Watchmaster-Einbruch: „An Tag eins war klar: Die Täter hatten Insider-Wissen“
Am 19. November 2022 räumt eine Diebesbande eine Tresoranlage aus, in der Hunderte Luxusuhren der Handelsplattform Watchmaster lagern. Das Startup geht daraufhin pleite. In Berlin läuft aktuell der Prozess gegen fünf mutmaßliche Drahtzieher des 50-Millionen-Euro-Coups. Aus Fintech-Sicht spannend: die Versicherungsfrage.
An einem Samstagmorgen brechen fünf maskierte Männer in eine Tresoranlage am Berliner Kudamm ein. Die Beute: Gold, Schmuck und vor allem seltene Luxusuhren im Wert von rund 50 Millionen Euro. Kurz darauf wird klar: In den Schließfächern lagerten auch Wertsachen der beiden Fintechs Watchmaster und Timeless Investments.
„Das Seltsame daran ist: Man kann eigentlich gar nicht richtig von einem Einbruch sprechen“, sagt Capital-Reporterin Hannah Schwär, die den sogenannten Uhrenraub-Prozess in Berlin verfolgt, im FinanceFWD-Podcast.
Einbrecher hatten Schlüssel
Denn ein gewaltsames Einbrechen war gar nicht nötig. Laut den Ermittlern hatten die Diebe Transponder, Schlüssel und geheime Zugangscodes dabei, konnten also durch die Tiefgarage unbehelligt in den „Hauptstadt-Tresor“ (so die Eigenwerbung des Schließfachanlagen-Anbieters) hineinspazieren.
„An Tag eins nach dem Einbruch war eigentlich klar, dass die Täter sehr planvoll vorgegangen sind und offenbar Insider-Wissen hatten“, sagt Journalistin Hannah Schwär.
Die Details des spektakulären Coups werden aktuell in Berlin verhandelt. Der Strafprozess im Saal 500 des Kriminalgerichts Moabit läuft unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen, die Angeklagten sitzen hinter Panzerglas, es gibt Personenschutz.
Anklage gegen Tresor-Chef und mutmaßliche Clan-Mitglieder
Die Anklage: besonders schwerer Diebstahl mit Brandstiftung.
In der Hauptrolle: Kronzeuge Thomas S., ein augenscheinlich biederer Unternehmer vom Bodensee, der den „Hauptstadt-Tresor“ als Geschäftsführer betrieb. Sein Werbeslogan: „Seriös. Sicher. Diskret“. Tatsächlich scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein: S. hatte bei der Polizei ausgepackt und sich selbst sowie vier Mitangeklagte schwer belastet.
Seine Version: Es sei ein Inside-Job gewesen, behauptet Tresor-Chef S.. Er habe Schulden bei Mitgliedern einer arabischen Großfamilie angehäuft und den Einbruch ermöglicht, um diese zu begleichen. Seine Darstellung des 50-Millionen-Coups weist jedoch auch einige Ungereimtheiten auf.
Auf der Gegengerade: Die Angeklagten Bilall M., Mahmoud M. und Muhammet H., die den Einbruch laut Anklage im Hintergrund geplant haben sollen, sowie Kenan S., der auf einem Überwachungsbild aus der Tresoranlage identifiziert wurde. Sie haben bislang nicht ausgesagt.
Versicherung zahlt nicht
Der Fall dürfte auch für die Fintech-Welt interessant sein, glaubt Capital-Reporterin Hannah Schwär. „Dieser spektakuläre Einbruch ist erstmal ein Einzelfall, aber er erzählt uns natürlich sehr viel über die Versicherung von Luxusgütern und die Eigenheiten dieser Anlageklasse“, sagt Schwär.
Bei zwei Geschädigten handelt es sich um die Uhrenhandelsplattform Watchmaster und die NFT-Handelsplattform Timeless Investments. Watchmaster meldete wenige Tage nach dem Einbruch Insolvenz an – obwohl die eingelagerten Luxusuhren der Kunden (Rolex, Breitling, Omega etc.) versichert waren.
Ein weiterer Schock für die Kunden: Die Mannheimer Versicherung weigert sich bisher, die Schadenssumme von rund 14 Mio. Euro an Watchmaster auszuzahlen. Offenbar will man dort erst abwarten, wie das Urteil im Uhrenraub-Prozess ausfällt – und welche Erkenntnisse er noch zutage fördern könnte.
Wie der Gerichtsprozess bisher läuft, welche Knackpunkte sich andeuten und welche Bedeutung die Ermittlungen für die Watchmaster-Kunden und Versicherung spielt, darüber spricht Hannah Schwär in der aktuellen Podcast-Folge von FinanceFWD.
Im FinanceFWD-Podcast spricht Hannah Schwär über …
… den Uhrenraub-Prozess
… die Watchmaster-Insolvenz
… die Versicherung von Luxusgütern
… die Hauptverdächtigen und ihre Verbindung ins Clan-Milieu
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