Payment 2034 – Die Zukunft des Bezahlens (Quelle: OSTHAVEN & Zukunftsinstitut Workshop, 2023)

Bezahlen im Zeitalter von Planet Centricity

Seit einigen Jahren rückt ein neuer Stakeholder immer weiter in den Fokus von Unternehmen: der Planet, auf dem wir leben. Und das hat auch direkten Einfluss auf die Art, wie wir bezahlen werden. Bargeld wird verboten, Krypto wird grün und Payment wird endlich nachhaltig. Was denkst Du? Lies hier den ganzen Ausblick von OSTHAVEN als Teil der neuen Studie Payment 2034 – Die Zukunft des Bezahlens

Ein neuer Stakeholder verändert das Wirtschaften

Die Welt verändert sich. Seit einigen Jahren rückt ein neuer Stakeholder immer weiter in den Fokus von Organisationen und Unternehmen: der Planet, auf dem wir leben. Larry Fink, CEO des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, schrieb in seinem jährlichen CEO- Letter schon 2020: „Climate risk is investment risk.“ Unternehmen, die sich nicht nachhaltig ausrichten, gehen unkalkulierbare Risiken ein. Für langfristig orientierte Investoren und Investorinnen kommen sie daher nicht infrage. Diese Perspektive findet breite Zustimmung. Sicher, die Einflugschneise Larry Finks ist eine hochkapitalistische, mag manch einer kritisch einwerfen, doch ändert sie nichts daran, dass eine gesellschaftsdurchdringende Relevanz des Nachhaltigkeitsdiskurses Gegenwart ist. Larry Fink spricht von einer tektonischen Verschiebung, die sich abzeichnet. Mittlerweile haben nachhaltige Investments weltweit ein Volumen von vier Billionen US-Dollar erreicht – Tendenz steigend. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand. Die menschgemachte Erderwärmung schreitet weiter voran – mit all den Klimakatastrophen, die dadurch entstehen: Hitzewellen, Dürren, Starkregen, Überschwemmungen.

Die damit einhergehenden Kosten explodieren. Anders ausgedrückt: Es wird immer teurer, nichts zu tun. Oder wie es der renommierte Klimaforscher Johan Rockström sagt: „Die Zwanzigerjahre dieses Jahrhunderts bieten die letzte Gelegenheit, das Ruder herumzureißen. Wir müssen jedes Jahrzehnt unseren Ausstoß an Treibhausgasen halbieren.“ Dieses ehrgeizige Ziel wird nur durch das Zusammenspiel vieler Maßnahmen zu erreichen sein. Im Kern steht der Umbau moderner Ökonomien hin zu einer Kreislaufwirtschaft, bei der das Wachstum vom Ressourcen- und CO2-Verbrauch entkoppelt ist. Hierfür braucht es massive Investments in neue grüne Technologien, die in den kommenden zehn Jahren radikal skalieren müssen. Die Einhörner der kommenden zehn Jahre werden womöglich keine Suchmaschinen oder Social Networks sein, sondern Greentech Companies, die einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten.

Neben dem Green Shift in den Geschäftsmodellen werden strengere gesetzliche und regulatorische Auflagen in den kommenden zehn Jahren die Unternehmen und Bürger und  Bürgerinnen in die Pflicht nehmen. Das betrifft alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und des Wirtschaftens – auch den Zahlungsverkehr.

Bargeld wird 2028 aus ökologischen Gründen verboten

Womöglich wird dies nicht in Deutschland der Fall sein, wo sich lediglich 16 Prozent der Befragten vorstellen können, auf Bargeld zu verzichten. Doch Digitalpioniere wie Estland könnten diesen Schritt tatsächlich gehen. Neben dem positiven Effekt, einen Großteil der Geldwäsche zu unterbinden, haben digitale Zahlungsweisen einen ökologischen Vorteil. So analysierte ein Forschungsteam aus den Niederlanden die Umweltauswirkungen von Kartenzahlungen gegenüber jenen von Bargeldzahlungen.

