Erik Podzuweit beim OAWS-Live-Podcast (Bild: OMR).

Scalable-Gründer Erik Podzuweit – Deutschland braucht eine Reform des privaten Rentensystems

Es gibt kein heißeres Eisen für die Politik als das Rentensystem. Durch ETFs, Fonds und Aktien spielt dabei auch die Börse eine wichtige Rolle. Im Rahmen ihres Live-Podcasts in Berlin hat das Team von „Ohne Aktien Wird Schwer“ darüber mit Erik Podzuweit – dem Gründer und Co-CEO von Scalable Capital – gesprochen.

Es ist kein neues Thema, dass das Umlagesystem der staatlichen Rente in absehbarer Zeit an seine Grenzen kommen wird. Allein 2024 sind mehr als 110 Mrd. € Steuergelder aus dem Bundeshaushalt als Querfinanzierung in die Rente geflossen.

„Wir müssen da jetzt brutal viel anfassen“, sagt Podzuweit und meint damit insbesondere das private Rentensystem und steht dazu mit vielen Politikern im Austausch.

Radikale Änderungen für die deutsche Rente

Dass große Veränderungen möglich sind, lasse sich derzeit am Beispiel Argentiniens ablesen. Zwar sei daran vieles kritisch, aber gleichzeitig gibt es laut Podzuweit ein wichtiges Learning: Harte Veränderungen sind möglich, wenn sie richtig kommuniziert werden: Die Menschen denken nicht immer nur bis zum nächsten Jahr. Aber für solche Veränderungen würde es uns noch nicht dreckig genug gehen. Erst, wenn wir an diesem Punkt angekommen sind, wird es laut dem Scalable-Gründer auch zu den notwendigen Veränderungen kommen.

Ampel gescheitert = private Altersvorsorge gescheitert?

Eine bedeutende Veränderung hätte am 17. November 2024 stattfinden können. An diesem Tag sollte im Bundeskabinett eigentlich das Altersvorsorge-Depot auf dem Tisch liegen. Doch nur elf Tage vorher scheiterte die Ampelkoalition und damit lag eine Reform der privaten Altersvorsorge erstmal wieder auf Eis. Ob es zu einem zweiten Anlauf kommt, wird sich unter dem designierten Bundeskanzler Friedrich Merz zeigen.

Erik Podzuweit sieht aber gute Chancen dafür: „Friedrich Merz ist ein ETF-Fan“. Das ist auch nur logisch, denn Merz war von 2016 bis 2020 Aufsichtsratschef beim deutschen Ableger des amerikanischen Vermögensverwalters BlackRock und gilt als
kapitalmarkt-freundlich.

Doppelbesteuerung

Aber was beinhaltet eigentlich das diskutierte Altersvorsorge-Depot? Beispiele dafür gibt es schon einige – etwa das amerikanische 401k-Programm. Eine staatlich geförderte Variante einer kapitalmarktbasierten privaten Altersvorsorge. Ähnliches wird auch in Deutschland diskutiert.

Aktuell wird die Geldanlage in ETFs und anderen Wertpapieren doppelt besteuert. Denn Privatpersonen können in Deutschland nur von ihrem Einkommen nach Sozialabgaben und Steuern investieren. Wird dann der ETF oder die Aktie in der Rentenphase veräußert, wird nochmal die Kapitalertragssteuer fällig.

Für Deutschland denkt der Scalable-CEO deshalb an eine Variante, bei der die Sparrate direkt vom Bruttolohn abgezogen wird, so dass darauf keine Steuern und Sozialabgaben anfallen. Zusätzlich sollten finanziell schwächere Sparer noch ein Top-Up bekommen. Zwar gäbe es ähnliche Modelle mit Riester und Rürup bereits, aber die seien durch Intransparenz, hohe Produktkosten und Kapitalgarantien ineffizient.

Aus Podzuweits Sicht könnte so eine Form der privaten Altersvorsorge ein Treiber für die deutsche Aktionärskultur sein. Aktuell investieren nur 15-20 Prozent der Deutschen in Aktien. Durch eine entsprechende Gesetzesänderung wäre eine Verdoppelung möglich. Das habe man zum Beispiel auch in den USA gesehen, wo die Aktionärsquote historisch gesehen gar nicht so hoch war – bis eben das berühmte 401k-Programm eingeführt wurde.

Live-Podcast zum Nachhören

Das gesamte Interview könnt ihr in der Samstagsfolge des Ohne-Aktien-Wird-Schwer-Podcast nachhören. Dort hat Podzuweit außerdem über sein unternehmerisches Vorbild Charles Schwab gesprochen, wie Scalable Capital 2020 fast gescheitert wäre, warum KI am Kapitalmarkt schon immer eine große Nummer war und wieso er neuerdings großer Fan von Dörte Hansen ist.

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