Die US-Finanzaufsicht hat Vorwürfe gegen Ripple-Mitgründer Chris Larsen (links) und CEO Brad Garlinghouse erhoben (Bild: Jackson Hendry/PR/FFWD)

Gesetzesverstöße und „persönliche Bereicherung“ der CEOs – der Niedergang der drittgrößten Kryptowährung Ripple

Aus der Branche muss Ripple schon länger Kritik hinnehmen, Ende Dezember kam eine Klage der US-Finanzaufsicht hinzu, die sich besonders gegen den CEO und einen der Mitgründer richtet. Was ist da los?

Ripple gehörte eigentlich zu den größten Erfolgsgeschichten der Krypto-Welt, es handelte sich hinter Bitcoin und Ether um die drittgrößte Währung. Mitgründer Chris Larsen stieg vor zwei Jahren kurzzeitig sogar zum fünftreichsten Menschen der Welt auf, noch vor Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

Noch vor einem Jahr stellte CEO Brad Garlinghouse – ebenfalls Multimilliardär – einen Börsengang in Aussicht und konnte globale Finanz-Player wie die Schweizer Großbank UBS, die spanische Santander oder American Express als Partner gewinnen. Auch sonst war das Firmenumfeld schillernd: Der ehemalige Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kam 2014 als Berater an Bord und Schauspieler Ashton Kutcher machte 2018 in der beliebten Talkshow Ellen ausgiebig Werbung für Ripple.

Sein vorläufiges Ende fand der Höhenflug nun vor wenigen Tagen, als die US-Finanzaufsicht SEC schwere Vorwürfe gegen Larsen und Garlinghouse erhob. Sie sollen gegen das US-Wertpapiergesetz verstoßen und sich zudem „persönlich bereichert“ haben. Skandale gab es in der Krypto-Branche über die Jahre viele, mehrfach endete es in einem Konflikt mit der SEC. Doch dieses Mal trifft es einen Branchenprimus. Was sind die Folgen für die ganze Krypto-Szene?

Hat das Unternehmen zu viel versprochen?

Der Pitch von Ripple ließ ein attraktives Geschäftsmodell vermuten: Die eigene Kryptowährung XRP mache es für Banken und Finanzinstitute einfacher und günstiger, Geld auf der ganzen Welt zu transferieren, hieß es aus der Marketing-Abteilung. Für den Tausch von Euro in Dollar wechselt Ripple beispielsweise den Euro-Betrag in XRP und dann von XRP in Dollar, statt auf separate Konten in den jeweiligen Ländern angewiesen zu sein, wie es bei Banken sonst üblich ist. In Zukunft sollte die Währung etwa das bestehende Swift-System, das die Transaktionen von 11.000 Banken und Finanzinstituten abwickelt, ablösen.

Da sich Ripple eher als eine Ergänzung für das Finanzsystem sieht, unterscheidet es sich stark vom Bitcoin, der stärker als Ersatz dessen gedacht ist. Zudem wurden die 100 Milliarden XRP-Token 2012 von einem Unternehmen geschaffen und herausgegeben – und nicht wie Bitcoin über ein dezentrales Netzwerk. Ein Grund, warum Ripple aus der Krypto-Branche seit Beginn immer wieder kritisiert wurde. Ripple sei für ein Krypto-Projekt zu institutionell, die Macht zu konzentriert.

Seit 2013 habe das Unternehmen 1,3 Milliarden Dollar mit dem Verkauf von Token eingenommen, heißt es in der 71-seitigen SEC-Klage. Viele der Anleger könnten die Währung allerdings nicht nutzen, da das Geschäftsmodell auf Banken und Finanzinstitute ausgelegt sei, schreibt die SEC. Und weil es die Anwendungsfälle für die Währung noch nicht einmal gegeben habe. Deshalb sieht die Aufsicht XRP als ein Wertpapier und nicht als eine Währung. Sie sei für die Kleinanleger nicht als solche zu benutzen.

Ripple will vor Gericht „aggressiv kämpfen und gewinnen“

Der Vorwurf: Ripple, besonders Larsen und Garlinghouse, hätten an dem kontrollierten Verkauf der Token profitiert, ohne die Investoren ausreichend über das Geschäft des Unternehmens zu informieren, das sie dadurch finanzierten. So hätte Ripple 2017 den Verkauf von XRP beschleunigt, da die Ausgaben zwar weiter stiegen, die Einnahmen außerhalb des XRP-Verkaufs jedoch nicht. So stopfe Ripple das Defizit. 40 Milliarden XRP hat es bislang verkauft, der Rest liegt weiterhin beim Unternehmen.

Zudem hätten Finanzunternehmen, die die Währung verwenden, Ripple mitgeteilt, dass der Dienst teurer als verfügbare Alternativen seien. Unternehmen, die trotzdem weiterhin auf XRP setzen, würden dafür von Ripple bezahlt werden, lautet der Vorwurf der SEC.

Die Firma reagiert entsetzt. Die Klage betreffe nicht nur Ripple, vielmehr handle es sich um „einen Angriff auf die gesamte Kryptoindustrie in den USA“, teilt das Unternehmen in einer Stellungnahme mit. Die Öffentlichkeit habe bislang lediglich die Seite der SEC gehört, in ein paar Wochen werde eine Antwort von Ripple folgen, um auf „diese unbewiesenen Anschuldigungen“ zu reagieren. Es wolle vor Gericht „aggressiv kämpfen und gewinnen“, der Fall solle klare Regeln für die Kryptobranche in den USA schaffen.

Banken haben sich viel von Ripple erhofft

Das Unternehmen hat viel zu verlieren. Die Marktkapitalisierung von XRP ist seit ihrem Höchstwert 2018, 137 Milliarden Dollar, um 93 Prozent auf weniger als zehn Milliarden Dollar gesunken. Mitte Dezember, kurz vor Bekanntwerden der Klage, lag sie noch bei 27 Milliarden Dollar. Ripple ist aus diesem Grund auch nicht mehr die drittgrößte Kryptowährung. Viele der größten Kryptobörsen – unter anderem Coinbase, Bitstamp und Crypto.com – setzten den Handel mit Ripple aus.

CEO Garlinghouse hofft offenbar, die Branche in dieser Auseinandersetzung hinter sich zu haben. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die SEC die gesamte Krypto-Branche tyrannisiert“, sagte er gegenüber dem Magazin Fortune. „Wir werden auf der richtigen Seite der Geschichte stehen.“ Doch Ripple unterscheidet sich von anderen Kryptowährungen und Blockchain-Projekten – nicht zuletzt deshalb, weil vor allem die Finanzindustrie große Erwartungen an den Dienst hatte – und es in einer Firma organisiert ist und nicht dezentral wie viele andere Projekte.

Andere Kryptowährungen, die eher ein Angriff auf die Branche darstellen, erleben derzeit – ganz im Gegensatz zu Ripple – einen Höhenflug. Anfang Januar kostete ein Bitcoin erstmals mehr als 30.000 Dollar. Für sie hat der herbe Rückschlag von Ripple keine weiteren Auswirkungen. Warum auch – die SEC hatte zu Bitcoin und Ether bereits in den vergangenen Jahren entschieden, dass es sich bei den beiden Kryptowährungen nicht um Wertpapiere handle, die unter ihre Aufsicht fallen würden. Zudem treffen die Kritikpunkte aus der Klage gegen Ripple – die Kleinanleger könnten die Kryptowährung gar nicht als solche nutzen, ein Unternehmen und seine CEOs hätten sich daran bereichert – auf die meisten anderen Kryptowährungen nicht zu.