Bekannt werden sollte das Startup mit Investments in Wälder (Bild: Nathan Anderson/Unsplash)

Alexander Samwers Fintech-Wette Econos macht dicht

Exklusiv: Die Investoren, unter anderem Alexander Samwer, stampften die Investmentplattform Econos ein. Das Fintech wollte Privatanlegern niedrigschwelligen Zugang zu sonst teuren Investments bieten – bis die Bafin im Dezember eines der zwölf Produkte untersagte.

Mitte Dezember hat die Bafin eine Meldung veröffentlicht. Das Münchner Startup Econos müsse ein Angebot an seine Kunden sofort unterbinden, die Finanzaufsicht habe „erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz“. Jetzt, wenige Monate später, macht die Investmentplattform dicht, wie Finance Forward und Capital erfuhren.

Dabei ist die Lage diffus. Das Startup war mit Investments in Wälder für Privatpersonen in den Schlagzeilen großer deutscher Zeitungen gelandet, hinzu kamen Assets wie Solarfirmen. Die Investmentplattform baute damit auf den Nachhaltigkeitsboom der vergangenen Jahre, angeschoben von Pelion Green Future, ein Investmentarm von Alexander Samwer.

In München herrschte nach Informationen von Finance Forward und Capital am Tag der Bafin-Meldung Krisenstimmung. Econos befand sich demnach in Investorengesprächen, um selbst Kapital für das weitere Wachstum aufzunehmen. Die Gespräche wurden auf Eis gelegt, das Startup pausierte seine komplette Produktpalette (Finance Forward berichtete). Jetzt ist endgültig Schluss, Econos hat in den vergangenen Wochen alle laufenden Investments gekündigt. „Das von Ihnen abgeschlossene Solar-, Batteriespeicher- und Windkraftinvestment in Australien wird vorzeitig beendet und aus dem aktiven Management der Econos-Gruppe genommen“, heißt es beispielsweise in einer Kundenmail. Das investierte Kapital werde innerhalb von zwei Wochen zurücküberwiesen.

Verbots-Meldung als Todesstoß

Auf Nachfrage bestätigt Econos den Schritt. „Es werden in jedem einzelnen Fall die vollen Investitionssummen sowie möglicherweise angefallene Zinsen zurückgezahlt“, teilt das Unternehmen mit. Kunden berichten indes von einer „miserablen Kommunikation“, Mitarbeiter seien teils nicht mehr erreichbar.

Aus Branchenkreisen heißt es, das Unternehmen solle abgewickelt werden, auch weil Alexander Samwer und die weiteren Geldgeber den Stecker nach der Bafin-Meldung gezogen haben. Der Gegenwind sei nach der Bafin-Meldung zu groß gewesen, die Kundenakquisekosten mit einem Schlag in die Höhe geschossen. Stiftung Warentest hatte etwa in einem Blogbeitrag vor den „hoch riskanten“ Investments gewarnt. Das Geschäft, auch für die elf weiteren Produkte, wurde Samwer und den anderen Investoren offenbar zu teuer. „Aktuell werden für Econos verschiedene Optionen für den weiteren Geschäftsverlauf geprüft“, heißt es offiziell. Mitgründer Tim Willmann hat Econos bereits verlassen – inzwischen arbeiten laut Linkedin neben den beiden anderen Gründerinnen nur noch zwei Personen.

Intern wird alles darauf zurückgeführt, dass die Bafin das ein einzelnes Produkt von Econos öffentlichkeitswirksam an den Pranger gestellt hatte. Dabei geht es um Investitionen ab 100 Euro in grüne Wagniskapital-Fonds wie World Fund und Planet A. Der Claim von Econos: Eine lukrative Assetklasse, die bislang nur reichen Anlegerinnen und Anlegern vorbehalten war, zu demokratisieren. Doch die Bafin stört sich daran.

Viel Kontext hat die Bafin in der Verbots-Mitteilung nicht gegeben. Das Problem dürfte sein, dass Wagniskapital-Investments als sogenannte Spezial-AIF nach der deutschen Regulatorik professionellen und semi-professionellen Anlegerinnen und Anlegern vorbehalten sind. Das soll verhindern, dass unerfahrene Privatpersonen Anlageprodukte mit einem erhöhten Verlustrisiko, dass sie nicht einschätzen können, verkauft wird. Dass Kleinanleger niedrigschwellig über tokenisierte Schuldverschreibungen wie bei Econos, Tokenstreet oder Inventure in Wagniskapital-Fonds investieren, will die Bafin also offenbar unterbinden.

Weitere Anbieter im Visier der Bafin

Wenige Tage nach Veröffentlichung der Mitteilung hatte die Bafin im Dezember ihre Meldung zu Econos wieder von der Webseite genommen. Bevor sie eine solche Veröffentlichung anstrebt, muss die Behörde das betroffene Unternehmen bilateral kontaktieren und die Möglichkeit geben, Stellung zu nehmen. Das ist nach Informationen von Finance Forward und Capital in diesem Fall nicht passiert – ein Faux Pas der Finanzaufsicht. Der Rechtsgrund für die Verbotsanordnung sei grundsätzlicher Natur und habe weiterhin Gültigkeit, hieß es damals.

Doch die Mitteilung hatte ihre Wirkung – in der Branche wurde das Verbot diskutiert und auch zu potenziellen Kunden drang die Meldung durch. Auch andere Anbieter wie Tokenstreet oder Inventure sind mit den gleichen Angeboten am Markt – sie nutzen das gleiche Bafin-lizensierte Haftungsdach im Hintergrund. Die Effecta GmbH hatte in der Folge allerdings sämtliche Finanzprodukte aus dem aktiven Vertrieb genommen, die eine ähnliche Struktur besitzen. Gegenüber der Econos-Konkurrenz hatte die Bafin bislang allerdings kein Verbot ausgesprochen.

Das wirft Fragen nach der Methodik der Finanzaufsicht auf. Warum hat es Econos getroffen, aber nicht die Konkurrenz? Eine mit den Vorgängen vertraute Person sagt, dass die Bafin sich den anderen Anbieter erst nach einem Bericht von Finance Forward gewidmet habe. „Dass auch andere Anbieter entsprechende oder ähnliche Emissionen anbieten beziehungsweise in der Vergangenheit angeboten haben, ist uns bekannt“, teilt eine Bafin-Sprecherin auf Anfrage mit. Zu einzelnen Verfahren dürfe sich die Behörde „allerdings leider aufgrund gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten“ nicht äußern. Das legt nahe, dass sich die Behörde derzeit auch mit Tokenstreet und Inventure auseinandersetzt.

Der verbotene Fonds habe lediglich fünf Prozent des gesamten verwalteten Vermögens von Econos ausgemacht, sagt ein Insider. Nach der Darstellung aus Branchenkreisen haben diese fünf Prozent gereicht, dass die Bafin mit dem Hammer auf Econos gehauen hat. Dann muss sie sich die Frage gefallen lassen, ob diese Mitteilungen zu einzelnen Produkten einzelner Anbieter es im Sinne des Anlegerschutzes Wert sind, die Geschäftstüchtigkeit des gesamten Unternehmens zu riskieren. Beantworten will die Behörde diese Frage nicht.

Hinweis: Einige Passagen im Text wurden nachträglich angepasst.