Am Puls der Fintech-Welt: Deals und Investitionen unter der Lupe
Noch im vergangenen Jahr erreichten Investitionen in Fintechs neue Spitzenwerte. Geopolitische Unsicherheiten, angespannte Lieferketten und die steigende Inflation bereiteten dem Aufwärtstrend vorerst ein Ende. Der Ausblick fällt verhaltener aus – und doch gibt es Erfolgsgeschichten und -segmente.
Trotz der anhaltenden pandemischen Lage war 2021 ein bemerkenswertes Jahr für den globalen Fintech-Markt. Weltweit nahmen die Investitionen in Startups aus dem Finanzbereich deutlich zu. So stieg das Volumen der Venture Capital-, M&A- und Private Equity-Investitionen in Fintechs weltweit im vergangenen Jahr auf rund 210 Milliarden Dollar – der zweithöchste Jahreswert aller Zeiten.
Darüber hinaus vergrößerte sich die Bandbreite der Fintech-Lösungen am Markt deutlich. Insbesondere Kryptowährungen, Wealthtech-Dienstleistungen und Cyber-Security-Lösungen zogen das Interesse auf sich. Und so war der Optimismus, mit dem die Branche in das Jahr 2022 startete, groß.
Der neue Report „Pulse of Fintech H1‘22“ von KPMG zeigt nun: Die seit dem Frühjahr wachsenden Sorgen vor einer Rezession, die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Konflikt und die anhaltenden Herausforderungen in den Lieferketten schlagen – neben weiteren Faktoren – auch auf den Fintech-Markt durch.
Sinkende Volumina und weniger Deals – aber der Markt ist robust
Wie aus der Studie hervorgeht, sind sowohl die weltweiten Gesamtinvestitionen in Fintechs als auch die Gesamtzahl der Fintech-Abschlüsse zwischen H2’21 und H1’22 zurückgegangen. Die neue Analyse, die halbjährlich erscheint und Anfang September veröffentlicht wurde, verzeichnet einen Investitions-Rückgang von 111,2 Milliarden US-Dollar (H2‘2021) auf 107,8 Milliarden US-Dollar (H1’22) und spiegelt damit den allgemeinen Trend im Technologiesektor wider.
Und doch zeigt sich der Fintech-Markt damit erfreulich widerstandsfähig und robust, betrachtet man die zahlreichen negativen Einflüsse auf das Wirtschaftsgeschehen. Neben einer Auswertung der größten Fintech-Deals weltweit und nach Regionen fühlt die Studie den Puls der Fintech-Szene. Das Ergebnis: Manche Segmente bleiben heiß gehandelt.
Payment-Dienstleister ziehen weiter große Investitionen an
Der größte Teil der Fintech-Investitionen entfiel im ersten Halbjahr 2022 auf Payment-Dienstleister (43,6 Milliarden US-Dollar). Challenger-Banken zogen in vielen Regionen der Welt große Aufmerksamkeit auf sich, da viele ihr Leistungsangebot ausbauten, zum Beispiel um datengesteuerte Analysen für bessere Kundenerlebnisse zu ermöglichen. Unter dem Druck, weiter und schneller zu wachsen, sind aber einige aufgrund von Compliance-Problemen unter die Lupe der Aufsichtsbehörden geraten.
Investitionen in Krypto und Blockchain sinken – auf sehr hohem Niveau
Obwohl der Kryptomarkt seit der Mitte des ersten Quartals 2022 aufgrund des Russland-Ukraine-Konflikts und der steigenden Inflation erheblich eingebrochen ist, lagen die Investitionen zur Jahresmitte deutlich über denen aller Jahre vor 2021. Mit 14,2 Milliarden US-Dollar floss das zweitmeiste Geld in Krypto-Unternehmen. Das unterstreicht die zunehmende Bedeutung des Bereichs und der damit verbundenen Technologien und Lösungen.
Nichtsdestotrotz wird die Widerstandsfähigkeit von Krypto-Unternehmen künftig auf eine harte Probe gestellt werden. Nur gut geführte Unternehmen mit einer langfristigen Vision und starken Kosten- und Risikomanagementansätzen werden überleben, lautet das Fazit der Studienautorinnen und -autoren. Erwartet wird für die nächsten Monate, dass Investoren ihr Augenmerk auf den Infrastrukturbereich und die Modernisierung des Kapitalmarktes richten, während Investments in Kryptowährungen abnehmen.
Investoreninteresse an Cyber Security bleibt hoch
Auch der Sektor Cyber Security hat im ersten Halbjahr 2022 großes Investoreninteresse angezogen. Vor allem Anbieter, die sich auf Automatisierung konzentrieren, verzeichneten hohe Bewertungen. Es wird erwartet, dass das Interesse an Lösungen zur Automatisierung der Cybersicherheit weiter wachsen wird, denn Angriffsszenarien und Sicherheitsvorfälle treiben der Wirtschaft Sorgenfalten auf die Stirn.
Auf der Suche nach der nächsten großen Fintech-Chance
Für mehrere Segmente und Themen bleiben die Aussichten auch in einem gesamtwirtschaftlich angespannten Umfeld also gut. Es ist aber davon auszugehen, dass Investorinnen und Investoren bei ihren Investitionen anspruchsvoller werden und sich bei der Bewertung mehr auf Profitabilität und Cashflow fokussieren.
Sie werden auch den Bereichen mehr Aufmerksamkeit schenken, die näher an den traditionellen Finanzdienstleistungsangeboten beheimatet sind, zum Beispiel Open Data und Decentralized Finance (DeFi). Intakt bleibt auch der Trend hin zum B2B-Geschäft: Das Investoreninteresse richtet sich verstärkt auf Anbieter, die Unternehmen helfen, effizient zu werden oder ihr Leistungsversprechen zu erweitern.
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Written by KPMG