Der Whistleblower Pav Gill (Bild: PR)

„Sie wollten mich zerstören“ – Wirecard-Whistleblower Pav Gill kommt zur FinanceFWD-Konferenz

Pav Gill wurde zum Whistleblower und brachte den Wirecard-Skandal ins Rollen. Damit trug er zur Enthüllung eines der größten Wirtschaftsverbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte bei. Was hat ihn dazu ermutigt? Und welche Pläne hat er für sein eigenes Startup Confide? Darüber spricht Gill am 7. Mai auf der Finance-Forward-Konferenz in Hamburg.

Noch heute beschleicht Pav Gill oft eine diffuse Angst. Etwa, wenn nachts der Fahrstuhl in seinem Wohngebäude nach oben rauscht und sich klappernd in seinem Stockwerk öffnet. Er könne dann nicht schlafen, erzählte Gill einmal der Financial Times. Die Ursache liegt inzwischen mehr als sechs Jahre zurück: Damals ist Gill in Singapur als Senior Legal Counsel tätig, als Hausjurist des Wirecard-Konzerns für die Asien-Pazifik-Region.

Hinweisgeber hinter dem Wirecard-Skandal

Pav Gill war einer der ersten Mitarbeiter, der den milliardenschweren Betrug beim ehemaligen Zahlungsdienstleister Wirecard an die Öffentlichkeit brachte. Ersten Verdacht schöpfte Gill nach eigener Aussage 2017. Er hatte seinen Job erst wenige Monaten zuvor angetreten, als ihn eine Mitarbeiterin auf angeblich gefälschte Zahlungen von Unternehmen hinwies, mit denen Wirecard überhaupt keine Geschäftsbeziehung unterhielt. Anfangs habe er das nicht glauben können, erzählt Gill. Ein deutscher Finanzdienstleister mit Betrugsabsichten? Noch dazu von einem Mitglied der renommierten Dax-Familie?

Entsprechend professionell sei in der Münchener Wirecard-Zentrale mit seinen Hinweisen zunächst umgegangen worden, sagte Gill kürzlich im Gespräch mit Finance Forward. „Ich wurde von meinen unmittelbaren Vorgesetzten beauftragt, die Posteingänge von Edo Kurniawan, James Wardhana und Irene Chai – allesamt leitende Mitarbeiter der Finanzabteilung, die im Verdacht standen, Rechnungen und Konten zu fälschen – zu untersuchen. Die Dinge liefen gut, bis der Chefsyndikus von den Ermittlungen erfuhr, zum Wirecard-Vorstand lief und ihn informierte.“

Das Unternehmen habe Gill daraufhin aufgefordert, zurückzutreten. Als er dies verweigerte, habe man ihm monatelang beschimpft und bedroht. „Sie wollten mich zerstören“, fasst der Whistleblower seine Erlebnisse zusammen. Nachbarn hätten ihm etwa von fremden Männern vor seiner Wohnung berichtet. Zwar ging Gill zu diesem Zeitpunkt bereits fest von betrügerischen Vorgängen bei Wirecard aus, mit den ihm vorliegenden Unterlagen habe er aber nichts anzufangen gewusst. Erst seine eigene Mutter sei es gewesen, die ihn ermutigte, sich damit anonym an Journalisten der Financial Times zu wenden.

Die Recherchen waren der Anfang vom Ende des Wirecard-Konzerns. 2019 meldete das Unternehmen Insolvenz an, gegen den früheren Chef Markus Braun laufen bis heute Gerichtsverfahren. Mit Jan Marsalek befindet sich ein mutmaßlich beteiligtes Ex-Vorstandsmitglied noch immer auf der Flucht.

Start einer eigener Leak-Plattform

Und Pav Gill? Er ist inzwischen ein gefragten Redner, berichtet von seinen Erfahrungen mit Whistleblowing und erklärt Firmenlenkern, wie sie entsprechende Vorschriften einhalten oder ethisch führen können. Daraus habe sich zuletzt sogar die Idee zu einem eigenen Unternehmen ergeben, wie Gill kürzlich im Gespräch mit Finance Forward erzählte.

„Warum sollte ich nicht all das, was ich in meiner Karriere als Compliance-Experte und Whistleblower erlebt habe, in ein technisches Produkt einfließen lassen? Sodass es nicht nur Unternehmen, sondern auch Menschen, die dort arbeiten, und Gesetzgebern gleichermaßen zugutekommt“, so Gill.

Mit der Online-Plattform Confide möchte er genau das abbilden. Sie soll es Unternehmen ermöglichen, etwa Risiken zu managen und ihre internen Mitarbeiter davon abhalten, sich an externe Kanäle wie die Medien oder die Strafverfolgungsbehörden zu wenden, um Missstände anzusprechen.

Weitere Hintergründe erfahrt ihr am 7. Mai bei uns auf der Finance-Forward-Konferenz.