Factoring-Startup Billie trotzt der Krise
Exklusiv: 2019 konnte Billie seine Umsätze noch vervierfachen. Nun stellte die Coronakrise die Berliner Fintech-Hoffnung auf die Probe. Wie ist die Lage?
Christian Grobe stand im vergangenen März vor einer großen Frage: Gehört sein Fintech am Ende der Pandemie zu den Verlierern – oder kann es profitieren? Billie finanziert Rechnungen von kleinen Unternehmen und Freelancern vor – sogenanntes Factoring. Die Kunden erhalten das Geld direkt, nachdem sie ihre Rechnung gestellt haben und müssen nicht darauf warten, dass ihre Auftraggeber bezahlen. Billie kauft ihnen die Rechnungsforderung ab. Gerade in einer Krise sollte solch eine Lösung häufiger nachgefragt werden, weil kleine Unternehmen auf das Geld angewiesen sind.
Doch es gibt noch einen anderen Effekt: Geht einer der Auftraggeber pleite, dessen Rechnungsbetrag Billie erhalten soll, trägt der Factoring-Anbieter das Ausfallrisiko. Der Konkurrent Aifinyo berichtete von „untypisch“ hohen Ausfällen im vergangenen Jahr.
Alles lief nach Plan
Eigentlich wollte die Firma 2020 erst richtig loslegen. Sie konnte für das Vorjahr gute Zahlen vorweisen: 253 Millionen Euro hatte Billie 2019 an Forderungen einkauft, fast viermal so viel wie im Jahr zuvor, wie ein Geschäftsbericht der Firma zeigt. Billie erhält eine Gebühr für das Factoring, auch dieser Umsatz-Betrag stieg im gleichen Verhältnis von 1,2 Millionen auf 4,7 Millionen Euro.
Doch 2020 musste das Startup abbremsen. Billie habe ein Wachstum im zweistelligen Prozent-Bereich erreicht, das selbstgesetzte „Minimalziel“, teilt Gründer Christian Grobe mit. Bis zum Beginn der Coronakrise sei das Unternehmen noch stark gewachsen – alles lief nach Plan. „Der März war sogar der beste Monat in der Geschichte von Billie“, so Grobe. Doch dann brach das Geschäft in den folgenden Monaten um rund ein Drittel ein.
„Konnten der Nachfrage nicht gerecht werden“
Dafür seien zwei Faktoren verantwortlich gewesen, sagt der Gründer: Zum einen hätten die Bestandskunden weniger Rechnungen eingereicht, da sie aufgrund der Coronakrise viel weniger oder gar keine Umsätze erwirtschaftet hätten – und somit auch keine Rechnungen stellen konnten. Zum anderen sei die Nachfrage nach Finanzierungen von neuen Kunden in den Sommermonaten stark gestiegen, in den Monaten März bis Juli hätten die Anfragen sogar einen Höchststand erreicht. „Aufgrund der angespannten Situation vieler Unternehmen konnten wir dieser Nachfrage aber nicht gerecht werden“, sagt Christian Grobe. Unternehmen aus den Branchen Messebau oder Geschäftsreisen habe man zum Beispiel komplett abgelehnt.
Ihr Risikomodell funktionierte, die Ausfälle stiegen nicht an. Da die Finanzierungen maximal drei Monate gehen, hätten sich die Konsequenzen von Corona schon längst bemerkbar machen müssen, so Grobe. Sein Fintech habe bewiesen, dass es sich bei den Risikomodellen nicht nur um „Schönwettermodelle“ handele, so der Gründer. Das Unternehmen will nun in diesem Jahr erneut durchstarten. Im November und Dezember sei Billie wieder stark gewachsen – und will an das Erfolgsjahr 2019 anschließen.