Pleite von Cure Finance: Der dubiose Investor, der nicht zahlte
Exklusiv: Das Berliner Fintech Cure war angetreten, um die Apobank anzugreifen. Ein Investment Anfang des Jahres sollte den nächsten Wachstumsschritt finanzieren. Doch das Unternehmen geriet an einen ominösen Geldgeber.
Das neue Jahr begann hoffnungsvoll. Am 6. Januar trafen sich fünf Männer bei einer Notarin am edlen Berliner Kurfürstendamm, um einen Deal zu besiegeln: Exakt 2.993.877,12 Euro verpflichtete sich ein neuer Geldgeber in die Cure Digital Finance GmbH zu investieren. „Die Zahlung hat (…) spätestens fünf Bankarbeitstage nach Mitteilung der Eintragung der Kapitalerhöhung 01/2023 auf ein von der Gesellschaft hierzu zu benennendes Bankkonto zu erfolgen“, heißt es in dem Protokoll der Sitzung, an der neben Cure-Gründer Martin Buhl alte und neue Investoren des Startups teilnahmen. Buhl sei euphorisch gewesen, berichten Insider. Er habe zu der Zeit neue Leute in seinem Unternehmen eingestellt, habe „Vollgas“ geben wollen. Sein großer Plan: mit dem Fintech Cure die etablierte Apobank anzugreifen.
Wie konnte das passieren – und wer ist der ominöse Investor?
Investor ohne Track Record
Zu Anfang der Verhandlungen Ende des vergangenen Jahres habe man sich schon gefragt, wer der neue Investor mit dem Namen „Perffin“ eigentlich sei, heißt es im Umfeld der Firma. Das Unternehmen von Gründer und CEO Rio Pierre Yves Dongour war erst im vergangenen Sommer in Deutschland angemeldet worden – in Troisdorf, in der Nähe von Köln. Doch die Konditionen, zu denen der neue Investor anbot zu investieren, waren gut. Gleichzeit herrschte draußen „Startup-Winter“: Andere Geldgeber hätten sich nur schwer finden lassen.
Also ging man den Deal mit Perffin ein – obwohl der Investor keinen Track Record vorweisen konnte. Auf seiner Website verweist Perffin auf bestehende Investments mit zwei Jahre alten Pressemeldungen, in denen kein Unternehmen mit Namen genannt wird. Die „Portfolio-Übersicht“ ist leer. Auch Dongour ist in der deutschen Startup-Szene wenig verdrahtet. Er selbst ist für eine Reihe von inaktiven Firmen in Großbritannien gemeldet und soll laut der Datenbank IMDB den französischen Film „L’engagement“ mit produziert haben (die einzige Filmbewertung auf der Seite kommt zu einem klaren Schluss: „Total Fail“).
Es war ein 100-Millionen-Fonds geplant
Bereits 2018 hatte Investor Dongour die Firma unter gleichem Namen in den Niederlanden gestartet: „Die Perffin Group N.V. wurde 2018 von einem Team erfahrener Unternehmer und Experten in den Bereichen Technologie, E-Commerce, Zahlungsverkehr und Finanzdienstleistungen gegründet, um eine integrierte und synergetische europäische Unternehmensgruppe aufzubauen, die auf vielversprechende FinTech-Dienstleistungen und damit verbundene Aktivitäten in der Verbraucherwirtschaft spezialisiert ist“, heißt es auf der Website. „Überdurchschnittliche Renditen“ wolle man für seine Geldgeber einfahren, schreibt der Unternehmer bei Linkedin. 35 Millionen Euro versuchte Perffin zu der Zeit mit einer Anleihe einzusammeln. Wie viel am Ende zusammenkam, ist unklar.
Dongour suchte schließlich 2022 den Weg nach Deutschland. Beim Neustart im vergangenen Jahr sei der Plan gewesen, einen Fonds über 100 Millionen Euro einzusammeln, heißt es aus Firmenkreisen. Schon in der Anfangszeit sei direkt von einer Notierung an der Börse gesprochen worden. Stattdessen kamen offenbar selbst die drei Millionen Euro für Cure nicht zusammen.
Die Investoren überbrückten
Rio Dongour habe das Fintech-Unternehmen über Monate immer wieder vertröstet, versprochen, das Geld werde nun kommen – so berichten es Insider. Offenbar vergeblich. Zeitweise sollen die bestehenden Investoren Geld nachgeschossen haben, doch irgendwann habe es ihnen gereicht.
Selbst für die schillernde Startup-Welt ist das ganze ein ungewöhnlicher Fall. Und es bleiben wichtige Fragen offen: Warum waren die Millionen nicht da? Wollte Perffin erst mit dem Cure-Investment neue Geldgeber anlocken? Gab es andere Pläne? Der Investor reagierte auf eine Anfrage nicht. Insolvenzverwalter Sascha Feies teilte mit, er müsse sich erst ein Bild verschaffen. Er wird wohl nun versuchen, die Firma mit seinem Banking-Angebot für Ärzte und Heilberufe zu verkaufen.