Ehemaliger Check24-Chef Christoph Röttele (Bild: PR).

Check24-CEO Christoph Röttele verlässt das Vergleichsportal überraschend

Exklusiv: Er gehört zu den wichtigsten deutschen Digital-Managern, nun scheidet Check24-Chef Christoph Röttele nach Informationen von Finance Forward und Finanz-Szene bei dem Marktführer aus. Gründer Henrich Blase übernimmt die Verantwortung für die C24 Bank. Was sind die Gründe?

Es ist wie so oft bei Check24, dem verschwiegenen Münchner Vergleichsriesen. Keine Pressemitteilung. Keine Notiz auf der Website. Keine sonstige Verlautbarung.

Noch Anfang April hatte Christoph Röttele im Podcast von Finanz-Szene ausführlich über die hauseigene C24 Bank gesprochen. Er wirkte engagiert und motiviert, scheinbar frohgemut, nach rund zweijähriger Vorbereitung endlich richtig loslegen zu können mit dem Großprojekt. Die C24 Bank war schließlich Rötteles Baby.

Doch nun haben Finance Forward und Finanz-Szene in Erfahrung gebracht, dass Röttele – als „CEO“ und „Sprecher der Geschäftsführung“ sechs Jahre lang der Chef von Check24 – per 21. April ausgeschieden ist. Ein ziemlicher Hammer. Erst auf explizite Nachfrage sandte der Milliarden-Konzern eine dürre Nachricht: „Wir bedanken uns bei Christoph Röttele für die jahrelange, vertrauensvolle Zusammenarbeit und seine herausragenden Leistungen wie beispielsweise den erfolgreichen Aufbau unserer C24 Bank“, wird Gründer Henrich Blase darin zitiert. Dazu der Satz, Röttele verlasse das Unternehmen „auf eigenen Wunsch, um mehr Zeit für seine Familie zu haben“.

And that’s it. Einer der wichtigsten deutschen Digital-Manager – ist dann halt mal weg.

Eine Rückkehr ist nicht ausgeschlossen

Tatsächlich gibt es nachvollziehbare private Gründe für die Demission, auch wenn diese in der Mitteilung ungenannt bleiben. Schon seit einigen Monaten waren die beiden Check24-Gründer – also Blase und Eckard Juls – über den Schritt informiert. In den nächsten Wochen wird Röttele noch den Übergang sicherstellen, danach in eine mehrmonatige berufliche Auszeit entschwinden. Eine Rückkehr ist nicht fix verabredet, allerdings auch nicht ausgeschlossen, heißt es. Fest steht nur, so jedenfalls heißt es aus dem Konzern: Auf den CEO-Posten wird Röttele nicht mehr zurückkehren. Wobei nicht einmal feststeht, ob die Position überhaupt nachbesetzt wird.

Um den Schritt nachzuvollziehen, muss man Check24 verstehen. Es gibt viele Beispiele erfolgreicher Internetunternehmen, bei denen sich die Gründer irgendwann aus der operativen Führung zurückziehen, öffentlich aber präsent bleiben. Bei Check24 ist es gewissermaßen umgekehrt. Der eine Gründer, nämlich Juls, agierte eigentlich immer schon im Hintergrund, der andere, also Blase, tat dies spätestens seit Rötteles Amtsantritt 2015. Wenn doch einmal etwas verkündet wurde in den zurückliegenden Jahren oder ein Interview zu geben war, dann repräsentierte Röttele das Unternehmen nach außen.

Innerhalb des Konzerns dagegen waren Blase und Juls nach Rötteles Berufung kaum weniger präsent als vorher, sagen Eingeweihte. Was das Formelle angeht: Die Gründer haben sich, auch wenn man das manchmal meinen könnte, mitnichten in irgendeinen „Aufsichtsrat” oder „Beirat“ zurückgezogen. Sondern: Blase und Juls waren auch in der „Ära Röttele“, was sie immer waren, nämlich Mitglieder der Geschäftsführung, der zuletzt fünf und jetzt eben nur noch vier Personen (genauer: Männer) angehören.

