Diese Fintechs wurden von deutschen Banken akquiriert
Allein in den vergangenen Monaten haben deutsche Banken so einige Fintechs übernommen – zuletzt schlug die Aareal Bank bei CollectAI zu. Welche Institute haben welche Finanz-Startups akquiriert? Eine Übersicht.
„Banken, ihr wollt ein Fintech akquirieren? Dann jetzt!“, schrieben wir Anfang Februar unter Verweis auf den allgemeinen Bewertungsverfall bei Finanz-Startups. Und nun? Scheint sich tatsächlich was zu tun – und zwar: Die Aareal Bank hat am Donnerstag die Akquisition des bislang zum Otto-Konzern gehörenden Mahnwesen-Fintechs CollectAI verkündet. Es ist, wenn wir richtig mitgezählt haben, die dritte Akquisition eines namhaften deutschen Fintechs durch eine namhafte deutsche Bank oder Bankengruppe innerhalb der zurückliegenden sechs Monate.
Aareal Bank
– Wen: Collect AI (Hamburg)
– Was? Rechnungs- und Mahnwesen
– Wann: März 2022
– Wie groß: Hatte im Geschäftsjahr 2020/21 im Schnitt 40 Mitarbeiter
– Wie teuer: Wir haben keine Ahnung, gehen aber von einem Kaufpreis im überschaubaren zweistelligen Millionenbereich aus
– Warum: Die Aareal Bank ist kein reiner Immobilienfinanzierer, sondern in vielfältiger Weise als Dienstleister für die Wohnungswirtschaft unterwegs – unter anderem mit der Software-Tochter Aareon. Mit Collect AI haben die Wiesbadener nun einen Spezialisten für Mahnwesen im Portfolio, können ihren Kunden diesen Service also auch anbieten.
Deutsche Bank
– Wen: Better Payment (Berlin)
– Was? Payment Service Provider
– Wann: September 2021
– Wie groß: Zum Zeitpunkt der Übernahme rund 20 Mitarbeiter
– Wie teuer: Wir gehen von einem Kaufpreis im niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionenbereich aus
– Warum: Die Deutsche Bank hatte Anfang 2021 angekündigt, mit ihren rund 800.000 Geschäftskunden nicht mehr nur Kreditgeschäft zu machen, sondern sie auch bei der Zahlungsabwicklung unterstützen zu wollen. Mit dem Online-Payment-Gateway von Better Payment zielt das Geldhaus nun allerdings auf eine etwas großvolumigere Klientel – etwa Firmen wie die Creditreform (zählte schon vor der Übernahme zu den Kunden von Better Payment) oder mittelständische Inkasso-Dienstleister.
– Weiterführende Lektüre: -> Deutsche Bank erwirbt Berliner Fintech Better Payment
DZ Bank / Genobanken
– Wen: Fincompare (aus Berlin)
– Was? Plattform zur Vermittlung von KMU-Krediten
– Wann: Dezember 2021
– Wie groß: Zwischen 2016 und 2021 wurden über Fincompare gut 2.000 Finanzierungen mit einem Volumen von gut 200 Millionen Euro vermittelt.
– Wie teuer: Rund 15 Millionen Euro
– Warum: Mit „Genopace“ (ein Joint Venture mit dem Berliner Kreditspezialisten Hypoport) verfügen die Genossen schon seit Jahren über ein sektorinternes Vermittlungsportal für private Baufinanzierungen. Hinter der Übernahme von Fincompare dürfte der Plan stehen, in der KMU-Finanzierung eine ähnliche Plattform zu etablieren – zumal die DZ Bank einen passenden Produktlieferanten längst in den eigenen Reihen hat, nämlich die auf standardisierte Geschäftskunden-Kredite spezialisierte VR Smart Finanz
– Weiterführende Lektüre: -> Volksbanken kaufen Berliner KMU-Kreditportal Fincompare
Schufa
– Wen: Finapi (aus München)
– Was? Spezialist für Kontenzugriff, Zahlungsauslösung und sonstige API-Dienstleistungen
– Wann: Dezember 2018
– Wie groß: Dürfte 2020 um die sechs Millionen Euro Umsatz gemacht haben
– Wie teuer: Die Schufa (die wir als bankeneigenes Unternehmen in diese Liste aufgenommen haben …) dürfte damals grob 20 Millionen Euro für einen 75-Prozent-Anteil an Finapi entrichtet haben
– Warum: Durch die Mehrheitsübernahme von Finapi sicherte sich die Schufa frühzeitig den Zugriff auf einen der führenden API-Spezialisten hierzulande – ein vernünftiger Schachzug, auch wenn die PSD2-Revolution letztlich zwei Nummern kleiner ausfiel als von manchen Marktteilnehmern ursprünglich mal erhofft. Finapi scheint als eigenständiger Player gut positioniert, darüber hinaus versuchen sich die Schufa und das Fintech an der Entwicklung gemeinsamer Lösungen – mussten die Lösung „Schufa Check Now“ allerdings nach heftigen Protesten von Verbraucherschützern einstellen.
– Weiterführende Lektüre: -> FinAPI zeigt als erstes deutsches Fintech seine 2019er-Zahlen
ING Diba
– Wen: Lendico
– Was? Anbieter eines standardisierten Geschäftskunden-Kredits
– Wann: Februar 2018
– Wie groß: Nimmt nur die bei „Linkedin“ registrierten Mitarbeiter, dann ist Lendico in den zurückliegenden zwei Jahren kaum noch gewachsen. Per März 2020 waren es 134 Beschäftigte, aktuelle sind es 151 Beschäftigte. Das Bestandsvolumen der ING Diba im Bereich „Business Banking“ (das weitgehend identisch mit dem Lendico-Volumen sein dürfte) lag per Ende 2021 bei 172 Millionen Euro.
– Wie teuer: Zum Zeitpunkt der Übernahme dürfte die ING Diba einen nicht zu hohen zweistelligen Millionenbetrag für Lendico bezahlt haben
– Warum: Die ING Diba hat ihre Stärken traditionell in der privaten Baufinanzierung sowie seit einigen Jahren auch im „Wholesale Banking“ für Großunternehmen. Mithilfe von Lendico will sich die Oranje-Bank nun auch als Kreditanbieter für Geschäftskunden etablieren – ein naheliegendes, aber auch mühsames Unterfangen, weil dieses Kreditsegment von der Corona-Krise ganz besonders getroffen wurde.
– Weiterführende Lektüre: ING Diba kauft Lendico – und macht als erste große deutsche Bank wirklich ernst mit Fintech
Berliner Volksbank
– Wen: VAI Trade
– Was? Digitale Wareneinkaufsfinanzierung für kleine und mittelständische Unternehmen
– Wann: August 2020
– Wie groß: Unklar
– Wie teuer: Die Berliner Volksbank gründete VAI Trade zunächst in Kooperation mit dem Company-Builder „Bridgemaker“, übernahm dann im Rahmen einer „strategischen Neuausrichtung“ 2020 sämtliche Anteile. Für uns liest sich die Beschreibung im Geschäftsbericht der Volksbank so, als wäre die Übernahme jetzt nicht so wahnsinnig teuer gewesen. Zitat: „Im Rahmen der strategischen Neuausrichtung der VAI Trade GmbH wurden durch die Berliner Volksbank eG im Februar sowie im August 2020 sämtliche Geschäftsanteile von den zwei weiteren Gesellschaftern zum Nennwert gegen eine Besserungsabrede übernommen. Bei einem Kauf wurde ein Aufgeld von 40 T€ gezahlt.“
– Warum: Unklar