Nicht jeder hat ein eigenes Dach, das er mit Solarpanels bestücken kann. Da kommen Anbieter wie PVA Invest, Coppen oder Solar Direktinvest ins Spiel. Bild: Getty Images

Investieren in fremde Solaranlagen: „Das Betrugsrisiko ist hoch“

Geld anlegen, eine ordentliche Rendite bekommen und sogar noch etwas Gutes tun für die Umwelt, die Zukunft und damit das Gewissen: Investments in Solarenergie klingen nach einer sauberen Anlagestrategie. Doch die Liste der Risiken ist lang.

Die ersten Sonnenstrahlen wurden in jenem Jahr in Energie umgewandelt, in dem auch das erste Selfie entstand: 1839. Damals waren es Sensationen, heute ist beides alltäglich. Einer, der das kommen sah, war der amerikanische Erfinder Charles Fritts, der Vater des ersten Solarpanels. Er prophezeite, dass diese „photoelektrische Platte“ schon bald mit den damals üblichen Kohlekraftwerken konkurrieren würde. “Bald” war es zwar weniger – trotzdem behielt er recht: 150 Jahre später stammt ein Fünftel der erzeugten Energie in Deutschland aus der Kraft der Sonne.

Kein Wunder, dass in Zeiten der Energiewende viele Solarenergie als attraktive Investmentmöglichkeit sehen. 2023 floss die Rekordsumme von 17,1 Milliarden Euro in Photovoltaiktechnologien. 2,6 Millionen Anlagen sind hierzulande aktuell in Betrieb – 20 Prozent mehr als noch 2022. Ob zur Selbstversorgung oder zur Geldanlage: Solarenergie boomt. Und viele spielen mit dem Gedanken, in das Geschäft einzusteigen. Immerhin will Deutschland bis 2030 80 Prozent der Energie aus nachhaltigen Quellen gewinnen. Und Sonnenenergie hat da im Vergleich zur Windkraft viele Vorteile, besonders für Privatanleger. Die Auflagen sind geringer, ebenso wie die benötigte Fläche. Die Anlagen sind naturverträglicher, werden immer günstiger, sind stadttauglich und locken mit hohen Renditeaussichten.

Verbraucherschützer: Hohe Gewinne erst nach vielen Jahren möglich

Nur hat eben nicht jeder ein eigenes Dach, das er mit Panels bestücken kann. Da kommen Anbieter wie PVA Invest, Coppen oder Solar Direktinvest ins Spiel, die etwa auf Instagram für eine besondere Anlageform werben. Sie ermöglichen Privatanlegern, über Solarfonds oder eine Solar-Direktinvestition mit der Energiewende ein Vermögen aufzubauen, preisen hohe Erträge und Steuervorteile an, während sich der Kunde um nichts kümmern muss – und dabei auch noch etwas Gutes für die Umwelt und das Gewissen tut: Immerhin ermöglichen solche Investitionen Solarenergiegewinn auf Grundstücken und Dächern, wo sich Eigentümer selbst nicht leisten können, eine Anlage zu bauen.

Das macht ein Solarinvestment für viele so attraktiv, weiß Stefan Adam, Finanzberater der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Es ist ein interessantes und gefühlt gutes Investment. Aber vielen ist nicht bewusst, dass sie eine unternehmerische Beteiligung eingehen.“ Investiert wird nämlich in bestehende, aber auch neu gebaute Großanlagen, die sich auf gepachteten Flächen befinden. Die Firmen übernehmen alle organisatorischen Aufgaben, die rund um die Anlagen anfallen. In dieses Geschäft steigt der Kunde finanziell mit ein, wird Teil des Unternehmens – mit all seinen Chancen, aber auch Risiken. Wenn alle Darlehen zurückgezahlt sind, sagt Adam, liegt die Rendite bei vier Prozent – nach oben offen. „Es sind hohe Gewinne möglich“, sagt er. „Aber Statistiken dazu gibt es nicht und es kann gut und gerne 15 bis 20 Jahre dauern, bis man diesen Punkt erreicht.”

