Die Girocard kann ihren Super-GAU zunächst abwenden
Nachdem die Girocard im ersten Halbjahr 2021 ein sehr schwaches Wachstum aufwies, läuteten mancherorts bereits die Alarmglocken. Jetzt zeigt sich: Im zweiten Halbjahr hat sie wieder Schwung aufgenommen. Wie geht es weiter?
Die Zahlen hatten im Sommer bereits das Ende der großen Wachstumsstory angedeutet: Seit Erhebung waren die Girocard-Umsätze nicht annähernd so schwach gewachsen wie im ersten Halbjahr 2021. Statt der üblichen zweistelligen Wachstumsraten kam die Girocard plötzlich nur noch auf ein Umsatzplus von gerade mal zwei Prozent.
Schlimmer noch – real betrachtet, sprich unter Berücksichtigung der Inflationsrate, dürfte die Entwicklung der Umsätze im ersten Halbjahr sogar einen minimalen Rückgang markieren. Trotz sinkender Bargeldnutzung und immer mehr Kartenterminals hat Deutschlands mit Abstand populärste Zahlungsmittel jenseits des Bargelds ein ernstzunehmendes Wachstumsproblem.
Demnach wuchs das Plus bei den Umsätzen mit Blick auf das Gesamtjahr wieder sieben Prozent auf nunmehr 253 Milliarden Euro. Auch die Zahl der Transaktionen stieg um sieben Prozent zum Vorjahr auf nun 5,9 Milliarden. Getrieben wurde das Wachstum vor allem vom Kontaktlos-Boom am Point of Sale. Inzwischen werden 73 Prozent der Girocard-Zahlungen kontaktlos abgewickelt, damit hat sich ihr Anteil binnen drei Jahren annähernd verdreifacht.
Rund zwei von drei Bezahlvorgängen (66,5 Prozent) wurden mit der Girocard erledigt, im Vorjahr lag der Anteil noch bei bei 50,1 Prozent. In Deutschland gibt es rund 100 Millionen Girocards sowie inzwischen 973.000 aktive Girocard-Terminals. Damit ist das Scheme klarer Marktführer in der Nutzung bei Kunden.
Allerdings verliert ein substantieller Teil der Girocards ab Mitte 2023 nach und nach die Auslandseinsatzfähigkeit, da Mastercard sein Maestro-Zahlungssystem in Rente schickt, mit dem Girocard-Kunden auf dem Wege eines Co-Badge-Systems im Ausland Geld abheben und teils auch bezahlen können. Ohne Maestro dürfte diese Option Schritt für Schritt für eine signifikante zweistellige Millionenzahl von Girocards verloren gehen – es sei denn, die Banken finden anderweitige Lösungen.
Konkret zu Alternativen äußerte sich die Euro Kartensysteme GmbH als Betreiberin des Girocard-Systems bei der Veröffentlichung der Zahlen am Mittwoch nicht. Der Fokus der Weiterentwicklung liege „auf der digitalen Girocard“, und „für grenzüberschreitende Zahlungen werden die Banken und Sparkassen ihren Kunden in Zukunft gute Lösungen mit ihrer Girocard zur Verfügung stellen“, hieß es eher abstrakt.