Hannah Helmke hat ihr Startup 2016 gegründet (Bild: PR)

„ESG-Siegel sind zu intransparent“: Right-Gründerin Hannah Helmke im FinanceFWD-Podcast

Vor sieben Jahren gründete Hannah Helmke das Startup „Right. Based on Sciences“. Inzwischen wächst die Climate-Tech-Branche stark. Im FinanceFWD-Podcast spricht sie über das Modell ihres Startups, dass sie ESG-Siegel kritisch sieht und warum Venture-Capital-Funding nicht das richtige Finanzierungsmodell ist.

Das vergangene Jahr hat die Startup-Szene stark gebeutelt. Die Investorinnen und Investoren haben ihre Erwartungen von Wachstum zu Profitabilität verschoben und das Wagniskapital saß nicht mehr so locker wie in den Jahren zuvor. Doch es gibt einen Sektor, der davon offenbar kaum betroffen ist – und sogar wachsen konnte: Climate Tech. Laut einer Analyse des Marktforschungsdienstes Holoniq wuchs das globale Investment in Climate-Tech-Firmen im vergangenen Jahr auf 70 Milliarden US-Dollar an – 89 Prozent Wachstum im Vergleich zu 2021.

Auch Hannah Helmke und ihr Mitgründer Sebastian Müller sind bereits 2016 mit einem Climate-Tech-Unternehmen namens „Right. Based on Sciences“ (kurz: Right) an den Start gegangen. Mit ihrem Modell wollen sie Unternehmen Transparenz über ihren Beitrag zum Klimawandel und geeignete Gegenmaßnahmen geben. In fünf Schritten zeigen sie den Status quo der Klimawirkung eines Unternehmens auf, berechnen den Abstand zum 1,5-Grad-Ziel und quantifizieren Strategien und Maßnahmen, die auf die Erreichung dieses Ziels einzahlen. Das ganze basiert auf ihrem selbst-entwickelten X-Degree-Compatibility-Modell (XDC-Modell), das den Einfluss eines Unternehmens auf die Klimaerwärmung in Grad Celsius ausdrückt. Circa 130 Unternehmen berät Right damit.

Transparenz als oberstes Ziel

In den vergangenen Jahren haben sich die Player im Markt für Emissionsberechnungen, zum Beispiel durch Planetly oder MSCI, gemehrt. „Was uns einzigartig macht, ist die Kombination aus dem wissenschaftsbasierten Modell und der einfach kommunizierbaren Gradzahl“, sagt Gründerin Helmke im Podcast. „Anbieter wie Planetly berechnen den CO2-Fußabruck – dieser ist bei uns aber nur ein Teil des Modell-Inputs und berücksichtigt somit nicht die gesamte Wertschöpfungskette.“ Andere Anbieter, wie MSCI, würden sich mit ihrem Scoring an den Finanzmarkt richten, Unternehmen aber keine Transparenz über geeignete Maßnahmen und Steuerung geben. Außerdem rechne der Wert vom MSCI-Modell schon mit ein, dass das jeweilige Unternehmen seine Klimaziele auch erreiche. „Bei uns unterscheiden wir dagegen verschiedene Szenarien, etwa die Erreichung oder Nicht-Erreichung der eigenen Klimaziele“, sagt sie.

Den Trend mit ESG-Siegeln, beispielsweise im Finanzsektor, sieht Helmke kritisch: „Es werden zu viele Aspekte in ein Label gepackt, was das ganze dann sehr schnell intransparent macht.“ Das werfe dann häufig Fragen auf, wie gut diese Finanzprodukte wirklich sind. Früh habe sich Helmke bei Rating-Agenturen und Experten informiert, was eine solche Metrik für den Finanzmarkt wirklich nutzbar mache. „Ich habe da immer eine konsistente Antwort bekommen: Trennschärfe der Inputfaktoren und Transparenz des Modells.“ Mit Right will sie dafür sorgen und absolute Klarheit schaffen.

Gründer wollen finanzielle Souveränität behalten

Das Team hinter Right ist über die vergangenen sieben Jahre organisch und vergleichsweise langsam gewachsen. Im vergangenen Jahr habe das 25-köpfige Team mehr als zwei Millionen Euro Umsatz gemacht. Neben einigen wenigen Investoren wie der GLS Bank und dem Index-Anbieter Solactive gab es bislang keine großen Funding-Runden. Auch das positive Funding-Klima im Climate-Tech-Bereich hat dem Team offenbar keine Lust auf eine Series-A gemacht. „Wir haben eine sehr anspruchsvolle Vision“, sagt Helmke. „Und wir wollen diese sehr souverän und eigenständig umsetzen – mit Partnern und einer Finanzierungsstruktur, die uns unsere Eigenständigkeit bewahrt.“

Gespräche mit Venture-Capital-Firmen hätten die Gründer dazu bewogen, lieber direkt mit Kunden als strategische Partner zusammenzuarbeiten. Erst kürzlich verkündete Right eine 50-Prozent-Beteiligung durch den Immobilien-Entwickler Quantum an einer zuvor ausgelagerten Immobiliensparte des Startups. „So sind wir an Liquidität gekommen, die unsere Souveränität aber nicht beeinflusst hat – zwei Fliegen mit einer Klappe“, so Helmke.

Trotzdem hat das Startup große Ziele. Zusammen mit Quantum und Phoenix Contact hat Right kürzlich ein Entwicklungsprojekt gestartet – die Vision: Das 1,5-Grad-Ziel auch beim Neubau von Immobilien etablieren. „Das könnte ein Projekt sein, was die Immobilienwirtschaft wirklich maßgeblich prägt“, sagt Helmke. Außerdem tüftele das Team aktuell an einem Produkt für Banken. „Wir wollen es der Sparkasse um die Ecke ermöglichen, sehr schnell, pragmatisch und günstig die Klimawirkung ihres Kreditportfolios zu berechnen.“ Einen ersten Test dazu habe Right bereits mit einem Regulator auf EU-Ebene gemacht und gut funktioniert.

Wie Unternehmen ihren Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel leisten können und welche Ziele sie mit Right verfolgt, darüber spricht Helmke im FinanceFWD-Podcast.


Im FinanceFWD-Podcast spricht Helmke über …

… das Geschäftsmodell von Right
… ihre Kritik an ESG-Siegeln
… das Finanzierungsmodell ihres Startups
… ihr Partnernetzwerk
… geplante Zukunftsprojekte

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