Und das ist der Knackpunkt: Investierende werden zu Unternehmern. Nur gäbe es in diesem Bereich im Gegensatz zu Aktien oder ETFs keine Qualitätssiegel für Anbieter von Solardirektinvestments, warnt Adam. „Und wenn man aussteigen will, kommt man nicht so leicht raus, weil man seine Anteile erst einmal loswerden muss.“ Gerät das Unternehmen in Schieflage, waren die Prognosen zu optimistisch oder scheitert ein Projekt, findet sich kein Käufer für die eigenen Anteile, droht ein Totalverlust, das Geld ist weg. Und das können mitunter riesige Summen sein, sagt Adam: “Bei den meisten Firmen kann man ab 10.000 Euro einsteigen. Größere Summen sind ihnen lieber als viele kleine.”

Lange Liste an Risiken

Für Privatinvestierende ist daher das Risiko besonders hoch, solange die Panels noch nicht stehen. Und es variiert von Anlage zu Anlage, von Anbieter zu Anbieter: Die Module müssen an der richtigen Stelle stehen. Um ihr volles Potenzial ausschöpfen zu können, müssen sie perfekt ausgerichtet sein, Schattenwurf, lokale Wettereinflüsse und Sonneneinstrahlung berücksichtigen. Und weil es recht einfach ist, unrealistische Versprechen zur Rendite oder falsche Angaben zu der Anlagentechnik zu machen und einen geplanten Bau zu verkaufen, der überhaupt nicht den Gesetzen entspricht, warnen Verbraucherschützer vor dem Betrugsrisiko. Aber auch wenn die Anlage läuft, gibt es da das Problem, das jede Technologie mit sich bringt: Sie kann altern. Die Anlagen können ausfallen und müssen regelmäßig gewartet, vielleicht sogar erneuert werden, weil sie beschädigt wurden oder mit neueren nicht mehr mithalten können. Und eine Garantie, dass die Anlage nicht irgendwann verschattet wird, gibt es auch nicht.

Dazu kommen die allgemeinen regulatorischen Bedingungen, die es bei der Sonnenenergie gibt, die sich stetig ändern können und damit jede Solaranlage betreffen. Wie etwa die Einspeisevergütung, die eine der wichtigsten wirtschaftlichen Säulen ist. Sie ist zwar durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) staatlich garantiert. In den letzten zehn Jahren hat sie sich von rund 20 Cent pro Kilowattstunde auf gerade einmal acht Cent mehr als halbiert. Seit Februar 2024 verringert sie sich halbjährlich weiter um ein Prozent. Und scheint die Sonne weniger, wird auch weniger Strom produziert und weniger Geld eingenommen.

Das sollten Anleger bei Solaranlagen beachten

Versprechen, dass die Rendite durch das EEG gesichert ist, seien unseriös, warnt die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Es sind lediglich Prognosen, da das Gesetz nur die Stromabnahmepreise festlegt. Die Anbieter Coppen und Solar Direktinvest wollten sich nach Anfrage nicht dazu äußern.

Wer trotzdem auf die Sonne setzen will, sollte sich vorab ausführlich informieren und die Verträge gut prüfen: Zum einen ist es wichtig, dass das Unternehmen wirklich alle erforderlichen Genehmigungen für die Anlage hat, um sie auch sicher und lange betreiben zu können. Außerdem sollte der Vertrag einige Dinge beinhalten, die Investierende absichern: Leistungs- und Ertragsgarantie, die gegebenenfalls mit einer Versicherung einhergehen, bringen rechtliche Sicherheit, falls das Investment nicht hält, was es verspricht. Dasselbe gilt für die Höhe der Einspeisevergütung, die im Vertrag klar geregelt sein sollte. Bei Versprechen sicherer Renditen gilt wie immer Vorsicht. Solarinvestments machen ein gutes Gewissen – aber unter riskanten Bedingungen. Und das nutzen einige Anbieter auch aus.