Dock Financial beteiligt sich an Compeon – und will an dessen Kunden
Exklusiv: Die Finanzierungsplattform Compeon holt einen neuen Geldgeber an Bord. „Dock Financial“ kauft sich bei der Düsseldorfer Firma ein. Was ist der Hintergrund des ungewöhnlichen Deals?
Spannender Deal in der deutschen Fintech-Branche: Der Münchner Payment-Spezialist „Dock Financial“ steigt laut exklusiven Informationen von Finanz-Szene und Finance Forward mit zehn Prozent bei der Düsseldorfer KMU-Finanzierungs-Plattform Compeon ein. Dabei übernimmt Dock Financial die Anteile eines Altgesellschafters – zu einer Kapitalerhöhung kommt es also nicht. Zum Kaufpreis wollte sich keiner der Beteiligten äußern. Gemessen an der Bewertung Compeons bei früheren Finanzierungsrunden (im Jahr 2020 waren die Rheinländer mit 50 Millionen Euro bewertet worden, wie sich aus dem damaligen Jahresabschluss errechnen lässt) würde ein mittlerer, eventuell auch höherer einstelliger Millionenbetrag realistisch erscheinen.
Dock Financial ist ein neuer Name, aber kein neuer Player in der Branche. Das Unternehmen hieß bis Anfang dieses Jahres noch Crosscard und war ursprünglich mal ein Spin-off des milliardenschweren deutsch-britischen Zahlungsdienstleisters PPRO. Im vergangenen Jahr hatte einer der PPRO-Gründer, nämlich Philipp Nieland, Crosscard gemeinsam mit dem ehemaligen Solarisbank- und Penta-Manager Marko Wenthin übernommen (Finance Forward berichtete). Seither arbeitet das Duo an einer Neuausrichtung des Unternehmens – gestützt auf frischem Kapital, das unter anderem vom Londoner Wachstums-Investor Claret Capital Partners kommt. Die strategische und finanzielle Verbandelung mit Compeon sei nur eine der Initiativen, welche die „neue“ Dock Financial momentan ergreife, heißt es.
Bei Compeon wiederum handelt es sich um den mutmaßlich größten digitalen Vermittler von KMU-Krediten hierzulande. Das Geschäft läuft so, dass Mittelständler auf der Plattform eine Kreditanfrage einreichen, die dann automatisiert mit den Finanzierungskonditionen bei Banken und anderen Kreditgebern abgeglichen wird. Kommt es zu einem Abschluss, erhält Compeon vom Finanzdienstleister eine Provision. Das vermittelte Volumen für das abgelaufene Geschäftsjahr gibt CEO Frank Wüller mit 700 Millionen Euro an.
Dock Financial und Compeon launchen gemeinsame Firmenkarte
Der Einstieg von Dock Financial bei Compeon ist verknüpft mit der Idee, ein gemeinsames Kreditkarten-Angebot für Mittelständler auf den Markt bringen (also quasi das Produkt von Dock Financial für die Kunden von Compeon). Das dahinterstehende Karten-Scheme ist Mastercard; Dock Financial – ausgestattet mit einer E-Geld-Lizenz – tritt als „Issuer“ auf und kümmert sich um die Zahlungsabwicklung; und Compeon stellt die App, über welche die Mittelständler die Firmenkarten verwalten sollen. Bei Einsatz der Karte sollen beide Fintechs an der Interchange-Gebühr verdienen.
Das strategische Kalkül hinter der Kooperation liegt somit auf der Hand: Compeon versucht seine Produktpalette über die bislang angebotenen Finanzierungs-Angebote hinaus auszuweiten (was im Erfolgsfall nicht nur zu höherem, sondern auch zu stetigerem Cashflow führen würde) – während Dock Financial einen vertrieblichen Zugang zu einer potenziell lukrativen Zielgruppe erhält. Dabei geht es für die Münchner auch darum, sich von aufstrebenden Payment-Fintechs mit sehr ähnlichen Geschäftsmodellen abzuheben – allen voran die in diesem Jahr hoch bis exorbitant gut gefundeten Pliant (18 Millionen Euro) und Moss (75 Millionen Euro). Diese beiden umgarnen bislang tendenziell eher jüngere Digitalunternehmen mit ihren Firmenkarten.
Nach Angaben von Dock Financial und Compeon wurde das gemeinsame Angebot in einer Pilotphase bereits getestet und soll zum Jahresende ausgerollt werden – wobei Finanzberater aus dem Compeon-Netzwerk den Vertrieb ankurbeln sollen. Bei Compeons letztem Funding (15 Millionen Euro im Januar 2021) hatten sich neben den Bestandsinvestoren Tengelmann, b-to-v Partners und Dieter von Holtzbrinck Ventures auch die NRW-Bank und die Qatar Development Bank beteiligt.