Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken wollen Finanzkreisen zufolge ihren Anteil an der Wirtschaftsauskunftei Schufa aufstocken (Bild: imago/Future Image)

Warum sich die Sparkassen mit dem Kauf der Schufa so schwertun

Vor Monaten wollten Sparkassen und Genobanken die Schufa übernehmen, um einen Verkauf an das Private-Equity-Unternehmen EQT zu verhindern. Seither ist wenig passiert – warum? Eine Spurensuche.

Die Mehrheitsübernahme der Schufa durch Sparkassen und Genobanken – zu Beginn dieses Jahres schien sie nur noch Formsache zu sein. So teilte das Bundeskartellamt am 7. Februar mit, es habe keine Einwände gegen das Vorhaben der genossenschaftlichen Teambank, ihre Anteile an der Auskunftei aufzustocken. Und nur einen Tag später begann eine Bloomberg-Meldung wie folgt:

„Die Sparkassen und der genossenschaftliche Bankensektor haben sich darauf verständigt, sich die Mehrheit am Bonitätsprüfer Schufa dauerhaft zu sichern. Das sagte Baden-Württembergs Sparkassenpräsident Peter Schneider am Dienstag bei einer Veranstaltung in Stuttgart. Derzeit würden die Vorbereitungen dazu laufen, dass die beiden Bankengruppen sich ‘50% plus eine Aktie’ an der Schufa sichern, so Schneider.“

Dazu muss man nun wissen: Auf zusammen annähernd 47 Prozent der Anteile kamen und kommen Sparkassen- und Genosektor sowieso schon. Gemessen an der kolportierten Bewertung von zwei Milliarden Euro würden die noch fehlenden rund drei Prozent also gerade mal gut 60 Millionen Euro kosten. Eigentlich ein Klacks. Und trotzdem sind in der Sache seit nunmehr viereinhalb Monaten keine materiellen Fortschritte mehr zu vernehmen.

Dabei zeigen Recherchen von Finanz-Szene und Finance Forward: Nur wenige Tage nach dem „Go“ des Kartellamts für die Genobanken wurde im Sparkassen-Sektor eine Pooling-Gesellschaft gegründet mit dem Ziel des „Erwerb[s] weiterer Aktien an der Schufa Holding AG“. Interessanterweise traten in diese Gesellschaft jedoch mit Ausnahme einer einzigen Sparkasse (nämlich der aus Kassel) ausschließlich Sparkassen-Verbände ein.

Was ist mit den übrigen an der Schufa beteiligten Sparkassen? Warum fehlen diese im Kreis der Gesellschafter- bzw. Kommanditisten? Und – ein bislang gut gehütetes Geheimnis: Bei welchen Sparkassen liegen die Schufa-Anteile überhaupt?
Wir versuchen, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen:

1.) Die Ausgangslage

Die Schufa-Anteile verteilten sich laut offiziellen Angaben zuletzt wie folgt:

– Sparkassen-Sektor: 26,4 %
– Genosektor: 20,5%
– Kreditbanken 22,1 %
– Privatbanken 17,9 %
– Handel und Sonstige: 13,1 %

Letzten Herbst hatte sich eine der Kreditbanken, nämlich die Wuppertaler Gefa Bank (hinter der die französische Großbank Société Générale steht), mit dem schwedischen Finanzinvestor EQT auf eine Veräußerung ihrer rund zehnprozentigen Beteiligung geeinigt. Um einen Ausverkauf der Schufa zu verhindern, signalisierten Sparkassen und Genobanken daraufhin, ihre Anteile aufstocken und die Gefa-Anteile zumindest partiell übernehmen zu wollen. Entsprechende Vorkaufsrechte sollen ihnen prinzipiell die Möglichkeit dazu geben.

2.) Der Stand der Dinge

Innerhalb der Kreditwirtschaft herrschen eigentlich kaum Zweifel, dass es den beiden Verbünden letztlich gelingen wird, eine gemeinsame Mehrheitsbeteiligung zu erlangen. Umso mehr erstaunt, dass sich in der Causa seit Monaten nichts zu tun scheint. Zumal: Im Genosektor scheinen die Fronten einigermaßen geklärt. Mit 17,9 Prozent ist die Teambank schon jetzt der größte Schufa-Anteilseigner. Und hinter dem Konsumentenfinanzierer steht ja wiederum die DZ Bank, also das finanziell gesunde genossenschaftliche Zentralinstitut.

Entsprechend sind dieser Tage aus dem Genosektor ungeduldige „An uns scheitert’s nicht“-Botschaften zu vernehmen. Angeblich soll nicht nur die DZ Bank, sondern sollen auch einzelne Volks- und Raiffeisenbanken bereit sein, sich an der „Operation Schufa“ zu beteiligen. Dabei spielen die genossenschaftlichen Primärinstitute bei der Auskunftei bislang kaum eine Rolle. Nur knapp drei Prozent der Anteile entfallen auf lokale Genobanken. Laut Börsen-Zeitung handelt es sich hierbei um die Hannoversche Volksbank mit 0,66 Prozent, die Volksbank Braunschweig-Wolfsburg mit 1,37 Prozent sowie die Volksbank Köln Bonn mit 0,55 Prozent.

