financeAds-Geschäftsführer Hakan Özal ©financeAds

So viel zahlen Banken mittlerweile für einen Neukunden

Wir leben in Nullzinszeiten, die smarte Konkurrenz lockt ohne Filialen aufs Smartphone – und nun will auch noch die GAFA ein Stück vom Kuchen: Für Banken wird es immer schwieriger und damit teurer, Neukunden zu gewinnen. Wir haben mit Hakan Özal, Geschäftsführer von financeAds, über die wichtigsten Marketingkanäle, aktuelle Produkttrends und die zwei große Probleme der Banken bei der Neukunden-Gewinnung gesprochen.

FinanceFWD: Herr Özal, im Bankensektor müsste financeAds eigentlich jedem ein Begriff sein. Können Sie dennoch in eigenen Worten Ihr Geschäftsmodell beschreiben?

Özal: financeAds ist spezialisiert auf Performance-basiertes Online Marketing für die Finanzindustrie. In Deutschland betreiben wir das führende Affiliate-Netzwerk und bringen Banken mit Website-Betreibern (z.B. Finanz-Vergleichsportalen) zusammen. Banken nutzen uns, da wir ihnen einen Zugang zu allen relevanten Publishern (Website-Betreiber, Email, Display etc.) mit finanzinteressierten Usern ermöglichen und dazu die gesamte Abwicklung vom Tracking über Betreuung bis zur Auszahlung übernehmen. Publisher wiederum vertrauen uns, da wir sie als Branchenexperte beraten und ihnen den Zugang zu fast allen Banken und Versicherungen in Deutschland bieten.

FinanceFWD: Hat sich das Affiliate-Business für Finanzprodukte im Laufe der Jahre verändert?

Özal: Affiliate-Marketing wird immer bekannter und beliebter am Markt. Auch die schwarzen Schafe sind mittlerweile vertrieben, sodass die Attraktivität und Umsätze unserer Branche kontinuierlich wachsen. Gerade für die Vermarktung von Finanzprodukten ist das wichtig, da Banken aufsichtsrechtlichen Vorgaben unterliegen und das Vertrauen in ihre Marke im Vordergrund steht. Auch haben Finanzprodukte ihren Weg in die Digitalisierung gefunden. In Deutschland erledigen über 50 Prozent aller Bundesbürger ihre Bankgeschäfte online, Tendenz steigend. In Norwegen liegt dieser Wert über 90 Prozent. Daher verlagern immer mehr Banken den Vertrieb ins Internet.

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Es werden jährlich über drei Millionen neue Girokonten online abgeschlossen. Wenn man früher zur Filialbank um die Ecke gegangen ist, vergleicht der Deutsche nun im Internet. Daher ist der Wettbewerb auch so gestiegen. Jedoch sind Finanzprodukte stark erklärungsbedürftig, schwer zu vergleichen und mit vielen Sternchentexten verbunden, was einen einfachen und skalierbaren Online-Abverkauf erschwert. Daher zahlen Banken mitunter die höchsten Vertriebsprovisionen und bei Google die höchsten Preise pro Klick. Beispielsweise kostet für das Suchwort „Kredite vergleichen“ ein Klick bis zu 30 Euro. Und genau diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass sich viele Publisher genau auf diese Branche fokussieren. Mit kreativen Ideen oder qualitativen Testberichten und Empfehlungen wird der User beraten und so ein passendes Finanzprodukt vermittelt.

FinanceFWD: Was sind die wichtigsten Kanäle, über die Banken Leads generieren?

Özal: Im Online-Marketing ist für Banken der wichtigste Kanal nach wie vor „Google Ads“. Hier sind Banken immer noch bereit, sehr hohe CPC-Preise zu bezahlen, ohne zu wissen, ob es zu einem Abschluss kommt. Danach kommen die Finanz-Vergleichsportale, wie etwa Verivox oder FinanceScout24, die eng mit uns zusammenarbeiten. Aber auch reichweitenstarke Deal- und Reiseportale, Cashback-Anbieter oder Email-Versender sind wichtige Kanäle, um Neukunden zu erreichen. Eher neu ist das Thema Influencer-Marketing im Finanzsektor.

FinanceFWD: Wo sehen Sie bei Banken aktuell den größten Bedarf bzw. das größte Hindernis?

Özal: Die größte Schwierigkeit hatten Banken immer schon damit, ihre Kunden zu verstehen. Das gleiche Problem ergibt sich leider auch im Online Marketing oder in der Kommunikation mit Publishern.

Im Bezug auf das Online-Marketing haben Banken aktuell zwei große Probleme: Zum einen beschäftigt sich der klassische Internetnutzer ungern mit Finanzprodukten, da sie einfach nicht emotional oder spannend genug sind. So fällt beispielsweise die Entscheidung für oder gegen ein Girokonto nicht so leicht wie für einen neuen Wintermantel. Wenn er sich dann dennoch für ein Produkt entscheidet, wünscht er sich ein nutzerfreundliches Onboarding – und das am liebsten Mobile. Genau das bekommen die wenigsten Banken aktuell hin, leider.

Zum anderen steigen die Preise für finanzaffinen Traffic im Internet, genauso wie der Wettbewerb. Es gibt immer mehr Anbieter von Finanzprodukten, die den deutschen Kunden erreichen wollen. Jedoch sind die „Top-Platzierungen“ im Internet begrenzt, etwa die Top Google-Ads-Platzierungen oder die Platzierung in einem Finanz-Vergleichsrechner. Daher steigen diese Preise, egal ob CPC (cost-per-click) oder performance-orientierter CPA (cost-per-action).

FinanceFWD: Was kostet eine Bank denn aktuell ein Neukunde?

Özal: Bei einem Bank-Neukunden rechnen Banken in der Regel mit dem Customer Lifetime Value, da mit einem Girokonto erstmal kein Geld verdient werden kann. Daher zahlen Banken für einen Neukunden (Girokonto) bis zu 500 Euro pro erfolgreichem Abschluss. Das Thema Branding ist in diesem Betrag noch nicht einmal mit einberechnet. Beispielsweise wird im Affiliate-Marketing für den Abschluss eines Girokontos in der Regel zwischen 30 und 60 Euro bezahlt, für größere Finanz-Publisher auch mal bis zu 150 Euro pro erfolgreicher Vermittlung. Zusätzlich vergibt die Bank in der Regel eine Prämie an den Neukunden, in Form von Startguthaben von bis zu 250 Euro. Und dann erhalten Agenturen und Dienstleister noch einen Teil. So summiert sich das für die Banken leicht auf 500 Euro pro Neukunde.

FinanceFWD: Lässt sich denn eine Entwicklung beobachten? Also sind bestimmte Produkte gefragter, andere wiederum gar nicht mehr?

Özal: Jedes Jahr gibt es Finanzprodukte, die sich etwas besser entwickeln als andere. 2018 werden verstärkt Kreditkarten und Wertpapier-Depots abgeschlossen. Gerade die starke Nachfrage nach Geldanlagethemen ist beeindruckend und zeigt, dass der Bundesbürger seine Geldgeschäfte endlich in die eigenen Hände nimmt und optimiert. Vor rund zwei Jahren gab es einen Girokonto-Hype. Für 2019 kann ich mir vorstellen, dass Tages- und Festgeldkonten wieder aktiver gesucht werden. Sie waren früher das klassische Affiliate-Produkt.

FinanceFWD: Herr Özal, danke für das Interview.