Exit an Volksbanken – Fincompare wird für 15 Millionen Euro verkauft
Exklusiv: Es ist die bislang prominenteste Übernahme eines deutschen Fintechs durch einen klassischen Player. Ein Gruppe von Volksbanken übernimmt die Kreditplattform Fincompare. Es gibt bereits ein erfolgreiches Vorbild innerhalb der Genobanken-Gruppe.
Der bekannte Berliner Kreditvermittler Fincompare legt nach Recherchen von Finance Forward und Finanz-Szene einen Exit hin. Demnach übernimmt eine Gruppe der genossenschaftlichen Banken, darunter die DZ Bank, der eigene IT-Dienstleister Atruvia sowie diverse Volksbanken, das Unternehmen. Für den Deal soll der Käufer rund 15 Millionen Euro gezahlt haben, heißt es aus dem Firmenumfeld. Ein Rückschritt zu den Unternehmensbewertungen der vergangenen Jahre: Prominente Geldgeber wie Speedinvest oder die Direktbank ING hatten insgesamt mehr als 20 Millionen Euro investiert. Doch die Coronakrise haben dem Kreditvermittler zu schaffen gemacht, heißt es.
Fincompare ist ein Vergleichsportal, das kleinen und mittleren Unternehmen einen digitalen Zugang zu Krediten von Banken und sonstigen Finanzdienstleistern verspricht. Seit der Gründung 2016 wurden über das Berliner Fintech laut unseren Informationen gut 2.000 Finanzierungen mit einem Volumen von mehr als 200 Millionen Euro vermittelt – im Schnitt belaufen sich die Finanzierungen also auf rund 100.000 Euro. Fincompare gilt unter den digitalen KMU-Kreditvermittlern hierzulande als Nummer zwei, liegt hinter dem Düsseldorfer Erzrivalen Compeon allerdings deutlich zurück. Der hatte allein 2019 Finanzierungen im Umfang von rund 450 Millionen Euro vermittelt und strebte – nach einem leichten Corona-Knick 2020 – für das laufende Jahr ein Volumen von 750 Millionen Euro an.
Dass Fincompare sich in den vergangenen Jahren schwächer entwickelt hat als Compeon, dürfte ein wesentlicher Grund sein, warum die Genobanken jetzt vergleichsweise günstig zuschlagen können. Zum Vergleich: Vor drei Jahren hatten sich die ING Groep (also die niederländische Mutter der ING Diba) und weitere Investoren für rund zehn Millionen Euro lediglich einen Minderheitsanteil an Fincompare gesichert. Die Amsterdamer Großbank scheidet genauso wie sämtliche anderen Altgesellschafter im Zuge der aktuellen Transaktion aus.
Für Fincompare bietet der Deal eine große Chance. Denn beide Seiten des Marktplatzes können über die Volksbanken einen massiven Zulauf erhalten. Über die Berater der Banken lassen sich die Finanzierungsprodukte vertreiben, zusätzlich kann die Volksbank an Unternehmen eigene Kredite mit integrieren oder andere Formen wie Factoring an andere Anbieter vermitteln.
Ist „Genopace“ die Blaupause für „Geno-Fincompare“?
Interessanterweise gibt es innerhalb des Genosektors eine Blaupause für die jetzige Transaktion. Denn: Schon seit Jahren betreiben die Volks- und Raiffeisenbanken gemeinsam mit dem Berliner Fintech-Riesen Hypoport die sogenannte „Genopace“-Plattform. Dabei handelt es sich um einen Marktplatz, über den Genobanken private Baufinanzierungen an andere Genobanken weiterreichen. Wie rasant sich dieses Geschäftsmodell entwickelt, offenbarten zuletzt die Halbjahreszahlen von Hypoport: Demnach wurden über Genopace allein von Januar bis Juni Kredite mit einem Volumen von 6,3 Milliarden Euro vermittelt – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Steigerung von 83 Prozent.
Ein solches Konstrukt soll das Fintech im Blick gehabt haben. Auch mit dem strategischen Anteilseigner ING wäre es ähnliches Modell denkbar gewesen. Stephan Heller startete die Finanzierungsplattform 2016, verließ die Firma dann allerdings in diesem Frühjahr, um in München ein Startup-Programm für Intel aufzubauen.
Luv Singh übernahm die Leitung der Firma. Bei einer letzten Überbrückungs-Finanzierung hätten einige Wagniskapitalgeber und der Gründer noch einmal Geld nachgeschossen, heißt es. Genau diese Anteilseigner dürften jetzt von dem Deal profitieren. Es ist nun sicherlich eine Bewährungsprobe, wie die nächste Skalierungsphase innerhalb einer Bankengruppe funktioniert. Das Team soll bestehenden bleiben und eigenständig arbeiten.
Weitere Details zur Strategie der Genobanken mit ihrem Zukauf lest ihr bei Finanz-Szene.