Smartsteuer-Chef Björn Waide (Bild: PR)

„Geld spielte keine Rolle, weil wir keins übrig hatten“

Crowdinvesting, Robo-Advisor oder Trading-Apps – Fintech-Gründer versuchen Nutzer dazu zu bringen, ihr Geld anders anzulegen. Aber in was investieren sie eigentlich selbst? Smartsteuer-Chef Björn Waide gewährt Einblick in seine privaten Bücher. Protokoll: Caspar Tobias Schlenk

In Deutschland reden wir immer noch nicht gerne über Geld. Ich musste auf die harte Tour lernen, warum das schlecht ist. Meine Mutter hat als Verkäuferin gearbeitet, mein Vater war im Fahrdienst der Bahn. Sie haben nie etwas Anderes gemacht, die Jobs machten uns als Familie nicht reich. Geld spielte in meiner Kindheit keine Rolle, weil wir keins übrig hatten.

Als ich mit dem Informatikstudium anfing, begann ich nebenbei Websites zu programmieren und Unternehmen zu beraten. Von dem Geld, das übrig blieb, kaufte ich mir den neuesten Technikkram, zum Beispiel ein Mini-Disc-Gerät, das damals angesagt war. Die Geräte flogen schnell wieder in die Ecke.

Mit den Jahren wurde mir klar, dass das langfristig keine gute Strategie war. Ich dachte mir: Du musst irgendwas mit deinem Geld machen. Mit meinen Eltern hatte ich nie darüber gesprochen. Als Naivling, der ich war, ging ich zu einem Bankberater. Schon damals müssen sie einen enormen Verkaufsdruck gehabt haben. Und so kam es, dass ich ein kompliziertes Finanzprodukt kaufte – ohne es überhaupt zu verstehen.

Seit der Corona-Krise haben meine Anlagen massiv an Wert verloren

Mit 27 Jahren gründete ich eine Familie, zwischen Weihnachten und Silvester in einem Jahr fing ich an zu grübeln – und zu recherchieren, was die richtige Strategie sein könnte. Ich hinterfragte meine Anlage, informierte mich bei der Verbraucherzentrale und las Bücher wie „Rich Dad, Poor Dad“ oder „Der reichste Mann von Babylon. Ich wollte mich aus den Fängen der Berater befreien. Ich wollte nie Zocker oder in kurzer Zeit reich werden. Stattdessen sollten die Anlagen das Leben meiner Familie absichern. Mit einigen tausend Euro Verlust kündigte ich schließlich das komplizierte Finanzprodukt, weil mir klar wurde, das es wenig einbrachte.

Und so steckte ich das Geld in sogenannte Indexfonds, zum Beispiel in die populären ETFs, die die globale Wirtschaftsentwicklung abbilden. Jeden Monat fließt ein Teil des Geldes in einen Sparplan. Was ich in den Ratgebern gelernt habe: Lege am Anfang des Monats direkt einen Teil des Geldes weg, bezahle dich quasi selbst. Ich versuche möglichst viel zu automatisieren. Am Ende des Jahres schaue ich, welche ETFs sich gut entwickelt haben.

Es ist wichtig, nicht jeden Tag den Wert zu checken. Seit der Corona-Krise haben meine ganzen Anlagen massiv an Wert verloren – doch es wäre fatal, sie jetzt zu verkaufen, ein typischer Anfängerfehler. Gut fühlt sich das trotzdem nicht an.

Bei Seedmatch habe ich mir die Finger verbrannt

Ansonsten setze ich noch auf zwei Eckpfeiler: Ich besitze zum einen etwas Gold und Silber im Wert von einigen tausend Euro, weil es als krisenfest gilt, schließlich kann man in echten Krisen mit Aktien kein Brot kaufen. Außerdem habe ich in Hannover, wo ich auch lebe und arbeite, eine Eigentumswohnung gekauft, in der ich mit meiner Familie lebe. Zum anderen fließt ein kleiner Teil in riskantere Investments. Auf der Crowdinvestment-Plattform Seedmatch habe ich mir zum Beispiel die Finger verbrannt. Das Startup, in das ich investierte, musste Insolvenz anmelden – mein Geld war weg. Andere Einzelwetten sind Apple- und Alphabet-Aktien. Ich glaube an die Produkte, weil ich sie jeden Tag verwende. Mit solchen Wetten würde ich nie das Geld meiner Familie riskieren.

Der Wert meiner Wohnung macht immer noch die Hälfte meines Vermögens aus. Ungefähr 40 Prozent stecken in ETFs. Weitere zehn Prozent habe ich in Gold, Silber und die Einzelaktien investiert.

Bis zur Krise haben sich meine Anlagen (ETFs und risikoreichen Wetten) im zweistelligen Prozentbereich vermehrt. Alles lief nach Plan. Seit einigen Wochen ist nun alles anders. Noch ist es zu früh, um Bilanz zu ziehen. Ich war kurz versucht, in der Krise nachzukaufen. Aber das wäre Markttiming, das nicht mal den Profis gelingt. Also halte ich an meiner Strategie fest, denn bis zu meiner Rente ist Corona hoffentlich kein bestimmendes Thema mehr.

Björn Waide ist Geschäftsführer von Smartsteuer. Der Anbieter für Online-Steuererklärungen wurde 2013 vom Medien- und Software-Unternehmen Haufe gekauft.