Was das Faktische angeht: Die Führungsriege von Check24 hockt seit Jahr und Tag in einem keineswegs üppigen Großraumbüro aufeinander. Wichtige Entscheidungen werden kollegial und informell getroffen, im Zweifel gelte das Prinzip „Disagree and commit“, hat mal einer aus der Kombo gesagt. Indes – irgendwer muss halt die letzte Instanz sein. Es ist nicht ganz klar, ob das in den letzten Jahren der CEO Röttele war. Oder eben doch die beiden Gründer.

Der Einfluss von Gründer Henrich Blase könnte zunehmen

Und so könnte der tägliche Einfluss von Gründer Blase nun sogar wieder zunehmen. Der bald 54-Jährige, so heißt es aus dem Unternehmen, solle innerhalb der Holding-Geschäftsführung in jedem Fall die Verantwortung für die C24 Bank übernehmen. Ob das auch für Rötteles übrige Zuständigkeiten gilt (neben der Bank kümmerte sich der frühere Permira-Manager auch um die Finanzvergleiche), ist dagegen noch unklar.

Bei den internen Erwägungen, wie der Abgang inhaltlich kompensiert werden soll, spielt auch die Struktur des Check24-Konzerns eine Rolle. Unterhalb der Holding-Ebene sind nicht weniger als rund 70 einzelne GmbHs aufgehängt. Man kann sich das ungefähr so vorstellen: Für jeden Vergleich eine Gesellschaft. Intern werden diese GmbH als „Verticals“ bezeichnet, Röttele hatte sie vergangenen Herbst in einem Interview mit Capital und Finance Forward mit „Schnellbooten“ verglichen. Rötteles Position nicht mit einem neuen CEO zu besetzen, wäre ein Signal, dass der Entscheidungs-Spielraum dieser Verticals weiter wachsen soll, heißt es im Konzern. Man könnte es freilich auch als Signal deuten, dass sich Henrich Blase aus der operativen Führung so bald nicht zurückziehen wird. Oder anders gesagt: Bis dann eines Tages mal ein CEO kommt, der Check24 nicht nur neben Blase, sondern anstelle Blases regiert, könnten noch ein paar Jahre ins Land ziehen.

Da Check24 – unter fröhlicher Missachtung geltender Publizitätspflichten – traditionell keine Geschäftszahlen veröffentlicht, lässt sich von außen schwer beurteilen, wie sich der Finanzbereich in den vergangenen Jahren unter Rötteles direkter Zuständigkeit entwickelt hat. Das – jenseits des Versicherungsgeschäfts, dem Check24 ursprünglich entstammt – wichtigste Geschäftsfeld sind die Ratenkredite. Hier dürften die Münchner ihre Marktposition gegenüber den Verfolgern Smava und Finanzcheck in den vergangenen Jahren zwar nicht unbedingt ausgebaut, aber doch verteidigt haben. Wie man weiß, hat Smava jüngst Finanzcheck übernommen und angekündigt, die Marktführerschaft anzustreben. Ein ambitioniertes, aber nicht aussichtsloses Unterfangen.

Es gibt aber auch Felder, in denen Check24 weiterhin nicht der Marktführer ist. Bei dem Vergleich von Baugeld etwa, ein Terrain, das klassischerweise von Interhyp und dem Berliner Ur-Fintech Hypoport („Dr. Klein“) beherrscht wird und wo man nicht weiß, wie stark der Münchner Generalist gegenüber den beiden Spezialisten aufgeholt hat. Im Einlagenbereich wiederum kam die wichtigste Innovation der zurückliegenden zehn Jahre – nämlich die Vermittlung hiesiger Spargelder an ausländische Zielbanken – nicht von Check24, sondern von zwei Fintechs: Raisin („Weltsparen“) und Deposit Solutions („Zinspilot“).