Dabei zeigte sich: Der ökologische Fußabdruck von Bargeldzahlungen liegt um 36 Prozent höher als bei Kartenzahlungen. Der Grund für diese Differenz liegt in der Beschaffungskette. Die meisten Emissionen entfallen auf den Geldtransport, gefolgt von der Produktion der Münzen. Auch der Energieverbrauch der Bankautomaten ist nicht unerheblich. Im Vergleich zu anderen Emissionstreibern wie beispielsweise der Mobilität mag der ökologische Zahlungsabdruck gering erscheinen. Aber mit einem zunehmend ganzheitlich geprägten Umweltbewusstsein wird die No-Cash-Bewegung eine lautere Stimme bekommen. Wer zukunftsorientiert sein will, verzichtet auf die unökologische Variante Bargeld.

Der Bitcoin wird grün – oder nicht mehr zugelassen

Mit dem Energieaufwand, den es braucht, um einen einzelnen Bitcoin zu produzieren,
könnte ein Elektroauto der Joanneum Research Forschungsgesellschaft zufolge rund 950.000 Kilometer weit fahren (Stand: 2023). Die gesamten Emissionen, die beim Bitcoin-Mining entstehen, entsprechen dem jährlichen CO2-Ausstoß eines Landes in der Größe von Griechenland. Diese Vergleiche zeigen, welch ein ökologischer Wahnsinn hinter der Kryptowährung steht. Im Jahr 2034 hat man dieses Problem durch neue Mining-Verfahren entweder gelöst oder die Währung erfährt einen Bann, weil die Klimaziele sonst noch schwerer zu erreichen sind. Seitens der schwedischen Finanzaufsicht (Swedish Financial Supervisory Authority) und dem Umweltamt (Swedish Environmental Protection Agency) wurde unlängst in einem offenen Brief dafür geworben, das übliche Proof-of-Work-System fürs Mining von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether in der EU zu verbieten. Mit der weiteren Ausbreitung der neuen Digitalwährungen wachsen die ökologischen Folgeschäden und somit auch die Stimmen, diese zu regulieren. In China wurde das Krypto-Mining aufgrund des massiven Energieverbrauchs bereits verboten.

Payment wird nachhaltig

Die Ökobilanz wird in Zukunft genauso Bestandteil einer Zahlungsmethode sein wie die Kalorienangabe bei einem Lebensmittel. Und so wie für Heizungen ein CO2-Preis erhoben wird, könnten auch für bestimmte Zahlungsweisen entsprechende Abgaben erhoben werden. Wer unbedingt Bargeld nutzen möchte, muss dafür extra zahlen. Emissionsabgaben als steuernde Marktinstanz werden bis 2034 weite Teile des Wirtschaftens erreichen. Die Verknüpfung von Payment und Nachhaltigkeit wird zusätzlich auf einer weiteren Ebene an Bedeutung gewinnen – und zwar in Bezug auf die Erfassung zusätzlicher Umweltinformationen. Bei einer digitalen Zahlungsweise kann mit jedem Einkauf Auskunft über die Auswirkungen auf die Umwelt gegeben werden – beispielsweise auf die Gesamt-CO2-Bilanz eines Wocheneinkaufs. Wenn beim nächsten Mal weniger Fleisch im Einkaufswagen liegt, verbessert sich dieser Wert. Zusätzliche Informationen kann ein Zirkularitätsranking bieten. Das Gemüse aus regenerativer Landwirtschaft erhält die Bestnote, während der Einweggrill ein „ungenügend“ erhält. Payment-Transaktionen bieten eine Reihe von Möglichkeiten, die bei der Einordnung der Umweltbilanz eines Einkaufs helfen können. Neben grundsätzlichen Informationen zum Händler, der Art des Händlers, zu genutzten Zahlverfahren, Beträgen und Uhrzeiten könnten auch detailliertere Informationen zum Warenkorb Teil der Transaktion werden. Das Bezahlen liefert damit relevante Hinweise, um positive Verhaltensänderungen im Sinne der Nachhaltigkeit zu unterstützen, und kann so zum Dreh- und Angelpunkt einer ökologischen Transformation werden.

