Monzo erhält wieder neues Geld (Bild: PR)

Funding stagniert: Besonders deutsche Fintechs haben es schwer

Im zweiten Quartal bleibt das Fundingvolumen für europäische Fintechs fast unverändert. Deutsche Fintechs hatten im Vergleich allerdings Probleme, Risikokapital aufzunehmen. Wer hatte trotzdem Erfolg?

Auch im zweiten Quartal bleibt das große Wachstum im Fintech-Funding aus. Das zeigt eine Erhebung des Wagniskapitalgebers Blackfin für Finance Forward. Demnach bleiben fast alle Kennzahlen auf identischem Niveau wie in den ersten drei Monaten dieses Jahres. So pendelt sich das gesamte Funding-Volumen auf gut 1,9 Milliarden Euro ein, auch die Anzahl der Funding-Runden und durchschnittliche Größe veränderten sich praktisch nicht im Vergleich zum Vorquartal:

Deals im zweiten Quartal: 121 (Vorquartal: 121; Vorjahr: 185)
Eingesammeltes Kapital: 1,9 Milliarden Euro (Vorquartal: 1,9 Milliarden Euro; Vorjahr: 1,6 Milliarden Euro)
Eingesammeltes Kapital der zehn größten Deals: 829 Millionen Euro (Vorquartal: 1 Milliarde Euro; Vorjahr: 759)
Durchschnittliche Finanzierungsrunde: 16,0 Millionen Euro (Vorquartal: 16,8 Millionen Euro; Vorjahr: 10,3 Millionen Euro)
Median der eingesammelten Finanzierungsrunde: 5,7 Millionen Euro (Vorquartal: 5,2 Millionen Euro; Vorjahr: 3,7 Millionen Euro)

Auch die Verteilung zwischen Seed-Runden und so genannten „Megarunden“ ab 100 Millionen Euro bleibt ähnlich wie im Vorquartal. Zuletzt hatte es wieder mehr dieser große Runden gegeben, Wachstumsrunden dagegen waren rar. Dieser Trend setzte sich auch zwischen April und Juni fort. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich vor allem, dass die Summen je Finanzierungsrunde mittlerweile wieder deutlich höher ausfallen.

Romain Grimal vom Investor Blackfin beobachtet einen weiterhin stark polarisierten Markt. „Etablierte Unternehmen – zum Beispiel Monzo und Ageras – füllen riesige Kriegskassen, um ihren Burggraben weiter auszubauen. Etwas versteckte Champions wie Prewave ziehen erhebliche Mittel an“, sagt er gegenüber Finance Forward. „Auch die Seed-Aktivität bleibt stark, aber für Unternehmen der Series A bis C, die kein außergewöhnliches Wachstum aufweisen oder die ,Rule of 40‘ nicht erfüllen, bleibt die Mittelbeschaffung eine Herausforderung.“ Nach dieser Regel sollte die Summe aus Umsatzwachstum und Free-Cashflow-Marge eines Unternehmens mindestens 40 Prozent betragen.

Moss-Gründer Ante Spittler zeichnet im FinanceFWD-Podcast ein ähnliches Bild: „Der Growth-Markt ist noch in einer sehr schlechten Verfassung.“ Wenn er mit Investoren spreche, würde es oft heißen ,Wir sind super aktiv‘, doch auf die Frage, wie viele Deals sie in den letzten 12 Monaten gemacht hätten, hieße es nur ,ein bis zwei‘. „Früher waren es aber acht“, sagt er. Die schwierigen Marktbedingungen habe auch er im Fundraising bemerkt und musste zuletzt mit seinem Fintech eine leichte Abwertung hinnehmen.

Wenig Geld fließt nach Deutschland

Aus deutscher Sicht fällt das Quartal eher bescheiden aus: Keine der zehn größten Runden floß an ein hiesiges Startup. „Auf europäischer Ebene gibt es klare Anzeichen für eine breite Erholung der Fintech-Finanzierung“, kommentiert Grimal. „Auf Länderebene zeigt sich allerdings ein anderes Bild: In Großbritannien ist die Aktivität in allen Phasen stark, während deutsche und niederländische Fintechs und Insurtechs offenbar Schwierigkeiten haben, Investoren zu finden.“

Die größte Runde hierzulande betrug 35 Millionen Euro und ging an den Lending-as-a-Service-Anbieter Finmid. Unter anderem Earlybird und N26-Gründer Maximilian Thayental stiegen bei dem Berliner Fintech, das von zwei ehemaligen N26-Managern gegründet wurde, ein.

Daneben erhielt Wefox nach turbulenten Monaten eine Kapitalspritze. Insgesamt 25 Millionen Euro investierten Altinvestoren in das Insurtech. Zuvor waren Informationen um einen Streit zwischen den Eigentümern über einen möglichen Verkauf laut geworden. Dieser dürfte mit der rettenden Finanzierung erst einmal vom Tisch sein. Das Geld solle nun zur Umstrukturierung der Gruppe verwendet werde, wie das Startup auf seiner Website mitteilte. Als Folge werde sich das Unternehmen aus dem deutschen Markt zurückziehen.

Weitere Millionen flossen unter anderem in diese deutschen Fintechs:

Andere suchen noch nach Kapital: Laut Informationen von Finance Forward soll sich Versicherungsmakler Clark aktuell nach Geldgebern umschauen, die dem Startup 100 Millionen Euro geben. Das Geld soll auch in größere Zukäufe fließen, besonders im Maklergeschäft für Privatkunden, sagte Deutschland-Chef Benedikt Kalteier dem Handelsblatt. Die Runde soll im Sommer abgeschlossen werden, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilt.

Starke Konkurrenz in Europa

Dominiert wird die Top-10-Liste dagegen mal wieder von britischen Fintech-Playern – allen voran die Neobank Monzo, die zum zweiten mal in Folge das höchste Funding einstrich. Nachdem das Team im März bereits gut 400 Millionen Euro von Investoren erhielt, legte es im Mai noch einmal mit weiteren 170 Millionen Euro nach.

Daneben ging ein Großteil des Kapitals an Anbieter aus der Banktech-Branche, die sich vor allem auf Finanz- und Geschäftsplanung sowie Buchhaltung fokussieren. 135 Millionen schloss etwa das Pariser Geschäftsplanungs-Tool Pigment ab. Ein Grund für das Riesenfunding dürfte auch gewesen sein, dass das Fintech seinen Umsatz im vergangenen Jahr verdreifacht und seine Kundenbasis verdoppelt hat, wie das Unternehmen im Januar mitteilte.

Insgesamt verharrt das Fundingvolumen also weiter auf Vor-Boom-Niveau, mit deutlich mehr Runden ab 40 Millionen Euro. Derweil dürfte der Wachstumsmarkt auch in den folgenden Quartalen schwach bleiben. Grimal prognostizierte bereits im April, dass die nächste Welle an Runden dieser Größenordnung erst wieder ab Ende des Jahres folgen könnte.