Für Smava ist die Aktion eine Marketingmaßnahme (Bild: Finance Forward)

Die Schattenseiten der Negativzinskredite

Smava setzt bei seinen Aktionskrediten noch einen drauf: Gemeinsam mit der Solarisbank bietet das Portal Minuszinsen von 13 Prozent an. Das bringt dem Unternehmen viel Aufmerksamkeit – doch zu welchem Preis? 

Es klingt mehr nach Geldanlage als nach Kredit: Das Berliner Fintech Smava bietet seit wenigen Tagen gemeinsam mit der Solarisbank einen Negativzinskredit mit effektivem Jahreszins von minus 13 Prozent. Das Angebot ist auf 1.000 Euro gedeckelt – wer es voll ausschöpft, muss also nur 915,79 Euro zurückzahlen. Was für Verbraucher zunächst traumhaft klingt, wird allerdings ausgerechnet von Verbraucherschützern kritisiert.

Die Frage, die sich stellt: Was hat Smava davon, seinen Kunden Geld zu schenken? Schließlich sind nach Unternehmensangaben weder die Anzahl der Anträge noch das Budget für die Aktion limitiert. Das Angebot ist jedoch zeitlich begrenzt, es läuft noch bis Ende März. Ein Hinweis auf das Motiv: Die Kosten verbucht Smava unter Marketing. „Mit unseren Kreditangeboten wie dem Negativzinskredit machen wir Verbraucher auf Smava aufmerksam und bleiben ihnen als Anbieter günstiger Kredite im Gedächtnis“, heißt es von dem Unternehmen.

Es ist nicht die erste Aktion dieser Art – Smava macht das bereits seit Jahren immer wieder, auch andere Portale wie Check24 und Finanzcheck haben bereits ähnliche Angebote gefahren. Minus 13 Prozent sind jedoch für Smava ein neuer (Minus)-Rekord. Was hat das Fintech davon – abgesehen von zusätzlicher Aufmerksamkeit? Und was haben Verbraucherschützer dagegen?

Smava und die Schufa

Zunächst ist festzuhalten, dass viele potentielle Kunden von der Aktion ausgeschlossen sind – Selbstständige, Freiberufler oder Rentner bleiben außen vor. Auch Kunden, die in der Vergangenheit bereits einen Minuszinskredit erhalten haben, werden häufig abgelehnt. Und: Bei der Wirtschaftsauskunftei Schufa darf kein einziger negativer Eintrag vorliegen.

Die Kreditkonditionsanfrage verläuft nach Angaben des Unternehmens zunächst Schufa-neutral, das heißt, sie wirkt sich nicht auf den Schufa-Score aus. Entscheidet sich der Kunde für ein Angebot, kommt es zu einer Kreditanfrage, die einen Einfluss auf den eigenen Schufa-Score haben kann. „Wir gehen davon aus, dass man nur dann eine Kreditanfrage stellt, wenn man den angefragten Geldbetrag auch tatsächlich benötigt“, lässt sich Smava-Chef Alexander Artopé in einer Mitteilung zitieren, ohne näher auf das Kreditscoring-Risiko für Verbraucher einzugehen.

Für Smava ist ein zweiter Schritt offenbar wesentlich relevanter. „Wird einem Kreditinteressenten der Negativzinskredit in der Übersicht nicht angezeigt, profitiert er auch von den Alternativangeboten“, sagt Artopé.

Nach der Kreditanfrage hagelt es Alternativangebote

In der Praxis sieht das so aus: Wer eine Kreditanfrage gestellt hat, bekommt danach mitunter mehrere Kreditangebote zugeschickt. Mit effektiven Jahreszinsen von minus 13 Prozent haben diese wenig zu tun – dennoch sollen sie Kunden anlocken. „Nichts ist umsonst, hier bezahlt man das scheinbar großzügige Angebot am Ende mit seinen Daten“, sagt Kay Görner von der Verbraucherzentrale Sachsen im Gespräch mit Finance Forward.

Der Finanzexperte untersucht Minuskredite bereits seit Jahren. „Verbraucher müssen sich bewusst sein, dass es sich um eine Marketingaktion handelt und man das Angebot nicht zwangsläufig bekommt“, sagt er. Durch die Anfrage erhielten Unternehmen wie Smava jedoch nicht nur Name und Anschrift, sondern auch Informationen über Beruf, Einkommen, Ausgaben, Eigentum, Mietverhältnisse und auch Beziehungsstatus.

Diese Daten lassen sich versilbern: Mit der Möglichkeit, im Nachgang dazu passende Kreditangebote verschicken zu können, wird aus einer solchen Rabattaktion ein einträgliches Geschäft. Gegenüber der Verbraucherzentrale haben viele Verbraucher angegeben, dass sie bereits im Angebotsstadium vollen Einblick in ihre Kontobewegungen geben mussten.

„Der Smava-Negativ-Kredit ist ein absoluter Fake“

Zudem hätten viele von ihnen statt der aktuellen Minuszinsaktion bis zu zehn verschiedene Alternativangebote mit effektiven Jahreszinsen von bis zu 19 Prozent (plus!) erhalten. Mit der ursprünglichen Kreditanfrage hätten die Angebote mitunter wenig zu tun gehabt, heißt es. Smava bestätigt auf Anfrage, dass Interessenten alternative Kreditangebote zugeschickt bekommen.

Finance Forward liegt eine ganze Sammlung an Verbraucherbeschwerden vor, die gegenüber der Verbraucherzentrale in den vergangenen Jahren bei ähnlichen Angeboten geäußert wurden. „Der Smava-Negativkredit ist ein absoluter Fake, da man keine Zustimmung bekommt, dafür aber teure Kreditangebote von Santander, Degussa, Norisbank und Targobank über Check24“, heißt es in einer Beschwerde.

Smava wird zudem mangelnder Datenschutz vorgeworfen. Er habe die Löschung seiner Daten bei Smava beantragt sowie seine Werbeerlaubnis entzogen, schreibt ein Nutzer – das sei ihm schriftlich per Email von Smava bestätigt worden. „Dennoch erhielt ich Emails mit einem Lockangebot.“ Andere Verbraucher berichten von ähnlichen Erfahrungen. „Ich erhalte wöchentlich eine SMS von Smava zu Kreditangeboten“, schreibt ein weiterer Verbraucher. „Das nervt gewaltig.“

Nicht zuletzt beklagen sich Nutzer, dass sie vorausgefüllte Kreditanträge bekamen, die deutlich höhere Summen als die gewünschten Kreditbeträge enthielten – und damit auch andere Kreditkonditionen. „Die Erfahrung hat gezeigt: Statt der beworbenen Negativzinsen haben Interessenten zahlreiche Alternativangebote zu deutlich schlechteren Konditionen erhalten“, bilanziert Verbraucherschützer Görner.

Nachfragen zum Umgang mit den Daten der Kreditanfragen ließ Smava unbeantwortet.

Update: Der Artikel wurde im Nachhinein um einer Formulierung zum Schufa-Score konkretisiert.