Schon heute bieten einzelne Zahlungsdienstleister (etwa Mastercard unter dem Slogan „Einkaufen und Gutes tun”) einen CO2-Rechner an, der den monatlichen CO2-Fußabdruck berechnet. So lässt sich nachvollziehen, in welchen Bereichen man besonders CO2-intensiv konsumiert. In Kombination mit Tipps zur CO2-Reduzierung und Kompensationszahlungen – beispielsweise in Aufforstungsprojekte – lässt sich so ein klimapositiver Lebensstil realisieren. Genau darin liegt die große Chance insbesondere für Händler: Sie können auf diese Weise ihre Kunden und Kundinnen mit auf die Reise in eine nachhaltige Zukunft nehmen. Payment wird damit zu einer Form der Differenzierung im Wettbewerb um Kunden und Kundinnen. Wenn wir diese Reise weiterdenken, wird Payment zu einem integralen Bestandteil der sich entwickelnden Kreislaufwirtschaft. Wenn man sich beispielsweise einen Pullover kauft, kann künftig mit der Bezahlung die Garantie und Nachhaltigkeitsbilanz des Artikels so gespeichert werden, dass das Produkt bei einem späteren Wiederverkauf automatisch im Wert ermittelt werden kann, ähnlich wie im Szenario Circulate zu Beginn dieses Kapitels. Artikel, die nicht kreislauffähig sind, werden von dem System ausgeschlossen, was die Hersteller motiviert, ihre Produktionsverfahren nachhaltig umzustellen.

Ausblick: Planetzentriertes Bezahlen

Begeben wir uns zum Abschluss dieses Textes einmal mental in ein (ganz und gar planetzentriertes) Jahr 2034: Was hat sich getan? In Europa hat sich eine Kultur des Teilens und der Wiederverwendung etabliert. Und in der Finanzwelt dominieren nachhaltige Geldanlagen.

Eine globale Eco-Tax, die als Umweltabgabe auf Day-Trading und High Frequency Trading erhoben wird, kommt dem globalen Umweltfonds der Vereinten Nationen zugute, der damit Ausgleichszahlungen für die Nichtnutzung von Naturschutzzonen wie beispielsweise im Amazonas tätigt. In Europa gibt es nur noch wenige Banken, die keine CO2-neutrale Kontoführung anbieten. Ebenso haben sich Zahlungsmethoden durchgesetzt, die über Virtual Reality Payment den CO2- Impact und Zirkularitätsindex veranschaulichen. Das Feature, das die Kunden und Kundinnen jedoch am stärksten begeistert, ist die integrierte wertebasierte KI-Assistenz. Sie ist mit dem persönlichen Konto verknüpft und fungiert unter anderem als Filter im Online-Shopping. So werden jene Händler präferiert, die zum eigenen Nachhaltigkeitsprofil passen. Mitgliedern der Bluebank werden für die Geldanlage bestimmte Fonds erst gar nicht angeboten. Die Werte-KIs sind wie gute Freunde und Freundinnen, die uns beim Einkaufen und Investieren über die Schulter schauen und uns zu besseren Entscheidungen helfen.

Was denkst Du:
Sieht so eine planetzentrierte Zukunft aus? Welche Rolle nimmst Du darin ein? Und was würdest Du anders machen?

Dies ist ein Auszug aus der neuen Studie Payment 2034 – Die Zukunft des Bezahlens. Planet Centricity ist neben Age of Seamlessness, New Money, War for Data, Omniverse Pay und New Ecosystems eine von sechs Trendperspektiven, die wir bei OSTHAVEN gemeinsam mit den Kollegen des Zukunftsinstitut Workshop in diesem Rahmen erarbeitet haben. Die Themen werden im Wechselspiel zwischen plastischen Zukunftsszenarien und fachlichen Einordnungstexten vorgestellt und sollen so einen Ausblick geben, was uns die nächsten Jahre im Payment erwarten könnte.

Die gesamte Studie kannst Du hier downloaden.