3.) Warum sich die Sparkassen so schwertun

Wie sich die 26,4 Prozent der Sparkassen auf die einzelnen Player im Sektor verteilen, gehört zu den größten Geheimnissen der S-Finanzgruppe überhaupt. Dabei scheint nicht zuletzt an dieser Frage das Problem zu hängen. Denn: Im Gegensatz zu den Genossen mit der DZ Bank/Teambank gibt es im Sparkassen-Sektor keinen zentralen Akteur, der bei der „Operation Schufa“ die natürliche Führung übernehmen könnte. Stattdessen wird hinter den Kulissen angeblich seit Wochen um Lösungen gerungen, wer welche Anteile wie, von wem und zu welchen Konditionen übernehmen könnte.

Was die Sache so kompliziert macht:

– Ausgerechnet jene Spieler, denen das größte Interesse an einer Anteilsaufstockung nachgesagt wird, nämlich die Verbände, müssen sich ihr Kapital normalerweise über die Primärebene besorgen. Auf der Primärebene jedoch treiben manche Vorstände momentan andere Sorgen um als die Schufa.

– Gerüchteweise wird sogar kolportiert, einige Sparkassen würden die gegenwärtige Gemengelage zum Verkauf von Anteilen nutzen wollen. Einen Beleg für diese Behauptung gibt es nicht.

Was auffällt: Schon seit Wochen sind von führenden Sparkassen-Funktionären keine Einlassungen mehr zum Thema Schufa zu vernehmen. Der einzige sichtbare Fortschritt zuletzt: Vergangene Woche erschien auf der Website des Bundeskartellamts eine Meldung, wonach eine sogenannte „Aktionärsgruppe Sparkassen“ den „Erwerb gemeinsamen wettbewerblichen Einflusses an der Schufa Holding AG“ anstrebt. Das klang wie ein Durchbruch. Insider dagegen sehen den Vorgang eher als Zwischenschritt, womöglich sogar nur als Formalie. Mit einem raschen Vollzug sei nicht zu rechnen, heißt es.

4.) An welchen Sparkassen das Schufa-Schicksal hängen könnte

Vollständig lösen lässt sich das Rätsel, auf wen die 26,4 Prozent entfallen, für uns nicht. Allerdings erhielten Finanz-Szene und Finance Forward dieser Tage Einsicht in Dokumente, die zumindest eine schon einige Jahre alte Anteilsverteilung wiedergeben sollen. Bitte sehr:

LBB / Berliner Sparkasse 3,40%
Kreissparkasse Köln 3,24%
RSGV (Rheinland) 3,15%
Haspa 2,22%
Sparkasse Gelsenkirchen 2,07%
Stadtsparkasse Dortmund 2,07%
Sparkasse KölnBonn 1,48%
Sparkasse Heidelberg 1,06%
OSV (Ostdeutschland) 0,84%
Kasseler Sparkasse 0,66%
Sparkasse Göttingen 0,66%
Sparkasse Osnabrück 0,66%
Sparkasse Bremen 0,59%
SVB (Bayern) 0,51%
Sparkasse Hannover 0,44%
Fraspa 0,43%
Sparkasse Bremerhaven 0,35%
SGHT (Hessen-Thüringen) 0,33%
Sparkasse Bielefeld 0,28%
SV Saar 0,23%
Summe 24,67%

Dass diese Aufstellung überholt ist, lässt sich schon daran erkennen, dass der Gesamtanteil der Sparkassen inzwischen oberhalb der hier kumulierten 24,67 Prozent liegt, nämlich (siehe oben) bei 26,4 Prozent. Zugleich spricht allerdings manches dafür, dass die tatsächliche Verteilung der Anteile zumindest ganz grob noch immer der hier abgebildeten entsprechen dürfte. So legen zumindest einige wenige Sparkassen ihre Schufa-Beteiligung in ihren Geschäftsberichten offen. Daraus ergibt sich, dass der Anteilsbesitz  …

– der Haspa (weiterhin 2,22 Prozent)
– der KSK Köln (weiterhin 3,24 Prozent)
– und der Kasseler Sparkasse (weiterhin 0,66 Prozent)

…. zuletzt keine Änderungen zeigte. Auch der Ostdeutsche Sparkassenverband dürfte Registereinträgen zufolge immer noch jene 0,84 Prozent halten, die er vor einigen Jahren auch schon hielt. Dagegen hat die Landesbank Berlin (in unserer Tabelle als „LBB / Berliner Sparkasse“ aufgeführt) ihr Beteiligung inzwischen merklich erhöht, nämlich von damals 3,4 Prozent auf zuletzt 5,1 Prozent. Diese Aufstockung ist aus mindestens zwei Gründen plausibel:

1. Die LBB ist Mehrheitseigentümerin des Ratenkredit-Spezialisten S-Kreditpartner, sie hat also ein inhaltliches Interesse an der Schufa.

2. Hinter der LBB steht der deutsche Sparkassenverband – und der dürfte auch ein politisches Interesse an einer starken Stellung des Verbunds bei der Schufa haben.

Eine mutmaßliche Verminderung von Anteilen lässt sich einzig bei der Frankfurter Sparkasse nachvollziehen, die laut ihres jüngsten Geschäftsbericht nur noch auf 0,28 Prozent der Anteile kommt. Ansonsten gibt es nur noch eine weitere Sparkasse, die – soweit für uns erkennbar – ihre Schufa-Beteiligung überhaupt offenlegt: nämlich die Nassauische Sparkasse, die in unserer veralteten Tabelle weiter oben noch nicht auftaucht, laut ihres aktuellen Abschlusses aber inzwischen 0,1 Prozent hält.

5.) Die entscheidende Rolle des rheinischen Sparkassen-Verbands

Eine entscheidende Rolle beim Ringen um den Schufa-Erwerb kommt dem RSGV zu, also dem rheinischen Sparkassenverband. Dessen Interesse an der Auskunftei dokumentiert sich unter anderem darin, dass RSGV-Präsident Michael Breuer bei der Schufa den stellvertretenden Aufsichtsratschef macht. Allerdings zeigt sich das Interesse auch an weiteren von Finanz-Szene und Finance Forward recherchierten Vorgängen. Und zwar:

– Schon vor Jahren gründete des RSGV eine verbandseigene Beteiligungsgesellschaft namens RSGV SR-Verwaltungsgesellschaft mbH. Deren ursprünglicher Unternehmenszweck: „das Halten und Verwalten eigenen Vermögens sowie das Halten und Verwalten von Beteiligungen an anderen Unternehmen“.
– Im Februar firmierte die Gesellschaft dann allerdings plötzlich um. Aus der RSGV SR-Verwaltungsgesellschaft mbH wurde die S-Schufa Verwaltungsgesellschaft mbH, die ihren Geschäftszweck laut Gesellschaftsvertrag wie folgt definiert: „Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft ist die Beteiligung als persönlich haftende, geschäftsführende Gesellschafterin an der S-Schufa Poolinggesellschaft mbH & Co. KG […]“.
– Diese S-Schufa Poolinggesellschaft mbH & Co. KG nun wiederum gibt als Unternehmensgegenstand nicht nur „die Beteiligung an der Schufa Holding AG” an, sondern auch (aha!) den „Erwerb weiterer Aktien an der Schufa Holding AG“.

Obwohl die Gründung dieser Pooling-Firma bereits Mitte Februar erfolgt, macht es bislang nicht den Eindruck macht, als würde die Gesellschaft  ihrem Geschäftszweck (also dem Erwerb von Schufa-Aktien) bereits nachkommen. Und wie ist der Geschäftszweck eigentlich zu verstehen? Besteht das Ziel der Pooling-Gesellschaft wirklich nur im Kauf zusätzlicher Anteile? Oder geht es womöglich erst einmal darum, die sektoreigenen Anteile zu konsolidieren – was möglicherweise auch bedeuten könnte, dass die Pooling-Firma Anteile einzelner Sparkassen erwirbt? Zu diesen wie auch zu anderen Fragen dringt aus dem Verbund nichts als Schweigen.

Was interessant ist:

In der Registeranmeldung zur S-Schufa Poolinggesellschaft mbH & Co. KG finden sich neben der persönlich haftenden Gesellschafterin (das ist, siehe oben, die verbandseigene RSGV SR-Verwaltungsgesellschaft mbH) lediglich die folgenden Kommanditisten:

– die Kasseler Sparkasse mit einer Hafteinlage von knapp 36.000 Euro
– der Ostdeutsche Sparkassenverband mit einer Hafteinlage von rund 45.500 Euro
– Wiederum der RSGV (der ja auch hinter der persönlich haftenden Gesellschafterin steht …) mit einer Hafteinlage von gut 250.000 Euro
– der hessisch-thüringische Sparkassenverband mit einer Hafteinlage von knapp 18.000 Euro
– der Sparkassenverband Bayern mit einer Hafteinlage von knapp 28.000 Euro

Was ist nun mit den übrigen Sparkassen, die Anteile an der Schufa halten? Etwa mit der Landesbank Berlin? Oder mit der Kreissparkasse Köln? Beide tauchen in dem 14-seitigen Dokument an keiner Stelle auf (im Gegensatz zur Hamburger Sparkasse und die Bremer Sparkasse, die in der Registeranmeldung an einer Stelle namentlich genannte werden – auch wenn sie nicht unter den Kommanditisten gelistet werden).

Zu hören ist, dass die Verbände erst einmal den Anfang hätten machen wollen – dass aber auch einzelne Sparkassen ihre Schufa-Anteile in die Gesellschaft einbringen sollen. Wann das sein wird?  Völlig unklar.