Krypto-Boom dank Trump: Geschenkter Goldrausch
Krypto erlebt seit der Trump-Wahl den absoluten Höhenflug. Die Branche erntet damit die Früchte ihrer Unterstützung während des Wahlkampfs. So dreist – und erfolgreich – hat sich schon lange keiner mehr mit politischer Einflussnahme bereichert
Dieser Abend hat sich für David Sacks gelohnt. Im Juni hatte der Tech-Investor ein Spendendinner für Donald Trump in seiner Sandsteinvilla in einem der wohlhabendsten Viertel von San Francisco veranstaltet, Gäste mussten mindestens 300.000 Dollar zahlen, um dabei sein zu können. Zu den Teilnehmern gehörten auch mehrere Vertreter der Kryptobranche – zum Beispiel Tyler und Cameron Winklevoss, die Gründer der Börse Gemini, sowie mehrere Manager der führenden Handelsplattform Coinbase. Mehr als 12 Mio. Dollar sollen am Ende für den Wahlkampf des republikanischen Präsidentschaftskandidaten zusammen gekommen sein.
Vergangene Woche zeigte sich Trump, inzwischen gewählt und im Begriff, seine zukünftige Regierungsmannschaft zusammenzustellen, schließlich erkenntlich: David Sacks soll eine neu geschaffene Rolle als KI- und Krypto-Beauftragter der Regierung übernehmen. In der Tech-Branche, insbesondere im Kryptosektor, brach man in Begeisterung aus. Überhaupt, was für eine Woche für die Kryptowelt: Mit Sacks ernannte Trump nicht nur einen Bitcoin-Fan zum Branchenbeauftragten, er kündigte auch an, die bislang kryptokritische Wertpapieraufsicht SEC in Zukunft von Paul Atkins leiten zu lassen – einem Regulierungsgegner und Mitglied der Lobbygruppe Token Alliance. Und so war es dann auch nur folgerichtig, dass der Bitcoin-Preis Mitte der Woche zum ersten Mal in seiner 15-jährigen Geschichte über 100.000 Dollar kletterte.
Die Kryptobranche, die schon so viele Zwischenhochs und tiefe Täler hinter sich hat, erlebt den absoluten Höhenflug. Bedanken kann sie sich bei David Sacks und seinen Verbündeten aus der Branche, die vor der Wahl gezielt kryptofreundliche Kandidaten mit Millionen unterstützt haben (mehr als 130 Mio. Dollar wurden aus der Branche gespendet). Für sie hat sich die Aktion ausgezahlt. Ihre Bestände an Bitcoin und anderen Kryptowährungen sind innerhalb weniger Wochen ein Vielfaches mehr wert und sie dürfen auf viele weitere Wertsteigerungen hoffen.
Bananenkäufer rettete Trump
Dass sich mit Parteispenden ein gewisser Grad an politischer Einfluss erkaufen lässt, ist ein offenes Geheimnis – das gilt auch und erst recht in den Vereinigten Staaten, vor allem seit der Supreme Court 2010 mit dem berüchtigten Citizens-United-Urteil die bis dahin geltenden Obergrenzen für Spenden von Unternehmen und anderen organisierten Gruppen teilweise aufhob. Dass Lobbyverbände für die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen kämpfen und dafür auf bestimmte Kandidaten setzen, ist ebenfalls nichts Neues.
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Doch wie einfach, dreist und unmittelbar sich die Kryptobranche mit ihrer Unterstützung für Donald Trump bereichern konnte, ist einmalig. Das gilt auch für den zukünftigen Präsidenten selbst: Lange schien das von Trump und seinen Söhnen im Sommer vorgestellte eigene Kryptoprojekt World Liberty Financial wie ein Rohrkrepierer, die angepeilten Verkäufe des zugehörigen Token lagen laut Bloomberg 93 Prozent unter dem angepeilten Ziel.
Zur Rettung schritt Ende November dann aber mit Justin Sun einer der schillerndsten und umstrittensten Kryptounternehmer (genau – jener Mann, der kürzlich eine an die Wand getapte Banane für 6,2 Mio. Dollar ersteigerte und dann aufaß). Sun, dem die Wertpapieraufsicht SEC Betrug vorwirft, 30 Mio. Dollar in Trumps Kryptowährung investiert zu haben – mit dem einzigen Sinn, der Trump-Familie auf recht direktem Wege Gelder zukommen zu lassen. Und Sun, dessen nicht unberechtigte Hoffnung es ist, dass sich seine juristischen Probleme nach dem Abschied des bisherigen SEC-Chefs Gary Gensler am 20. Januar in Luft auflösen könnten.
Es gibt immer einen größeren Trottel
Im Bezug auf Kryptowährungen hat Donald Trump eine auch für seine Verhältnisse erstaunliche 180-Grad-Wende hingelegt. Während seiner ersten Amtszeit war er als Kritiker von Kryptowährungen bekannt, noch 2021 bezeichnete er Bitcoin als „Betrug“, der die Vorherrschaft des Dollars gefährde. 2024 klingt das anders. Er wolle die USA zur führenden Kryptonation machen, kündigte Trump an. Im Juni gab er ein konkretes Versprechen ab: Bitcoin im Besitz der Bundesregierung sollten nicht wie bisher verkauft, sondern gehalten werden; Kryptofans hoffen darauf, dass die Regierung sogar eine „nationale Reserve“ an Bitcoins anlegen könnte.
Es ist vollkommen klar, dass diese Aussagen und Aussichten die Treiber hinter dem aktuellen Krypto-Boom sind. Bitcoin ist und bleibt ein Phänomen, dessen einziger Wert darin liegt, dass es von mehr und mehr Marktteilnehmern für wertvoll gehalten wird. Als digitale Währung – das war einmal der Pitch – ist er unbrauchbar. Groß angekündigte technologische Weiterentwicklungen, die echte Use Cases und eine wirklich große Verbreitung von Kryptowährungen bringen sollten, blieben bis heute aus. Das Problem, für das diese Technologie die richtige Lösung ist, wurde noch immer nicht gefunden.
Der sinn- und inhärent wertlose Bitcoin ist und bleibt ein Spekulationsobjekt. Spekuliert wird darauf, dass sich mehr und neue Käufer für die Kryptowährung finden lassen, die wiederum darauf hoffen, dass ihr Preis steigen wird. Man nennt das auch die Greater-Fool-Theorie – die Hoffnung auf den größeren Trottel. Mit ihrer Trump-Wette hat die Kryptobranche sie höchst erfolgreich angewandt.
Dieser Text erschien zuerst auf Capital.de.