrere Interessenten zu einem bestimmten Preis kaufwillig sind.
Wenn sich dabei als Nebeneffekt auch die in den vergangenen Jahren unter Druck geratenen Margen wieder ein wenig ausweiten lassen sollten (zumindest bis der Wettbewerb auf dem gleichen Stand ist) – umso besser.
Die Portale, nicht die Banken liefern die Innovationen
Interessant ist dabei, dass die Innovationen weniger von den Banken als von den Vermittlungsplattformen ausgehen. Eine bezeichnende Personalie in diesem Kontext: Thomas Teuber, langjähriger Geschäftsleiter des DKB-Kreditspezialisten SKG Bank, wechselte vor einigen Monaten zu Hypoport.
Mit ihren Initiativen in Richtung „Sofortkredit“ unterstreichen die beiden Portale nun, dass sie sich längst nicht mehr nur als Kreditvermittler verstehen – sondern als Anbieter baufertiger Whitelabel-Lösungen, die zugespitzt formuliert von einzelnen Banken nur noch nach deren jeweils eigenen Erfordernissen konfiguriert werden müssen.
Auch das erinnert zumindest entfernt ans Ratenkreditgeschäft. Dort fing ja beispielsweise Check24 vor einigen Jahren ebenfalls an, eigene Produkte (in Kooperation mit der SWK Bank und neutral gebrandet als „Kredite24 Sofort“ ) über das eigene Vergleichsportal zu vertreiben. Zumindest in der Theorie ist von hier der Weg nicht mehr weit, das Geschäft eines Tages sogar mit eigener Bilanzsumme zu betreiben, auch wenn die Portalbetreiber solche Überlegungen immer weit von sich weisen.
Liaison mit der Sparda-Bank
Was auffällt: Also Pilotpartner haben beide Baufi-Plattformen genossenschaftliche Institute gewonnen. Bei Interhyp ist es die Münchener Hypothekenbank, bei Hypoport (wobei man genau genommen von der Hypoport-Tochter „Europace“ sprechen muss) die Sparda-Bank Baden-Württemberg – und daneben als weitere Pilotbank „Qlick“, eine Tochter der österreichischen Bawag.
Bei Interhyp kommt die Verbindung überraschend – schließlich handelt es sich bei ihr um ein Schwesterunternehmen der ING Diba. Dagegen ist die Liaison zwischen Hypoport/Europace und der Sparda BW gewissermaßen natürlich: Seit Jahren kooperiert das Berliner Ur-Fintech eng mit der genossenschaftlichen Finanzgruppe, sogar eine eigene Unterplattform namens „Genopace“ wird betrieben, über die ausschließlich genossenschaftliche Banken ihre Baufinanzierungs-Kunden untereinander vermitteln (Wachstum zuletzt: 55 Prozent p.a.).
Europace-CEO Thomas Heiserowski begründete die Entscheidung für die Sparda Baden-Württemberg damit, dass die Bank „mit zu den progressivsten Anbietern“ in der Baufinanzierung gehöre und bereit sei, „Prozesse neu zu denken“. Vertrieben werden soll der neue Kredit zunächst über das zu Hypoport gehörende Endkunden-Portal Dr. Klein sowie zeitnah auch über einen weiteren Hypothekenvermittler, nämlich PlanetHome.
„Verbindliche Darlehenszusage binnen weniger Stunden“
Laut einem noch unveröffentlichten Whitepaper, das Finanz-Szene einsehen durfte, verspricht Hypoport/Europace mit dem „OneClick“ genannten neuen Produkt eine „verbindliche Darlehenszusage mit fixierten Vertragsdaten vom Kreditgeber bereits innerhalb weniger Stunden“ (zum Vergleich: bei Interhyp ist von 48 Stunden die Rede). Dafür müsse der Kunde lediglich drei Pflichtdokumente liefern, nämlich:
- eine unterschriebene, über den Berater eingereichte Selbstauskunft
- ein Exposé zur Immobilie
- ein Legitimationsdokument
Einschränkend wird allerdings ergänzt, dass es in der Pilotphase zusätzlich noch klassisch „drei aktuelle Gehaltsabrechnungen“ brauche.
Auf dieser Basis seien die Produktanbieter (also die Sparda BW und die Bawag-Tochter Qlick) dann „in der Lage, ein verbindliches Finanzierungsangebot zu unterbreiten“, heißt es in dem Whitepaper weiter. Danach müssten dem Kreditanbieter nur „für die finale Vertragserstellung einige wenige Pflichtunterlagen zur Verfügung gestellt werden“.
Im Vergleich zu den bisherigen Prozessen in der privaten Immobilienfinanzierung bedeuten diese Neuerungen einen materiellen Fortschritt. Zwar werben zum Beispiel die PSD Banken schon länger mit einer „volldigitalen Baufinanzierung“, auch die ING Diba betonte letztes Jahr gegenüber dem „Handelsblatt“, man sei „den ersten Schritt zu einer volldigitalen Baufinanzierung gegangen“.
Solche Formulierungen beziehen sich allerdings in der Regel auf den Kreditantrag. Heißt: Anders als noch vor wenigen Jahren bei praktisch allen Banken und Sparkassen üblich, brauchen private Bauherrn ihre Unterlagen inzwischen nicht mehr in Papierform einzureichen – sondern sie müssen die Dokumente (jedenfalls bei den fortschrittlichen Playern) nur noch digital hochladen. Verglichen mit den Branchenstandards vor fünf oder gar zehn Jahren bedeuten auch diese Optimierungen schon einen Quantensprung.