“Absolut armselige Customer-Experience in der Finanzbranche schockiert mich”: Philipp Schröder von CAPInside im Interview
Fondsvertrieb? Der läuft bislang vor allem in Silos ab, in denen einzelne Player in erster Linie ihre eigenen Produkte an den Mann bringen. Wirklich vergleichbar waren Produkte für Asset-Manager aber auch den Endkunden nur unter größten Mühen. Die neue Finanz-Plattform CAPInside will das ändern. Wir haben mit dem einstigen Tesla-Deutschland-Chef Philipp Schröder, der für das Hamburger Fintech den Chefposten beim Solarbatterie-Hersteller sonnen aufgegeben hat, gesprochen. Über die aktuellen Probleme im Fondsvertrieb, entmündigte Anleger und ambitionierte Wachstumspläne.
FinanceFWD: Herr Schröder, was will CAPInside?
Schröder: Wir wollen den Vermögensaufbau abseits von Einzelaktien für alle spannender, fairer und vor allem transparenter machen. Da trotz Digitalisierung der Zugang zu Investments immer noch extrem ungleich und oft schlicht diskriminierend ist. Zum einen sind bestimmte, meist sehr gut „performende” Investmentprodukte nur für Family Offices und Superreiche verfügbar, von dieser Anlageklasse sind selbst vermögende Investoren mangels Zugang ausgeschlossen. Andererseits ist es schlicht unmöglich sämtliche Investments einer Vergleichsgruppe, wie zum Beispiel Aktionsfonds, auf einen Blick glaubwürdig zu vergleichen, da die meisten Banken nur innerhalb Ihrer Vertriebssilos vergleichen bzw. überhaupt ein Transparenzdefizt haben. CAPinside.com will das durch die erste wirklich unabhängige, transparente und intelligente Online-Community ändern, indem wir über 40.000 Investmentfonds von ETFs bis Rohstoffanlagen, kostenlos vergleichbar machen und besonders interessante Investment Produkte vorstellen. Wir haben derzeit bereits über 60.000 User, die monatlich unsere Online-Angebote nutzen, und über 5500 registrierte Mitglieder, die zusätzliche Tools nutzen können – wie zum Beispiel den direkten Kontakt zu Asset Managern.
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FinanceFWD: Wie ist die Idee dazu entstanden?
Schröder: Wir sind ursprünglich eine Gruppe von Unternehmern, Beratern und sogar Bankern, die aus der Not eine Tugend gemacht haben. Mit der Gründung von CAPinside wollten wir zunächst mal unsere eigene Mündigkeit über Investmententscheidungen zurückzuerlangen. Als wir gemerkt haben, wie hoch der Bedarf ist, haben wir etwas Geld zusammengelegt, um zu sehen, wie weit wir kommen. Bei unserem Ansatz stand von Anfang an vor allem der Community-Gedanke im Vordergrund. Als wir gemerkt haben, dass wir auch ohne Werbung sehr schnell tausende Mitglieder gewonnen haben, haben wir uns entschieden, Gas zu geben.
FinanceFWD: Sie kommen ja eigentlich aus einer ganz anderen Branche. Was hat Sie bewegt, bei CAPInside einzusteigen?
Schröder: Mich hat zunächst meine eigene absolut armselige “customer experience” als Anleger schockiert und dann sehr neugierig gemacht. Ich habe mit Tesla und sonnen schon echtes Neuland unter dem Widerstand etablierter Unternehmen betreten und Umsätze von buchstäblich 0 auf hunderte von Millionen Euro hochgezogen, aber ich bin trotz dieser extremen Erfahrungen immer noch regelrecht schockiert, wie rückständig und wenig kundenorientiert die Finanzbranche denkt. Ich glaube an die Macht des Kunden. Wer glaubwürdig für die Kerninteressen des Kunden bzw. des Anlegers eintritt, der wird gewinnen – davon bin ich auch im Finanzmarkt überzeugt. Was mich am meisten motiviert, ist aber vor allem das Credo der Branche: Kunden zu erklären, dass Investments viel zu kompliziert sind und dass der Anleger doch einfach der Bank oder dem Vermögensverwalter vertrauen soll. Diese Entmündigung nervt mich tierisch, vor allem da sie auch zu Missbrauch geführt hat. Ich bin überzeugt, dass eigentlich jeder denkende Mensch zu mindestens den Rahmen verstehen will, in denen er sein Vermögen lenkt. Diese Mündigkeit spielerisch und vor allem unabhängig und „sexy“ für möglichst viele Menschen zu gestalten, reizt mich sehr.
FinanceFWD: Wie läuft denn der klassische Fondsvertrieb Ihrer Meinung nach bislang ab?
Schröder: In geschlossenen Silos, die jeweils nur eigene Produkte platzieren wollen. Das ist auch legitim, nur fehlt dem Anleger der Überblick über vergleichbare Anlagemöglichkeiten. Wer schonmal versucht hat, herauszufinden wie viele ETFs es gibt und dann mit seiner eigenen WKN Nummer online vergleichen wollte, der gibt resigniert auf. Aus unser Sicht hat die Branche außerdem ein Imageproblem. Viele meiner Freunde und Geschäftspartner, die selbst wirklich vermögend sind, investieren daher überhaupt nicht oder nur notgedrungen in diese Anlageklasse. Und dass, obwohl Fonds durch Regulierung für den Anleger eigentlich sicherer geworden und meist steueroptimiert sind und gleichzeitig alle Aspekte bedienen, die aus meiner Sicht wichtig sind. Denn ich kann von Hochtechnologie über Sojabohnen und Windparks in so ziemlich alles investieren. Die meisten Anleger haben aber kein Vertrauen und auch keine Möglichkeit, sich ohne Anschaffung eines Bloomberg-Terminals und erheblichen Zeitaufwand zu orientieren. So bleibt die Branche im DACH-Markt weit unter den Möglichkeiten, die es bei 110 Millionen Menschen in der deutschsprachigen Region eigentlich gibt. Das wollen wir ändern.
