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Fintech-Veteranen gründen KI-Startup
Exklusiv: Bekannt wurde er beim Fintech Penta und der Digitalbank Qonto. Nun will Lukas Zörner mit Co-Gründer Anil Baykal mit einem eigenen Startup ins KI-Geschäft einsteigen. Namhafte Investoren konnten sie bereits überzeugen.
Ein weiterer Szenekopf geht unter die Gründer: Lukas Zörner (32), ehemaliger Deutschlandchef der Digitalbank Qonto, startet ein eigenes Projekt. Zusammen mit Anil Baykal (42) hat er das Fintech Integral gegründet, das kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich Buchhaltung und Steuerberatung helfen und Prozesse mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) automatisieren will.
Zur Startfinanzierung erhalten sie 6,3 Millionen Euro – unter anderem von den Berliner Wagniskapitalfonds Cherry Ventures und Puzzle Ventures sowie dem US-Risikokapitalgeber General Catalyst, hinter dem die einflussreiche Investorin Jeannette zu Fürstenberg (42) steht. Daneben investieren auch eine Reihe Gründer aus der Fintech-Szene, etwa Moss-CEO Ante Spittler, Qonto-CEO Alexandre Prot und Taktile-CEO Maik Wehmeyer.
„Wenn ich in meiner Zeit bei Qonto eins gelernt habe, dann, dass viele kleinere Unternehmen Probleme damit haben, in ihrer Buchhaltung compliant zu sein und den richtigen Steuerberater zu finden“, sagt Zörner im Gespräch mit Finance Forward. „Daher bauen wir eine Plattform, mit der sie ihre Buchhaltung, Steuerberatung und Lohnbuchhaltung komplett auslagern können.“ Integral wolle vor allem dadurch einen Mehrwert schaffen, dass es Unternehmen und Steuerberater auf der Plattform direkt verknüpft.
Im Hintergrund kooperiert das Startup dazu mit einer Steuerberatungskanzlei, die die sogenannten Vorbehaltsaufgaben, wie Beratung und Erstellung der Steuererklärung, übernimmt. Laut Handelsregister handelt es sich dabei um einen Geschäftszweig der Steuerkanzlei Boldt aus Berlin.
Ein Selbstläufer dürfte der Versuch nicht werden. Der Markt für Buchhaltungs- und Rechnungslegungs-Software ist umkämpft. Es gibt zahlreiche Anbieter, auch für Teilbereiche. Die Integral-Gründer müssen nun zeigen, dass sie Firmenkunden vom Potenzial ihrer hauseigenen Software überzeugen können. Erfahrung in der Fintech-Szene bringen sie jedenfalls mit: Zörner machte sich in seiner Zeit beim Geschäftskonten-Startup Penta einen Namen. Nach der Übernahme durch den französischen Konkurrenten Qonto stieg er dort zum Deutschlandchef auf, bevor er im vergangenen Jahr nach fast sieben Jahren ausstieg. Auch Baykal bringt Fintech-Erfahrung mit, arbeitete etwa als CTO beim Startup-Builder Finleap von Seriengründer Jan Beckers (42).
Den deutschen Markt für Buchhaltung und Steuerberatung schätzen die Gründer auf 45 Milliarden Euro. Unternehmen würden im Schnitt knapp zwei Prozent ihres Umsatzes für steuerliche Compliance aufwenden. Einen Teil davon wollen sie nun mit Integral abschöpfen.
KI-Agenten für Steuerfragen
Technisch wollen Zörner und Baykal auch auf KI setzen. In der Branche findet sich das Buzzword mittlerweile häufig in Pitch-Decks, um Investoren zu überzeugen. Meistens beschränkt sich die Anwendung dann aber auf simple Features, wie das Auslesen von Dokumenten oder die Beantwortung einfacher Kundenanfragen. Integral will indes mit anspruchsvolleren Lösungen auftrumpfen und sogenannte „Agentic Workflows“ einsetzen. Dabei handelt es sich um KI-Systeme, die eigenständig Entscheidungen treffen, sich an veränderte Umstände anpassen und Aufgaben ohne ständige menschliche Überwachung ausführen können. Manche KI-Experten sehen diese Form der „KI-Agenten“ als nächsten Trend in der Branche. Große Tech-Konzerne wie Microsoft, Google oder Salesforce arbeiten bereits an entsprechenden Modellen.
Integral will dafür sein KI-Modell selbst entwickeln. „Uns ist dabei wichtig, dass das System nicht eigenständig Aktionen durchführt, sondern immer in einen verpflichtenden Freigabeprozess zum Beispiel durch den Partnersteuerberater eingebunden ist“, sagt Zörner.
Erste Kunden gibt es laut Firmenwebsite bereits, darunter die KI-Plattform Langdock, dessen CEO Lennard Schmidt (27) ebenfalls als Business Angel bei Integral beteiligt ist. Zunächst wolle sich das Fintech nun auf Kunden aus dem Dienstleistungsgewerbe fokussieren, so Zörner. Die Marschrichtung sei aber klar: Die beiden Gründer wollen das Produkt langfristig auf weitere Branchen und vor allem in ganz Europa skalieren.