Villa ab 50.000 Euro: Die Chancen und Risiken bei Co-Ownership
Gleich mehrere Startups wie Myne und Pacaso wollen Luxus-Ferienimmobilien über Co-Ownership-Modelle erschwinglich machen. Das klingt für manche reizvoll, birgt aber auch einige Schwierigkeiten.
Das eigene Haus am Meer oder in den Bergen ist für viele Menschen ein lang gehegter Lebenstraum. Der Urlaub braucht deutlich weniger Vorbereitung, wer Eigentum am Zielort besitzt, muss nicht hoffen, dass irgendwo noch ein Zimmer frei ist. Wie es aber bei Träumen oft so ist: Es scheitert am Geld. Längst nicht jeder kann sich eine eigene Ferienimmobilie leisten. Von steigenden Immobilienpreisen waren Ferienregionen in den vergangenen Jahren genauso betroffen wie Großstädte. Und während in den Metropolen die Preise gerade zumindest teilweise wieder fallen, bleibt die Nachfrage in diesen Regionen unverändert hoch.
Einige ambitionierte Neu-Unternehmer wollen den Traum vom Luxus-Strandhaus trotzdem nicht platzen lassen und haben sich ein neues altes Modell ausgedacht: Co-Ownership. Statt allein eine teure Immobilie in Spanien, der Schweiz oder an der Ostsee zu erwerben, sollen sich Interessierte einfach zusammentun und gemeinsam kaufen.
Rügener Strand, Villen auf Mallorca oder ein Chalet im Salzburger Land
Wie so viele Startup-Visionen begann auch diese in den USA in Form von Pacaso. Gegründet von zwei früheren Managern des Immobilienmarktplatzes Zillow, erreichte die Firma Anfang 2021 eine Milliardenbewertung und ließ Gründer hierzulande aufhorchen. Der Unterschied zu Time-Sharing von früher: Damals kauften die Kunden Zugangsrechte für einen fixen Zeitraum, nun werden sie tatsächlich Anteilseigner.
In Deutschland will Nikolaus Thomale das Modell den Menschen schmackhaft machen, die nicht gleich mehrere 100.000 Euro auf der hohen Kante haben. Wobei Thomale sofort betont, dass eine gewisse finanzielle Ausstattung unerlässlich ist. „Bei uns können sie ab 50.000 Euro Eigenkapital Anteile erwerben“, erklärt er. Myne, das gerade den deutschen Konkurrenten Villacircle übernommen hat, verkauft keine Anteile an Mini-Wohnungen in irgendwelchen Bettenburgen, sondern an Objekten aus dem Hochpreissegment. Auf der Webseite des Unternehmens finden sich zum Beispiel eine Maisonette-Wohnung direkt am Rügener Strand, Villen auf Mallorca oder ein Chalet im Salzburger Land. Ausgewiesen sind die Preise für einen Achtelanteil am jeweiligen Objekt, unter 100.000 Euro ist aktuell keiner zu haben. Wer 50.000 Euro mitbringt, müsste sich den Rest bei der Bank finanzieren lassen.
Auch Konkurrenten wie Pacaso und Lilo Collection setzen eher auf das Luxussegment – und das hat einen Grund. „Das bringt Wertstabilität mit sich. Außerdem liegen unsere Objekte alle in Regionen, die ganzjährig nutzbar sind und nicht nur für drei bis vier Monate”, sagt Thomale. Schließlich wollen alle Teileigentümer mal in ihr Haus. Je mehr Zeit dafür zur Verfügung steht, desto besser. Die große Demokratisierung des Ferienmarktes bringt Co-Ownership aber eben nicht. Wer sich aber mit einem Teil einer Luxusimmobilie anfreunden kann, muss sich fragen: Wie regelt man ein Co-Ownership-Modell halbwegs unfallfrei? Schließlich gibt es zwischen Nachbarn in einem Mehrfamilienhaus oft Ärger, und diese müssen sich maximal Flur und Garten teilen, nicht gleich die Wohnung. Bei Myne wollen sie das über ein Special Purpose Vehicle (SPV) lösen, das Eigner der Immobilie ist, erklärt der Myne-Gründer. Die Kunden halten dann wiederum Anteile am SPV. Für dieses gibt es wiederum eine Satzung, die möglichst viel regelt, etwa alles rund um die Nutzung, die zu tragenden Kosten und auch für den Fall, dass einer der Teileigner in Privatinsolvenz geht. „Wir haben dazu einen Standardvertrag, den unsere Kunden übernehmen können“, so der Myne-Chef. In dieser oder ähnlicher Form handhaben es auch die meisten Konkurrenten.