FinanceFWD: Und was wollen Sie nun anders machen?
Schröder: So ziemlich alles. Vor allem aber wollen wir unabhängig von Vermögensverwaltern, Banken und Depotanbietern erstmal alle relevanten und verfügbaren Investmentfonds kostenlos vergleichen. So kann jeder beginnen, den Berater in der Bank zumindest zu challengen, wenn beispielsweise der ausgewählte Fonds noch nicht einmal in den oberen 50 Prozent aller vergleichbaren Fonds rangiert. Weiterhin wollen wir, das eine Community entsteht, die gute Produkte bewertet und schlecht Produkte oder auch Missbrauch abstraft. Letztlich möchten wir es unseren Usern ermöglichen, direkt in den Kontakt zutreten mit anderen Mitgliedern und natürlich mit Anbietern interessanter Fonds.
FinanceFWD: Wie viele Produkte sind aktuell vergleichbar?
Schröder: Wir vergleichen bereits 33.000 Investmentfonds, Aktienfonds, Rohstofffonds und ETFs auf der Plattform und binden derzeit noch Aktien und zusätzliche Fonds ein. Wir wollen bis Ende des Jahres wirklich alles, was Relevanz hat, im Sortiment haben.
FinanceFWD: Welche Informationen werden dafür in Ihrer Datenbank erfasst?
Schröder: Unsere Mitglieder können Performance, also den Ertrag des Produktes, Volatilität, also die Kurschwankungen und damit auch das Risiko, den Maximal Drawdown und Alpha 1 und Alpha 2 für alle verfügbaren liquiden Investmentfonds vergleichen. Zusätzlich können auch einfach sogenannte Vergleichsgruppen – wir nennen sie Peer Groups – ausgewählt werden, innerhalb derer man eigene Investments benchmarken kann. Hinzu kommt unsere Portfolio-Funktion, in der man einzelne Portfolios gegeneinander vergleichen und optimieren kann. Zusätzlich sind alle relevanten Kennzahlen, wie Rating, Volumen, Prospekte und Kommentaren verfügbar für jedes einzelne Investmentprodukt. In unserem Newsfeed bündeln wir weiterhin sämtliche relevanten News je nach Schwerpunkt einer Anlageklasse oder eines Portfolios – so bekommt der User zweimal am Tag eine Newszusammenstellung aller relevanten Titel, anstatt sich durch eine Vielzahl von Online- oder Printmedien durchzuarbeiten.
FinanceFWD: Wer ist die Zielgruppe?
Schröder: Eigentlich alle, die Interesse haben an Investmentfonds und ETFs, und alle, die die neusten Trends verfolgen wollen. Gleichzeitig ist das Tool aber auch geeignet für Finanzberater, die ihre Kunden schneller und besser betreuen möchten. Wir haben aber auch 150 Family-Offices und Dutzende semi-institutionelle und institutionelle Investoren auf der Plattform, die bereits heute unsere Tools nutzen.
FinanceFWD: Was kostet Euer Produkt?
Schröder: Für reguläre Nutzer ist die Mitgliedschaft noch bis Ende des Jahres für zwölf Monate kostenfrei, danach kostet es für einfache Nutzer 9,90 Euro im Monat. Die Vergleichsfunktion wird aber dauerhaft kostenfrei sein, da wir möchten, dass wirklich jeder von diesem Tool profitiert. Für professionelle Investoren und Berater kostet die Mitgliedschaft 19,90 Euro im Monat.
FinanceFWD: Sie haben zuletzt ordentlich Kapital eingesammelt. Wie seid Ihr aktuell gefunded? Und wer ist bei Euch an Bord?
Schröder: Wir haben insgesamt etwas über 1,5 Millionen Euro in unser Seed-Runde eingesammelt und planen aktuell fürs erste Quartal 2019 eine Series A. Außerdem bringen sich viele Mitglieder ehrenamtlich ein, was uns sehr hilft. Der harte Kern der Gesellschafter besteht aus Achim Denkel, unserem CTO und Mitgründer, sowie Andreas Kupke, dem Co-Founder von Finanzcheck.de, der erst vor Kurzem sein Unternehmen für 285 Millionen an Scout24 verkauft hat, sowie Tom Pütter, dem Ex-CEO von Allianz Capital Partners. Außerdem stehen noch drei weitere Unternehmer hinter der Gesellschaft, deren Namen wir noch nicht nennen.
FinanceFWD: Nun geht Ihr mit dem neuen Produkten in den Markt. Was sind die weiteren Pläne für 2018 und 2019?
Schröder: Wir wollen in 2019 unsere Unique User pro Monat von 50.000 auf 100.000 und unsere registrieren Mitgliederzahl von 5500 auf 20.000 steigern, damit wären wir dann der mit deutlichem Abstand bedeutendste Online-Marktplatz für die deutschsprachige Investment-Community. Und natürlich steht unsere Series A an.
FinanceFWD: Herr Schröder, danke für das Interview.