Eine zentrale Rolle beim steten Versuch, sich über die Produktvergleiche hinaus als zentrale Anlaufstelle des Kunden zu positionieren, sollte derweil der sogenannte Check24-Finanzmanager spielen. Das war eine Art Metakonto, vergleichbar mit der Finanzguru-App des Multibanking-Spezialisten Dwins. Vor einem Jahr stellte Check24 den „Finanzmanager“ überraschend ein (Finance Forward berichtete). Die Funktionen seien künftig in der normalen Check24-App zu finden, beschwichtigte das Unternehmen. Ein Rückschlag war es dennoch.

Ein Frontalangriff der Konkurrenz sieht anders aus

Zur Wahrheit gehört freilich auch: Obwohl nicht alles, was Check24 anpackt, auch ein Erfolg wird, ist die Marktposition der Münchner mit ihren je nach Definition 8 bis 15 Millionen Kunden weiterhin ungeheuer stark. Als die Fintech-Größe Finleap zuletzt mit dem Vergleichsangebot Joonko zum Generalangriff auf Check24 blies, scheiterte dieses Unterfangen eher kläglich – genauso wie einst der Versuch der Huk24, mit Transparo einen eigenen Versicherungsvergleich zu etablieren. Und: Während ein Fintech wie Smava dem Platzhirsch immerhin Paroli bietet, scheint der langjährige Hauptrivale Verivox (ursprünglich ein reiner Spezialist für Strom und Gas) bei Finanzprodukten seine Ambitionen bereits wieder zu drosseln. So zumindest zeigen es weitere Recherchen von Finance Forward und Finanz-Szene.

Zur Erinnerung: 2017 hatte die Pro7-Tochter Verivox mit der Übernahme der beiden Fintechs Outbank, Aboalarm und Teilen von Getsafe eigentlich zur Offensive im Finanzbereich geblasen. Die jüngst im Bundesanzeiger veröffentlichten Geschäftszahlen für 2019 sprechen allerdings eine andere Sprache. Der Umsatz schrumpfte von 132 Millionen Euro auf 115 Millionen Euro. Als Gründe führt das Unternehmen die Insolvenz eines Billigstromanbieters an. Weiter heißt es: „Durch aggressive Marketing-Ausgaben Ende 2018 und im Januar/Februar 2019 wurden nicht nachhaltige Vebrauchernachfragen generiert.“ Außerdem kündigte Verivox eine Restrukturierung an. Ob es auch zu Entlassungen kam, beantwortet der Eigentümer Prosiebensat1 nicht. Der Medienkonzern geht zwar nach den Einmaleffekten von einem weiterem Wachstum im Jahr 2020 aus, hat seine Erwartungen jedoch heruntergeschraubt, wie im Geschäftsbericht zu lesen ist. Die Führung will das Unternehmen vor allem auf Profitabilität trimmen, heißt es von einem Insider. Doch das Finanz- und Versicherungsgeschäft war 2019 defizitär. Schon heute liegt der Fokus stärker auf dem früheren Stammgeschäft Strom und Gas sowie Telekommunikation. Ein Frontalangriff sieht anders aus.

Check24 jedenfalls scheint die Schwäche des in Heidelberg ansässigen Konkurrenten gleich ausnutzen zu wollen. Vor einem halben Jahr hatte Dagmar Ginzel, langjährige Kommunikationschefin von Verivox, bei Check24 angeheuert. Ein veritabler Coup. Nun: Folgt unseren Recherchen zufolge der nächste Streich. Denn per 1. April ist auch Thilo Knaupp, zuletzt zwei Jahre lang Geschäftsführer der beiden Verivox-Fintechs Outbank und Aboalarm, nach München gewechselt.

Laut seinem Social-Media-Profil trägt auch Knaupp bei Check24 den Titel eines „Geschäftsführers“, sein Tätigkeitsfeld umreißt er bei Linkedin noch etwas unspezifisch mit „Fintech/Bank“. Angeblich wurde der Manager geholt, um an der Schnittstelle zwischen den Finanzvergleichen, der C24 Bank und den diversen App-Funktionen wie dem Finanzmanager für Verbesserungen zu sorgen. Mit dem Abgang des CEOs habe die „Personalie Knaupp“ nichts zu tun, heißt es aber im Konzern. „Das spielt auf einer anderen Ebene.“