Der bekannte Berliner Kreditvermittler Fincompare hat kürzlich einen Exit hingelegt (Bild: Adam Vradenburg/Unsplash)

Fincompare-Exit: Rettete der Verkauf das Fintech vor dem Aus?

Exklusiv: Mehrere Volksbanken haben die Finanzierungsplattform Fincompare übernommen – für 15 Millionen Euro. Interne Nachrichten legen derweil nahe, dass das Unternehmen mit dem Rücken zur Wand stand. Was ist da dran?

Der Deal erregte Aufsehen: Eine Gruppe von Volksbanken, darunter der interne IT-Dienstleister Atruvia, kaufte die Finanzierungsplattform Fincompare. Das erscheint aus gleich mehreren Gründen sinnvoll: 1.) Dadurch, dass die Genobanken die Plattform kaufen und eigenständig entwickeln wollen, brauchen sie selber keine zu bauen. 2.) Als Betreiber der Plattform sind künftig sie es, die entscheiden, welche anderen Banken auf die Plattform dürfen und welche nicht; 3.) Ganz nebenbei haben die Genobanken mit der VR Smart Finanz einen Player, dessen Produkte für die Fincompare-Plattform wie gemacht erscheinen. 4.) Insgeheim hoffen die Volksbanken natürlich, mit Fincompare ähnlich viel Erfolg zu haben, wie mit der Baugeld-Plattform Genopace – mit dem feinen Unterschied, dass sie bei Genopace nur Mitbetreiber sind, bei Fincompare hingegen das alleinige Sagen haben.

Also: Ein Deal, dessen strategische Implikationen den Kaufpreis von kolportierten 15 Millionen Euro allemal rechtfertigen. Bloß – wäre es möglicherweise noch billiger gegangen? Darauf zumindest deutet eine E-Mail hin, die Finance Forward und Finanz-Szene vorliegt. Sie ist von Anfang Dezember, also wenige Tage vor dem Deal. Absender: die Investmentboutique Herax, die den Verkaufsprozess im Auftrag ausgewählter Gesellschafter orchestriert hatte.

Leider gehen viele Investoren leer aus

Von einem langen sogenannten „dualen Prozess“, in dem mehr als 100 Parteien angesprochen worden seien, ist in der E-Mail die Rede. Leider, so heißt es weiter, würden viele Investoren bei dem Deal leer ausgehen. Dies sei zwar bedauerlich, allerdings – so liest es sich – zwangsläufig, da sich Fincompare seit Ausbruch der Pandemie leider schwach entwickelt habe. In Anbetracht der jüngsten Umsatzentwicklung halte man den erzielten Verkaufserlös sogar für ausgesprochen gut.

Ganz am Ende wird die Mail dann sogar deutlicher: Ohne eine Zustimmung für den Deal werde das Unternehmen pleitegehen, die Mitarbeiter ihren Job verlieren, heißt es. Stand Fincompare wirklich vor der Insolvenz? Oder haben die Investmentboutique’ler von Herax hier ein bisschen arg dick aufgetragen? Gründe, dies zu tun, hätten sie ja gehabt.

Zum einen könnte es sein, dass man auf die Gesellschafter maximalen Druck machen wollte, dem Deal zuzustimmen. Und zweitens ist es für die Herax-Leute natürlicher schmeichelhafter, 15 Millionen Euro für ein Fast-Pleite-Fintech herauszuschlagen als 15 Millionen Euro für ein Steht-gar-nicht-so-schlecht-da-Fintech …

Fakt ist: In dem uns ebenfalls vorliegenden Brief, den das Käuferkonsortium am vorletzten Wochenende hunderte örtlichen Volksbank-Chef zukommen ließ, wird das Volumen der seit der Gründung über Fincompare vermittelten Kredite mit „mehr als 200 Millionen Euro“ angegeben. Das ist enttäuschend, wenn man bedenkt, dass der etwa ältere Fincompare-Erzrivale allein im Jahr 2019 auf ein Volumen von rund 450 Millionen Euro gekommen ist. Zwar war es seit Jahren allgemeine Marktmeinung, dass Compeon ein gutes Stück vor Fincompare liegt. Aber dass der Abstand derart groß war – das überrascht Beobachter dann doch.

Fincompare widerspricht

Was klar sein dürfte: Bei der Anfang März verkündeten Funding-Runde über zwölf Millionen Euro handelte es sich offenkundig nur mehr um eine Brückenfinanzierung, um Zeit und einen Käufer zu gewinnen. Wenn der duale Prozess, wie es in Finanzkreisen heißt, wirklich länger als ein halbes Jahr in Anspruch genommen hat, dann muss er unmittelbar nach dem März-Funding eingeleitet worden sein. In den Sommermonaten soll es zudem noch einmal eine weitere Zwischenfinanzierung gegeben haben.

Gleichwohl: Dass Fincompare wirklich unmittelbar vor der Pleite stand, das Fintech also zwingend in die Insolvenz gerutscht wäre, wenn der Deal mit den Volksbanken noch geplatzt wäre – das wird vom Management vehement bestritten. In einem Statement des Unternehmens heißt es:

„Fincompare verfügte nach Abschluss der Finanzierungsrunde im Frühjahr 2021 über ausreichend liquide Mittel mit einem Runway bis Ende Q1 2022 – ein völlig üblicher Zeitraum im Wagniskapitalbereich. Der Dual-Track-Prozess, der nach Abschluss der jüngsten Finanzierungsrunde angestoßen wurde, umfasste neben der Option, Investoren für eine Series B zu finden, auch die Option eines Komplettverkaufs – ebenfalls ein häufig praktiziertes Vorgehen. Beide Optionen wurden von der mandatierten Investmentbank vorangetrieben und selbstverständlich wurde dabei mit einer Reihe von Investoren und auch potenziellen Käufern gesprochen.“

Welche Version nun stimmt, lässt sich von außen nicht beurteilen. Nach allem, was wir hören, war aber wohl tatsächlich noch Liquidität für ein paar Monate in der Kasse. In dem Fall hätten die Herax-Leute also tatsächlich – ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen.