Amazon-Pakete in Düsseldorf. (Bild: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Barclays, DKB und Solarisbank kämpfen um Karten-Megadeals

Exklusiv: Der ADAC und Amazon werden sich von ihrem Kreditkarten-Partner der Landesbank Berlin trennen – im Hintergrund läuft nun der Wettbewerb um eine Nachfolge für die 2,5 Millionen Kunden. Vier Finanzunternehmen gehören zu den aussichtsreichsten Kandidaten.

Es ist eine Chance, wie sie sich vielleicht nur ein einziges Mal auftut. Und die große Frage lautet: Wer ergreift sie? Also: Wie exklusiv berichtet, zieht sich der jahrelang größte hiesige Anbieter für Co-Branding-Kreditkarten, nämlich die Landesbank Berlin (LBB), aus diesem Geschäft zurück. Hintergrund: Der eine Prestigekunde, nämlich der ADAC, hat den Vertrag mit der LBB gekündigt. Und mit dem anderen, noch viel namhafteren, nämlich mit Amazon, haben sich die Berliner auf eine Vertragsaufhebung per Ende 2022 geeinigt.

Die genauen Motive der beiden Trennungen sind weiterhin unklar. Was allerdings feststeht: Der ADAC und Amazon brauchen für ihre zusammen fast 2,5 Millionen Kreditkarten neue Whitelabel-Partner. Entsprechend groß ist dieser Tage die Aufregung im deutschen Kartenmarkt. Denn: Das Geschäft wird zwar von verschiedenen namhaften Banken hierzulande betrieben – einen klaren Marktführer allerdings gibt es nicht. Wenn nun also auf einen Schlag zwei der größten Karten-Portfolien überhaupt auf den Markt kommen, dann könnte dies eine Konsolidierung in Gang setzen, an deren Ende zwei, drei Platzhirsche übrigbleiben und andere Player aus dem Markt verschwinden.

Die Folge: Nicht nur klassische Banken wittern ihre Chance, sondern auch reine Kreditkarten-Spezialisten und sogar eines der größten deutschen Fintechs. Laut Recherchen von Finanz-Szene und Finance Forward hat im Falle des ADAC der Bieterprozess sogar schon begonnen.

Hier exklusiv die aussichtsreichsten Kandidaten:

Deutsche Barclays

Die Meldung ging ein bisschen unter: Vor einigen Wochen kündigte die Hamburger Barclaycard an, sich von diesem Herbst an nur noch „Barclays“ zu nennen. Sprich: Die deutsche Tochter heißt dann genauso wie die britische Mutter. Keine große Sache, so schien es. Es gehe um ein „Signal, dass sich unsere Produkte und Dienstleistungen nicht mehr nur auf das reine Kreditkartengeschäft beschränken, sondern inzwischen den gesamten Prozess des Bezahlens und Finanzierens umfassen“, begründete CEO Tobias Grieß den Schritt.

Nach exklusiven Informationen von Finance Forward und Finanz-Szene.de könnte hinter dem Namenswechsel indes viel mehr stecken als ein bloßes „Signal“. Wie es in Finanzkreisen heißt, will die bisherige Barclaycard ihr Geschäft nicht nur thematisch, sondern auch regional ausweiten. Das hierzulande erprobte Geschäftsmodell solle früher oder später auf andere kontinentaleuropäische Länder ausgedehnt werden, ist zu hören – und zwar von Hamburg, nicht von Großbritannien aus. Die deutsche Barclays wollte dies am Wochenende nicht kommentieren.

Zur expansiven Strategie gehört auch, dass die deutsche Barclays – bislang vor allem als B2C-Anbieter und beispielsweise als Namensgeber der Hamburger „Barclaycard-Arena“ bekannt – auch im B2B-Geschäft immer mehr Ehrgeiz entfaltet. Laut unseren Recherchen sind die Hanseaten sowohl auf das Amazon- als auch auf das ADAC-Mandat regelrecht heiß. Und: Beim Auswahlprozess des ADAC soll Barclays gut positioniert sein. Auch hierzu: kein Kommentar.

Wie weit der Prozess bei Amazon schon fortgeschritten ist, ist noch unklar. Auch hier dürften die Chancen für die deutsche Barclays allerdings nicht schlecht sehen. Denn: Bereits seit Herbst letzten Jahres bietet die bisherige Barclaycard im hiesigen Markt die Absatzfinanzierung von Einkäufen bei Amazon an. Tatsächlich zeigen von uns angefertigte Screenshots, dass das entsprechende „Buy now, pay later“-Produkt der neuen Barclays bei Amazon zuletzt teilweise das „Top of Wallet“-Angebot war – also das Finanzierungsprodukt, dass den Kunden zuerst angezeigt wird (und nicht etwa die Amazon-Kreditkarte des Landesbank Berlin).

DKB

Auch wenn Vorstandschef Stefan Unterlandstättner das „8 Millionen Kunden bis 2024“-Ziel zuletzt ein wenig relativiert hat – an den grundsätzlichen Wachstumszielen der DKB  gibt es keine Zweifel. Und wachsen kann man ja nicht nur mit Girokonten. Sondern auch mit Kartenportfolien. Genau wie Barclaycard ist unseren Quellen zufolge auch die DKB beim ADAC im Rennen. Innerhalb der Bank soll angeblich schon vor Wochen ein entsprechendes Projektteam aufgesetzt worden sein. Ein Sprecher will weder das eine noch das andere kommentieren.

