Seriengründer Mattias Protzmann (Bild: PR)

Münchner Traditionsunternehmen G+D beteiligt sich an KI-Startup Blockbrain

Exklusiv: Drei Milliarden Umatz macht Giesecke+Devrient, ein Banknoten- und Sicherheits-Spezialist in Familienhand – und setzt nun auf das Thema Künstliche Intelligenz. Die Münchner Firma investiert in das KI-Startup-Blockbrain, zu deren Kunden Industrie-Unternehmen wie Bosch zählen. Dahinter steht ein erfolgreicher Seriengründer.

Für Mattias Protzmann ist es schon das fünfte Startup. Nach dem Berufseinstieg als Journalist beim „Spiegel“ gründete er eine IT-Beratung, die später verkauft wurde. 2007 baute er die Statistik-Website Statista mit auf, entwickelte ein Tool für Content-Marketing – und veräußerte beide Firmen an die Werbefirma Ströer. Sein Tool Onzu, das Stimmungen in sozialen Medien analysiert, ging später an die Agentur Jung von Matt.

Und jetzt? Setzt der 50-Jährige, der stets im Hintergrund geblieben ist, auf Künstliche Intelligenz. Darauf basiert die Software Blockbrain, mit der Unternehmen ihr eigenes Wissen managen können. Industrieunternehmen wie Bosch Rexroth oder die Patentkanzlei Bardehle verwenden die Software bereits. Nun steigt mit Giesecke+Devrient zudem ein Security-Unternehmen aus Deutschland bei der Firma ein.

Start in der Kryptobranche

Groß wurde G+D mit der Technologie für Banknoten, die immer noch rund ein Drittel des Umsatzes von drei Milliarden Euro ausmacht. Doch CEO Ralf Wintergerst, der auch dem Digitalverband Bitkom vorsteht, baut die Firma um: Technologie wie virtuelle Sim-Karten sind inzwischen ein wichtiges Geschäftsgebiet. Und nun kommt Künstliche Intelligenz hinzu. Mit Blockbrain arbeitet der Konzern nach dem Einstieg auch an einem eigenen Tool.

Kurioserweise startete Blockbrain 2022 als Fintech in der Kryptowelt. Sein Startup wollte „Menschen vor Fehlinvestitionen im Blockchain-Bereich schützen“, sagt Mattias Protzmann im Gespräch mit Finance Forward. Das Unternehmen hat nach Hinweisen gesucht, um Scams ausfindig zu machen. „Aber am Ende war es so, als würdest du mit einer Wünschelrute um einen Teich laufen – und suchst nach Wasser“, sagt der Gründer, der mittlerweile von der Kryptowelt enttäuscht ist.

KI wird „unsere Arbeitsweise massiv verändern“

Nach kurzer Zeit sei ihm klar geworden, dass mit sogenannten Large Language Models (LLM) wie den GPTs von OpenAI eine technische Veränderung stattfinde, „die unsere Arbeitsweise massiv verändern wird“, so Protzmann. Schon in der Startphase habe das Unternehmen daran gearbeitet für seine Blockchain-Analysen, Schlüsse aus unstrukturierten Daten zu ziehen. Diesen Kern habe man nach dem Pivot übernommen, um ein neues KI-Tool zu entwickeln.

Blockbrain will Firmen dabei helfen, ihr eigenes Wissen zu speichern und verwendbar zu machen. Ein Beispiel: Alle Bedienungsanleitungen und Dokumente einer Maschine und das Wissen der Mitarbeiter, die sie über Jahre steuern, wird an einem Ort gespeichert. Gibt es ein Problem, kann man per Chat nachfragen und so die Informationen durchforsten.


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Aber auch in anderen Firmen lässt sich das eigene Wissen einfach speichern und dann gezielt wieder durchsuchen und abrufen. Ein Vertriebsprozess kann in einzelne Schritte unterteilt werden: Per KI kann Blockbrain etwa potentielle Interessenten ausmachen. Im nächsten Schritt legt man fest, wie man unterschiedliche Zielgruppe anspricht. Viele Tätigkeiten sollen sich damit Schritt für Schritt automatisieren lassen.

Blockbrain setzt dabei wie einige andere deutsche Anbieter darauf, dass die KI möglichst sicher verwendet werden kann. „Die Anwendung muss in einem Hochsicherheitsbereich geschehen, weil für Unternehmen ist ihr Wissen die stärkste Waffe“, sagt Protzmann. Dafür ist der strategische Investor G+D wichtig, der vor dem Investment die Firma genau durchleuchtet und nach potentiellen Schwachstellen gesucht habe.

Banken als große Kundengruppe

Dabei arbeitet das Stuttgarter Startup nicht nur mit einem LLM, sondern verwendet auch die Technologie von OpenAI, Anthropic oder Mistral. „Wir binden alle LLMs an und stellen permanent Testfragen, um zu analysieren, welches Modell für welche Anwendung am besten ist“, sagt Protzmann.

Auch fokussiert sich Blockbrain nicht nur auf eine Branche, wie die Kundenbasis zeigt: Darunter befinden sich Mischkonzerne, Industrieunternehmen und Kanzleien. „Banken sind auch spannend als potentielle Kunden, aber die Entscheidungswege sind sehr langsam“, sagt Protzmann. Durch den neuen Investor erhoffe man sich auch Aufträge von Behörden und Regierungen.

Im Vergleich zu Konkurrenten wie Microsofts Co-Pilot spezialisiert sich Blockbrain auf das Wissensmanagement in der Firma, das in einem eigenen Tool gesammelt wird. Auch der einstige deutsche LLM-Hoffnungsträger Aleph Alpha geht inzwischen in die Richtung und will künftig ebenfalls unterschiedliche LLMs einbinden – die Entwicklung des eigenen Sprachmodells hat die Heidelberger Firma zurückgestellt. „Wir brauchen uns vor Playern wie Aleph Alpha nicht verstecken“, sagt Protzmann selbstbewusst. Auch wenn seine Firma noch am Anfang steht: Insgesamt fünf Millionen Euro sind mit dem G+D-Investment insgesamt in die Firma geflossen. Doch das soll nur der Anfang sein.