Für Anwalt Thomas Pliester liegt hier der erste große Fallstrick. Er sitzt im geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien des Deutschen Anwaltvereins, kennt sich bestens und rät deutlich: „Setzen Sie die Gesellschaft unbedingt in Deutschland auf, nicht im Ausland“, warnt er. Ansonsten lasse man sich auf ein Recht ein, das man selbst nicht kenne. „Am Ende stehen sich sonst zwei Deutsche vor einem britischen Gericht gegenüber, um sich über eine Immobilie in Spanien zu streiten.“
Die Startups wollen mitverdienen
Das ist ein Risiko, dass einige Anbieter durchaus in sich tragen, zumindest solche, die auch im Ausland sitzen. Lilo Collection etwa setzt seine SPVs alle in Großbritannien auf. „Diese Entscheidung wurde unter Berücksichtigung der Standorte getroffen, in die wir expandieren wollten, sowie des Sitzes des Unternehmens“, erklärt Gründerin Emily Chan. Lilo Collection vermarktet seine Objekte aber auch vom Start weg europaweit, die Entscheidung für einen Standort musste also wohl fallen. Bei Myne wiederum werden die SPVs in Deutschland aufgesetzt.
Gelassener blickt der Anwalt auf die vertraglichen Regelungen: „Gerade Themen wie Insolvenz oder die Frage, welche Reparaturen notwendig sind oder nicht, können in so einer Eigentümergemeinschaft für Zündstoff sorgen“, sagt er zwar. Doch wichtig sei einfach, dass Entscheidungen in solchen Gesellschaften nach Mehrheitsrecht fallen, nicht einstimmig. „Ansonsten kommt man kaum zu Ergebnissen.“ So könnten einzelne Anteilseigner etwa eine dringend notwendige Dachrenovierung abwiegeln, weil sie ihnen zu teuer ist. All das seien aber letztendlich Fragen, die sich mit einem vernünftigen Vertrag im Vorhinein regeln lassen. „Vor allem, weil das Gesetz in diesen Fragen eher uneindeutig ist und entsprechend viel erst dort festgelegt ist.“
Ein weiterer Punkt, den Käufer bedenken sollten: Die Startups wollen mitverdienen, meist über eine Provision, die unterschiedlich hoch ausfallen kann. Darüber hinaus bieten sie an, auch das Management der Immobilien zu übernehmen, was sie sich wiederum bezahlen lassen. „Für unsere Zielgruppe ist es wichtig, dass der gesamte administrative Ablauf möglichst stressfrei ist“, sagt Lilo-Gründerin Chan. Kunden seien meist Menschen mittleren Alters, etwa Mitte 30, die auf so etwas Wert legen. Zwar ist die Nutzung der Startup-eigenen Hausverwaltung optional, aber die meisten Kunden greifen laut den Unternehmen doch zu.
Sekundärmarkt für Immobilien-Anteile
Bleibt noch das Thema Wertzuwachs. Nikolaus Thomale von Myne liefert zumindest anekdotische Evidenz, dass das Versprechen in dieser Hinsicht eingehalten wird. „Wir hatten noch nicht so wahnsinnig viele Zweitverkäufe, aber ein Kunde hat beispielsweise Anteile an einem Haus auf Rügen nach zwölf Monaten mit 12,4 Prozent Gewinn verkauft“, sagt er. Bei dem Thema ist auch Immobilienrechtsexperte Pliester eher unbesorgt: „Wenn sich der Immobilienmarkt gut entwickelt, steigert das auch den Wert der Anteile.“ Er sieht eher das Problem, dass die Anteile nicht gut handelbar sind. „In Deutschland fehlt ein Markt dafür.“
Die Startups selbst wollen dem Problem begegnen, indem sie die Anteile im Zweifelsfall selbst zurückkaufen. „Sie können den Verkauf über uns abwickeln“, sagt Thomale. Die anderen Mitglieder der eigenen Gesellschaft hätten dann ein Vorkaufsrecht, können also verhindern, dass jemand Neues in den Eigentümerkreis aufgenommen wird. Bei Lilo Collection haben sie sogar noch ambitioniertere Pläne. „Langfristig wollen wir die Anteile über unsere Plattform tauschbar machen“, sagt sie. Eventuell könne man auch Aufenthaltszeiten in einzelnen Immobilien miteinander tauschen. Allerdings seien diese Ideen noch eher Zukunftsmusik.
Zum Massenphänomen ist Co-Ownership noch längst nicht geworden. Myne hat nach eigenen Angaben eine dreistellige Zahl von Anteilen verkauft, an einer zweistelligen Zahl von Immobilien. Lilo Collection hat gerade die erste sogenannte Kollektion ausgeschrieben, zwei Objekte in Barcelona. Bald sollen 15 weitere Objekte folgen, unter anderem in London, Mallorca und der Toskana.
Thomas Pliester erwartet sowieso keine große Marktdurchdringung. „Time-Shares haben sich in Deutschland auch nie durchgesetzt“, sagt er. Einen Mandanten mit Ambitionen auf ein Co-Ownership-Modell habe er bisher auch nicht gehabt. Grundsätzlich abraten würde er ihnen dann wohl nicht. „Ich kann den Leuten nur die Risiken aufzeigen“, sagt er: „Am Ende muss jeder selbst wissen , ob er das machen möchte.“