Im Markt gilt das Interesse der DKB als logisch. Das Alleinstellungsmerkmal der Berliner – jedenfalls im Vergleich zu anderen Onlinebanken – war im Privatkundengeschäft ja immer die kostenlose Kreditkarte. Entsprechendes Knowhow besitzen die Berliner also. Was nicht nur für die eigene, sondern auch für co-gebrandete Karten gilt. Die DKB nämlich ist sowohl der Whitelabel-Partner der Lufthansa als auch von BMW. Mit den Mandaten von ADAC und Amazon (oder auch nur mit einem der beiden Portfolien) könnte die Direktbank das Geschäft skalieren und im Co-Branding endgültig zum Schwergewicht im deutschen Markt aufsteigen.

Dass die DKB ihre Zukunft jedenfalls mehr denn je im Kartengeschäft sieht, daran kann es seit diesem Freitag keinen Zweifel mehr geben. Da nämlich wurde offiziell verlautbart, dass die Berliner von ihrer Mutter BayernLB deren gut 50prozentigen Anteil an der Bayern Card-Services GmbH übernimmt. Dabei handelt um einen Service-Processor, der – wir zitieren die Website – seine Kunden (vor allem Sparkassen) „sowohl bei der Entwicklung, Einführung und Ausgabe von Kreditkartenprodukten als auch bei der gesamten Abwicklung des Kreditkartengeschäfts unterstützt – einschließlich Marketing, Strategie und Beratung“. Die BCS gibt die Zahl der bislang von ihr betreuten Kreditkarten mit 11 Millionen an.

Die Solarisbank

Wenn es im deutschen Banken- und Payment-Markt irgendwas zu verteilen gibt, was nach „Contextual Banking“ klingt – dann ist die Solarisbank nie weit. Auch vor großen Deals schreckt das „Banking as a Service“-Fintech nicht zurück. So hob die Solarisbank sogar bei der Wirecard-Zerschlagung vor zwei Jahren zumindest mal die Hand, auch wenn die Teile, für die sich die Berliner interessierten, letztlich bei der spanischen Santander landeten.

Jedenfalls: Laut den gemeinsamen Recherchen von Finance Forward und Finanz-Szene gehört auch die Solarisbank zu den Bietern für den ADAC-Deal. In gewisser Hinsicht betritt das Berliner Fintech-Unicorn damit Neuland. Denn die Frontend-Banken, die auf Lizenz und Infrastruktur der Solarisbank setzen (etwa: Penta, Kontist, Vivid Money, Tomorrow …), haben zwar eine Debitkarte im Angebot – aber keine Kreditkarte. Die Berliner sind bislang erst einmal explizit im Kreditkarten-Kontext in Erscheinung getreten, nämlich als „Lieferant“ einer Ratenkredit-Lösung für American Express.

Insider billigen der Solarisbank gleichwohl das nötige Knowhow fürs Kreditkarten-Co-Branding zu. Gute Außenseiterchancen sollten die Berliner in jedem Fall haben. Und vielleicht sogar mehr. Denn …

– Die Solarisbank hat denselben Kartenprocessor wie die Landesbank Berlin, nämlich die Italiener von SIA. Eine Migration auf einen neuen Processor entfiele also
– Die ADAC-Kreditkarte kommt von Visa – einem der größten Anteilseigner der Solarisbank
– Die Solarisbank setzt ganz bewusst auf Leuchtturm-Partner wie Amex oder Samsung – die Profitabilität, heißt es aus dem Markt, stehe bei solchen Kooperationen nicht zwingend im Vordergrund. Einem Preiskampf, wenn es dazu kommt, müsste die Solarisbank nicht ausweichen.

Auch von der Solarisbank gab es am Wochenende: keinen Kommentar.

Hanseatic Bank

Zu den profitabelsten Playern im deutschen Bankenmarkt gehört seit Jahren die Hanseatic Bank, ein auf Karten und Finanzierungen spezialisiertes Joint Venture des Otto-Konzerns mit der französischen Société Générale. Wir zitieren den 2020er-Geschäftsbericht:

„Die Eigenkapitalrentabilität lag im Vergleich zum Vorjahr unverändert bei 22,3 Prozent und damit unter dem vor der Pandemie fixierten Plan von 24,6 Prozent.“

Eine Zielverfehlung auf solchem Niveau bekommen jedenfalls die wenigsten Banken hierzulande hin.

Zumindest eine unserer Quellen gibt an, dass auch die Hanseatic Bank beim ADAC im Rennen sei – von dem Geldhaus selbst war hierzu am Sonntag keine Stellungnahme er bekommen. Überraschend kommt das Interesse der Hamburger nicht. Bei der Kreditkarte der ehemaligen Karstadt handelte es sich um eine Co-Branding-Karte, auch hinter weiteren mehr oder weniger bekannten Kreditkarten-Angeboten (etwa die „Deutschland-Karte“ von Paysol oder die „awa7“-Karte) steht die Hanseatic Bank.

Und sonst so?

Im Umfeld des ADAC-Prozesses ist zu hören, auch die Commerzbank (sie ist der Co-Branding-Partner der Kreditkarte der Deutschen Bahn) sei interessiert gewesen. Ob das wirklich stimmt und ob Frankfurter wirklich noch im Rennen sind, ließ sich am Sonntag nicht verifizieren.