EU plant Berichten zufolge ein „Payment for Order Flow“-Verbot
Wenn es so kommt, könnte es für Trade Republic und Co. bitter werden: Die EU plant offenbar, das Vergütungsmodell „Payment for Order Flow“ zu unterbinden. Das Segment dürfte mehr als die Hälfte des Umsatzes ausmachen
Die Europäische Kommission plant „Bloomberg“ zufolge ein Verbot der „Payment for Order Flow“-Praxis – also jenes Vergütungsmodells, mit dem insbesondere Neobroker wie Trade Republic einen wesentlichen Teil ihrer Erträge generieren. Durchgesetzt werden solle das Verbot mittels einer Überarbeitung der sogenannten Mifid-Richtlinie, so „Bloomberg“ unter Berufung auf „mit dem Vorgang vertraute Personen“. Bei der EU-Kommission war am Vormittag für eine Stellungnahme niemand zu erreichen.
Ein Verbot der „Payment for Order Flow“-Provisionen würde das Geschäftsmodell von Trade Republic in seiner heutigen Form infrage stellen. Wie Finanz-Szene und Finance Forward diese Woche exklusiv berichteten, hatte der Berliner Neobroker im Geschäftsjahr 2019/2020 Provisionserträge in Höhe von knapp 27 Millionen Euro erzielt; für das jüngst zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 2020/2021 schätzen wir die entsprechenden Umsätze sogar auf 75 bis 100 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte davon dürfte aus „Payment for Order Flow“ (PFOF) stammen.
Konkret funktioniert dieses Modell so, dass Neobroker, aber auch klassische Online-Broker wie Flatex oder die ING Diba von den Handelsplätzen, über die sie ihre Kauf- und Verkaufsorders abwickeln, hierfür Zahlungen erhalten. Entsprechend günstiger können die Broker ihre Dienstleistungen gegenüber dem Endkunden anbieten. So fällt bei Trade Republic pro Aktienorder nur ein Entgelt von einem Euro an – fast lächerlich gemessen an den klassischen Gebührenstrukturen im Retail-Brokerage.
Mehr Transparenz, aber kein Verbot – dachte man bislang
Die angeblichen Überlegungen, „Payment for order flow“-Provisionen zu verbieten, kommen überraschend. Zwar war bekannt, dass sowohl die Bafin als auch die europäische Börsenaufsicht Esma die Praxis kritisch sehen. Allerdings ging die Branche bislang davon aus, dass die Regulierung eher darauf hinauslaufen würde, mehr Transparenz und Wettbewerb zu schaffen – nicht aber die „PFOF“-Zahlungen komplett zu verbieten. Konkret war zuletzt Folgendes passiert:
– Im Juli veröffentlichte die Esma eine Stellungnahme, laut der die „PFOF“-Praxis „schwerwiegende Bedenken in Sachen Anlegerschutz“ aufwerfe. Zugleich forderten die Esma die nationale Aufseher auf, das Thema stärker zu priorisieren.
– Ende August erklärte Gary Gensler, Chef der US_Börsenaufsicht SEC, ein Verbot der „Payment for Order Flow“-Praxis liege „auf dem Tisch“
– Nur drei Tage später (siehe hier) veröffentlichte die Bafin ein scharf formuliertes Statement, laut dem „Wertpapierdienstleistungsunternehmen (…) grundsätzlich (….) keine Zuwendungen annehmen“ dürften. Dies sei „nur ausnahmsweise erlaubt, wenn die Unternehmen dabei die einschlägigen Anforderungen des WpHG bzw. der MiFID II zur Offenlegung, zur Verbesserung der Qualität der Dienstleistung und zur Vermeidung von Interessenkonflikten erfüllen“. Und weiter: „Mit Zuwendungen – wie zum Beispiel PFOF – einhergehende Interessenkonflikte sind nachweisbar vollständig so zu regeln, dass Kundeninteressen bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und -nebendienstleistungen nicht beeinträchtigt werden können.“
Wie „Bloomberg“ weiter berichtet, soll nicht nur ein Verbot der PFOF-Provisionen in der Mifid-Überarbeitung verankert werden, sondern auch weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz eingeführt werden, etwa ein gesammeltes Verzeichnis von Transaktionsdaten. Die Aktie des einzigen größeren börsennotierten Online-Brokers hierzulande, nämlich FlatexDegiro, verlor unmittelbar nach der „Bloomberg“-Meldung gut fünf Prozent an Wert, erholte sich bis zum Mittag allerdings leicht.