Nach Gründer-Rückkauf: Holvi schreibt erstmals schwarze Zahlen
Exklusiv: Vor knapp drei Jahren kaufte Holvi-Gründer Tuomas Toivonen sein Startup von der Großbank BBVA zurück. Er verordnete dem Fintech einen rigiden Sparkurs und einige unpopuläre Maßnahmen. Offenbar hat sich das ausgezahlt: Holvi hat erstmals die Gewinnzone erreicht.
Der klassische Weg eines Startups kennt in der Regel nur eine Abfolge: Gründung, Skalierung, Exit. Tuomas Toivonen hatte all das mit seinem Business-Banking-Startup Holvi schon durchgemacht. Doch dann entschied er sich zu einem ungewöhnlichen Schritt: Nach der Übernahme seiner Firma kaufte er Holvi wieder zurück.
Was folgte, war die Wandlung vom schnell wachsenden Scaleup zurück zum selbstfinanzierten Startup. Ohne externes Investorengeld musste die Firma radikal Kosten streichen und seine Umsätze trotzdem steigern. Entgegen der schwierigen Umstände ist dem Team der Sprung in die Gewinnzone nun tatsächlich gelungen. Wie schaffte der Gründer den Turnaround?
Anfang 2021 sah die Zukunft des Fintechs noch düster aus: Fünf Jahre, nachdem die spanische BBVA Holvi übernommen hatte, schien sie den Verkauf zu planen. Zu viel Geld war bereits für Holvis Wachstumspläne verbrannt worden. Zwar hatte Holvi gut 200.000 Kunden, doch der Umsatz lag 2020 bei gerade einmal vier Millionen Euro, dazu schrieb Holvi hohe Verluste, wie aus den BBVA-Jahresabschlüssen hervorging. Zuvor gab es bereits Signale, dass die BBVA ihr Fintech-Portfolio würde bereinigen wollen: Sie übernahm sämtliche Kunden der 2016 übernommenen Banking-App Simple und stellte das Startup anschließend ein.
„Wir waren damals mit der BBVA im offenen Austausch über die aktuellen Entwicklungen“, erzählt Toivonen heute. „Im Rahmen dessen sahen wir im Management-Team die Möglichkeit, ein Buyout vorzuschlagen.“ Schließlich entschied sich der Gründer, sein 2011 gestartetes Unternehmen aus eigenen Mitteln zurückzukaufen. Es sei eine großartige Gelegenheit gewesen, Holvi weiterzuentwicklen und wieder unabhängig zu machen. Als CEO kehrte er an die Spitze des Unternehmens zurück. Zwei Jahre später konnte Toivonen den Umsatz bereits verdoppeln und die Kosten senken. In diesem Jahr läuft das Startup nun profitabel, wie Zahlen zeigen, die Finance Forward exklusiv vorliegen.
Fünf Millionen Euro Gewinn
In diesem Jahr dürfte Holvi 140 Prozent Wachstum schaffen und ist dabei offenbar auf dem besten Weg, die 19-Millionen-Umsatzmarke zu knacken. Seit 2020 stieg der Umsatz mit jährlichen Wachstumsraten zwischen 30 und 50 Prozent stetig an. Dazu rechnet Holvi in diesem Jahr das erste mal in seiner zwölfjährigen Unternehmensgeschichte mit einem Gewinn – fünf Millionen sollen es werden.
Erkauft hat sich Holvi diesen Erfolg mit einem rigiden Sparkurs nach dem Rückkauf, der durchaus unpopuläre Maßnahmen beinhaltete: Sein kostenloses Freemium-Produkt stampfte Holvi ein, gleichzeitig wurden die Preise angehoben und mehr als die Hälfte der Belegschaft musste gehen.
Diese Schritte führten bei vielen Kunden zu Unmut. Auf Vergleichsplattformen wie Finanzfluss machten sie sich ihrem Ärger über das neue Preismodell Luft: „Vor zwei Jahren versprach Holvi, dass das Konto kostenlos sei“, schreibt ein Nutzer. „Vor circa acht Monaten wurde dann ohne mein Einverständnis das Konto von Holvi mit Kontogebühren geführt.“
„Die strategischen Änderungen waren in der Tat eine Herausforderung“, sagt Toivonen dazu. „Doch wenn wir uns unsere Kunden ansehen und wie sie Holvi nutzen, können wir heute sagen, dass sich diese Strategie ausgezahlt hat.“ Offenbar nutzte ein Großteil der Holvi-Kunden das Produkt in der Freemium-Version, was für das Unternehmen netto nur Kosten bedeutet habe.
Nach Beendigung des kostenlosen Angebots schrumpfte die Kundenbasis rapide – auf heute nur noch 35.000. Diese brachten dem Startup dafür aber immerhin relevanten Umsatz. Folglich fokussierte sich das Fintech auf die Entwicklung neuer Services, etwa eine eigene Kreditkarte, um den Ertrag im verbleibenden Kundensegment zu steigern.
Investoren klopfen an
Mittlerweile wächst Holvi – wenn auch in mäßigem Tempo – wieder. Rund ein Drittel der 100 Beschäftigten sitzen in Deutschland, der Rest in Finnland. „Umsatzseitig teilt sich unser Geschäft zwischen Deutschland und Finnland ungefähr 60/40 auf“, sagt Toivonen. „Das soll sich auch in unseren lokalen Teamgrößen widerspiegeln.“ Vor allem am Standort Berlin will das Fintech daher im kommenden Jahr weitere Mitarbeiter einstellen.
Strategisch fokussiere sich Holvi aktuell darauf, seine Zielgruppe zu erweitern. Neben Solo-Selbstständigen will es auch kleine und mittlere Unternehmen als Kunden gewinnen. Dazu arbeitet das Team gerade an etwa einer verbesserten Datev-Anbindung und weiteren Funktionen für den internationalen Zahlungsverkehr.
Auch externe Finanzierungsmöglichkeiten könnten bald wieder ein Thema sein. „Wir könnten uns das auf jeden Fall vorstellen, wenn wir einen Investor finden, der zu uns passt“, sagt Toivonen im Gespräch. Eine neue Hypergrowth-Phase solle dies aber nicht einläuten. Vielmehr wolle er Holvi weiterhin langsam und nachhaltig wachsen. Das Modell könnte nun also eher ein Private-Equity-Fall sein. Wie Toivonen erzählt, gab es aus dieser Richtung auch bereits Anfragen.